
HAGENBERG. Nach der Matura entschied sich Matthias Grafenauer, einen Gedenkdienst im Ausland zu leisten. Fünf Monate arbeitete der 19-Jährige im Dokumentationszentrum für Jüdische Zeitgeschichte in Mailand, seit Februar ist er Gedenkdiener in der Dokumentation Obersalzberg im in Berchtesgaden (Bayern).
„Einer der Gründe, warum ich mich für den Gedenkdienst entschieden habe ist, dass ich mich intensiv mit der Geschichte auseinandersetzen wollte. Ich weiß, ein einzelner Gedenkdiener kann die Welt nicht verändern, aber ich bin überzeugt, auch ein kleiner Beitrag bringt viel. Vor allem bringt es auch mir selbst viel“, sagt Matthias Grafenauer, der mit seinen Eltern und den beiden Geschwistern in Linz wohnt, aber auch viel Zeit in Hagenberg - wo sein Vater eine Apotheke führt - und bei der Verwandtschaft in Lichtenau (Bezirk Rohrbach) verbringt.
Italien als Sehnsuchtsort
Da Italien schon seit jeher ein Sehnsuchtsort des 19-Jährigen ist, fiel die Wahl für den Gedenkdinst auf das Dokumentationszetrum für Jüdische Zeitgeschichte in Mailand.
Dort arbeitete Grafenauer im Benutzerservice der Bibliothek sowie an der Digitalisierung der Fotothek und legte für das historische Archiv eine Datenbank über jüdische Flüchtlinge an.
Arbeit in der Antisemitismusforschung
„Außerdem habe ich in der Antisemitismusforschung gerabeitet, habe zum Beispiel antisemitsche Karikaturen analysiert, sowie am jährlichen Antisemitismusbericht mitgearbeitet“, erzählt der Gedenkdiener.
An Hitlers Zufluchtsort
Nach fünf Monaten folgte der Wechsel von Mailand nach Berchtesgaden, wo sich das Dokumentationszentrum Obersalzberg befindet. Der Obersalzberg war Adolf Hitlers Feriendomizil, wurde ab 1933 zum zweiten Regierungssitz neben Berlin ausgebaut, und ist heute ein Lern- und Erinnerungsort, um sich mit der Geschichte des Nationalsozialismus auseinanderzusetzen.
Spannende Kontakte
„Hier betreibe ich verschiedene Recherchen, etwa über den Plakatkünstler Ludwig Hohlwein, und über die Zensur von Feldpostbriefen“, sagt Grafenauer, der in seiner Freizeit gerne segelt und Gitarre spielt. Ihm gefällt, dass sich durch seinen Auslandsdienst Möglichkeiten für spannende Kontakte ergeben.
„Ich habe schon Barbara Glück, die Leiterin der Gedenkstätte Mauthausen, und Giorgio Frassineti, den Bürgermeister von Mussolinis Geburtsort Predappio, kennengelernt. Außerdem finde ich es toll, Teil des internationalen Netzwerkes der Gedenk-, Sozial- und Friedensdiener zu sein“, sagt Grafenauer, der im Anschluss an den Auslandsdienst Internationale Wirtschaftswissenschaften in Innsbruck studieren möchte.