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Mutter-Tochter-Power: Wie KTM Fahrrad die Branche revolutioniert

Theresa Senzenberger, 11.05.2025 07:30

MATTIGHOFEN. Mütter prägen das Leben ihrer Kinder – manchmal sogar ganze Unternehmen. Bei KTM Fahrrad in Mattighofen lenkt ein Mutter-Tochter-Duo die Geschicke: Carol Urkauf-Chen und Johanna Grabner-Urkauf. Was als mutiger Neuanfang begann, entwickelte sich zu einer Erfolgsgeschichte – geprägt von Vision und familiärem Zusammenhalt.

Johanna Grabner-Urkauf und ihre Mutter Carol Urkauf-Chen arbeiten als Team. (Foto: Michael Rausch-Schott)

Carol Urkauf-Chen stand 1996 vor einer der größten Herausforderungen ihres Lebens: Sie übernahm KTM Fahrrad – ein Unternehmen am Rande der Insolvenz. Gleichzeitig war die gebürtige Taiwanesin Mutter von zwei kleinen Töchtern und musste sich in einer neuen Sprache und Kultur behaupten.

Doch sie gab nicht auf. Mit Mut, Weitsicht und harter Arbeit machte sie aus der angeschlagenen Firma einen florierenden Betrieb. So stieg der Umsatz in den letzten 30 Jahren von 25 auf über 600 Millionen Euro in Spitzenzeiten. Derzeit liegt er bei circa 400 Millionen. KTM Fahrrad wurde zum größten Hersteller in Österreich. Aktuell gibt es in Mattighofen rund 500 Mitarbeiter.

Pionierleistungen

Um das Unternehmen zu retten, setzte Urkauf-Chen nicht nur auf Einsparungen, sondern auch auf Innovationen. Sie brachte den Produktionsprozess auf einen zeitgemäßen Stand, sanierte die Lieferkette und führte ein Controlling ein. Vor allem die Weiterentwicklung des E-Bikes und die Einführung des E-Mountainbikes brachten ein Umsatzplus.

Eine weitere Pionierleistung: Der Einsatz eines 3D-Druckers, der bei KTM Fahrrad schon vor rund 16 Jahren eingeführt wurde. Zudem wurde früh auf Wassersticker und andere nachhaltige Methoden in der Lackiererei umgestellt.

Dieses Gespür für Entwicklung musste aber zuerst vermittelt werden. So lehnten die Entwickler die E-Bikes zunächst ab. Urkauf-Chen musste Überzeugungsarbeit leisten: „Ich sagte: ,Das ist die Zukunft. Über das E-Mountainbike, das wir als Erste entwickelten, haben damals die Leute gelacht. Heute ist es unser Bestseller.“

Bei der Entwicklung standen Funktion und Design im Mittelpunkt. Das ist nach wie vor der Fall, wie Tochter Johanna Grabner-Urkauf betont. Alleinstellungsmerkmal ist etwa die Möglichkeit, den Akku von oben zu entnehmen. Aktuell wird bei Schaltungen verstärkt auf die Kombination von elektronisch und automatisch gesetzt.

Aufgaben-Teilung

2018 übernahm Grabner-Urkauf mit 29 Jahren die Leitung von KTM Fahrrad – und bildet gemeinsam mit Stefan Limbrunner die Geschäftsführung, zu der auch Grabner-Urkaufs Mann Gerold als CFO und Prokurist gehört. Die Entscheidung dafür beschreibt sie als natürlich: „Ich wurde in eine Fahrradfamilie hineingeboren und bekam die Arbeit von Kindheit an mit. Es ist von klein auf in mir gewachsen.“

Urkauf-Chen ist offiziell in Pension, aber immer noch ausschlaggebend für viele Entscheidungen. Sie kümmert sich vor allem um Infrastruktur-Projekte. In den letzten Jahren wurden beispielsweise mehr als 30 Millionen Euro in den Standort investiert, wie eine neue Produktionshalle und fünf neue Lagerhallen. Auch in den Tochterfirmen in Asien und Tschechien kümmert sie sich um den Ausbau.

Grabner-Urkauf wiederum ist für das operative, tägliche Geschäft in Mattighofen zuständig. Sie setzte seit ihrem Einstieg in die Geschäftsführung vor allem Impulse bei digitalen und IT-Themen.

So wurde unter anderem das Unternehmens-Informationssystem SAP eingeführt.

Blick in die Zukunft

Während der Corona-Pandemie kam es zu einem regelrechten Fahrrad-Boom. Jetzt ist die Lust am Fahrradkauf wieder etwas zurückgegangen. Die Lage sei nun aber wieder stabil.

In Zukunft will KTM Fahrrad weiterhin vor Ort produzieren. „Wir haben Europa immer bevorzugt“, so Urkauf-Chen. Die Produktion vor Ort biete unter anderem den Vorteil, bei Bedarf schnell reagieren zu können, so Grabner-Urkauf.

„Vorbild und Lehrerin“

Sie sieht den Erfolg ihrer Mutter unter anderem in ihrer Willenskraft und Geduld. „Ihre Entscheidungsfindung ist immer sehr vorausschauend und auf nachhaltiges Wachstum bedacht. Ich habe großen Respekt vor ihrer Leistung und Leidenschaft und empfinde sie auch als weise“, betont sie. „Sie hat mir eine klare Kommunikation und wohlüberlegtes Handeln vermittelt. Ich bin dankbar, dass ich mit meiner Mutter ein Vorbild und eine Lehrerin habe.“

Urkauf-Chen wiederum hat großes Vertrauen in ihre Tochter: „Wenn wir einmal anderer Meinung sind, denke ich mir im Nachhinein oft: Eigentlich hat Johanna recht.“ Das Gleiche sagt Grabner-Urkauf aber auch über ihre Mutter: „Ich denke, man erzielt dann ein gutes Ergebnis, wenn man aus vielen Perspektiven eine Lösung findet.“

Die Familie und ihre Kinder stehen an oberster Stelle. Die Unternehmensführung mit Kindern sei jedenfalls nur durch ein gutes, unterstützendes Netzwerk möglich, sind sich Mutter und Tochter, die inzwischen auch zwei Kinder hat, einig.

Starkes Team

„Von Anfang an bis heute hatten wir ein starkes Team. Ich hatte Glück“, sagt Urkauf-Chen. Dabei versuche sie immer, fair zu sein und würdigt Loyalität, erklärt ihre Tochter. Die Mitarbeiter sollen das Gefühl haben, einen sicheren Arbeitsplatz zu haben.

Ein Leitspruch ihrer Mutter soll folgender sein: „Ich bin keine große Frau und mache keine großen Schritte. Wir müssen vielmehr schauen, dass die Richtung passt, so kommen wir voran.“


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