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Ilse Hinke und ihr Geschäft mit dem Tod

Sabrina Lang, 05.05.2021 11:00

GRIESKIRCHEN. Die Grieskirchnerin Ilse Hinke machte 27 Jahre lang Geschäfte mit dem Tod. Mit 30. April tritt sie ihren Ruhestand an und erzählt im Gespräch mit Tips wie sie ihren Beruf Seite an Seite mit dem Tod ausübte. Cirka 2300 Bestattungen hat sie in dieser Zeit begleitet.

Ilse Hinke war 27 Jahre lang Bestatterin in Grieskirchen. (Foto: LangS)
Ilse Hinke war 27 Jahre lang Bestatterin in Grieskirchen. (Foto: LangS)

Tips: Warum wird man Bestatterin?

Ilse Hinke: Ich glaube die meisten übernehmen den elterlichen Betrieb oder haben das Bedürfnis, Menschen in besonderen Situationen zu unterstützen. Ich habe das erste Mal im Alter von 16 Jahren im Betrieb meiner Eltern mitgearbeitet und das Unternehmen nach dem Tod meiner Mutter und meines Bruders, der eigentlich die Nachfolge antreten hätte sollen, übernommen.

Tips: Wie ist es, täglich mit dem Tod konfrontiert zu werden?

Hinke: Man muss sich selbst abgrenzen und die Sachen nicht mit ins Wohnzimmer nehmen. Deshalb ist die Tür zum Wohnraum auch immer zu. Man muss psychisch schon gut aufgestellt sein um es wegzustecken. Man darf zwar berührt sein, aber es darf einen nicht Tag und Nacht beschäftigen.

Tips: Welche Aufgaben hat ein Bestatter?

Hinke: Den Verstorbenen abholen, waschen und anziehen. Man muss auf die Hygienebestimmungen achten, Drucksachen verantworten und schauen, dass die Trauerfeier, die Messe, die Verabschiedung und die Aufbahrung so gemacht wird, wie es sich die Hinterbliebenen erwarten und wie es für den Verstorbenen würdevoll ist. Es nicht wiederholbar, Fehler kann ich im Nachhinein nicht korrigieren. Wir machen auch Informationsgespräche, wenn jemand bereits sein eigenes Begräbnis planen will, weil er beispielsweise keine Angehörigen mehr hat.

Tips: Gibt es Momente, die man selbst als Bestatterin nicht schafft?

Hinke: Besonders schwierig sind Kinder. Der Tod eines Kindes ist das Schlimmste für die Eltern. Tragisch sind auch junge Menschen wie Familienväter. Da kommt man dann selbst auch ins Überlegen, weil es einen persönlich auch treffen kann.

Tips: Woher nehmen Sie die Kraft für Ihren Beruf?

Hinke: Indem ich mich eine Stunde hinsetze und nichts tue oder mit Freundinnen einen Kaffee trinke. Der Austausch mit Kollegen tut auch gut.

Tips: Gibt es bei der Bestattung auch schöne Momente?

Hinke: Wenn die Leute vom Friedhof gehen und berührt waren, sagen wie schön und würdevoll es war und mir fürs Organisieren danken.

Tips: Wie erlebten Sie das Corona-Jahr?

Hinke: Es war eine absolute Ausnahmesituation. Es war aber nicht die Angst vor Corona, sondern die traurigen Momente, wo viele Menschen nicht die Möglichkeit hatten, persönlich Abschied zu nehmen. Da könnte man selbst mitweinen, wenn man sieht, dass nur fünf bis zehn Leute am Grab stehen dürfen. Ein großes Thema ist auch die Vereinsamung der alten Menschen. Wenn wir jemanden aus dem Altenheim abholten, wo die Angehörigen nicht mehr Abschied nehmen durften und niemand mehr da war, der ihm die Hand halten durfte.

Tips: Sind im Corona-Jahr mehr Menschen gestorben?

Hinke: Nein, es sind nicht mehr Leute gestorben, trotz Corona. Obwohl viele gesagt haben: „Jetzt hast sicher ein super G’schäft mit Corona.“

Tips: Gab es im Laufe der Zeit auch ungewöhnliche Wünsche von Angehörigen?

Hinke: Es ist beispielsweise erlaubt die Urne zu Hause aufzubewahren. Ich rate dann immer im Hinterkopf zu behalten, die Urne doch irgendwann zum Friedhof zu bringen, weil es ein Loslassprozess ist. Ich bin auch kein Freund von Urnen im Garten. Man stelle sich vor, man veranstaltet ein Grillfest und daneben ist die Oma begraben. Das muss man den Leuten bewusst machen. Wir versuchen natürlich so viele Wünsche wie möglich zu erfüllen und daher kommt es dann auch schon mal vor, dass auf einer Beerdigung „Highway to hell“ von AC/DC gespielt wird.

Tips: Gibt es mehr Urnen oder Erdbestattungen?

Hinke: Zwei Drittel der Bestattungen sind mittlerweile Urnenbegräbnisse. Zum einen deshalb, weil viele Ältere der Auffassung sind, niemanden mehr zur Last fallen zu wollen, weder zu Lebzeiten, noch nach dem Tod in Punkto Grabpflege.

Tips: Warum glauben Sie ist der Tod für viele Menschen so unbegreiflich?

Hinke: Begreiflich ist für mich, wenn ich etwas angreifen kann und mich damit beschäftigen kann. Und die meisten Menschen beschäftigen sich nicht mit dem Tod. Ein Verstorbener ist nicht grauslich, man kann ihn auch angreifen.

Tips: Haben Sie selbst Angst vor dem Tod?

Hinke: Nein, weil mir da nichts passiert. Es ist bei der Geburt schon vorprogrammiert, dass man irgendwann gehen muss, deshalb sollte man die Zeit dazwischen sinnvoll nutzen. Man sollte mit den Mitmenschen ein gutes Auskommen haben und Streitthemen ausreden, denn man weiß nie, ob man am nächsten Tag noch aufwacht.


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