Eine etwas andere Weihnachtsgeschichte: "Josef, ich muss dir etwas sagen!" - Teil 2
Hier folgt Teil 2 der etwas anderen Weihnachtsgeschichte von Ozvald von der Aist:
Die nächste Strecke legten Maria und Josef in Gedanken versunken und daher eher schweigsam zurück. Neben den unerwarteten Ankündigungen seiner Maria drückte Josef auch das dicke Bündel auf seinem Rücken. Auf dem Markt eines kleinen Dorfes etwas abseits der Hauptstraße hatte Maria „nur ein paar Kleinigkeiten“ gekauft, an ihm lag es nun die ganze Last zu schleppen. Am Ende des Tages war Maria unglaublich müde. „Josef, begreifst du denn nicht! Das Kind!“ „Ja, ja“ winkte Josef ungnädig ab. „Ich weiß schon, es wird ein Mädchen, es wird hübsch und intelligent, wir werden es lieben und unterstützen, es wird uns das Herz brechen, wir werden das ertragen wie alle Eltern. Du hast mir das alles erzählt und ich glaube es schon fast. Lass mir noch ein bisschen Zeit…..““Josef“ unterbrach Maria seinen Redeschwall. „Soviel Zeit werden wir nicht mehr haben. Geh hin und suche eine Unterkunft!“
Josef war sonst kein ängstlicher Typ aber jetzt verfiel er in Panik. Kein Bauer in Sicht, dem man seinen Esel abschwatzen konnte, kein Wagen, und sei er noch so holprig, einfach nichts! Bis, Gott sei es gedankt, endlich eine Ortschaft vor den beiden lag. Gleich am ersten Haus machte Josef Halt und klopfte den Besitzer heraus. „Wir brauchen eine Unterkunft“ erklärte er hastig. „Ihr seht ja wie es um die Frau steht!““Bin ich ein Wirt?“ bekam er zur Antwort. „Ich bin Geschäftsmann und für Wandervolk welcher Art auch immer habe ich nichts übrig! Geht weiter und lasst mich in Ruhe!““Er hat keinen Platz für uns“ erklärte Josef seiner Maria, die etwas abseits stand und hoffentlich die rüde Abweisung nicht gehört hatte. Als auch im nächsten, im übernächsten und schließlich im letzten Haus „kein Platz“ war wurde Maria nicht nur ungeduldig sondern auch misstrauisch.
Schließlich fand sich außerhalb der Stadt ein kleiner Bretterverschlag, für den die Bezeichnung „Stall“ viel zu vornehm war. Ein Ochse und ein Esel waren hier untergebracht. Josef wollte schnell weitergehen, aber Maria kündigte an, keinen Schritt mehr machen zu wollen. Josef versuchte seine Maria davon zu überzeugen, wie schlecht die Herberge sei. Aber Maria hatte ihre Entscheidung getroffen. „Stopf die Löcher in der Wand, mach einen Windschutz aus Ästen, leg die Decke über das Stroh und mach dich nützlich!“ ordnete Maria an und ihr Ton duldete keinen Widerspruch. Zwar hatte Josef kurzzeitig daran gedacht den Esel zu entwenden, Maria und das Bündel darauf zu binden und weiterzuziehen, aber sie hatte sich bereits niedergelassen und so musste er seinen Plan fallen lassen. „Wir müssen eben einen neuen Weg suchen“ tröstete Maria ihren Josef, der sich an die Arbeit gemacht hatte. Maria meine damit die veränderte Situation, aber Josef verstand wieder einmal nichts. Neuer Weg? Kommt nicht in Frage! Der letzte neue Weg, den er gegangen war, hatte ihn in diese gottverlassene Gegend in einen zerlumpten und anrüchigen Bretterverschlag geführt. Und der vorherige neue Weg, der ihm vom Engel verkündet worden war, hatte sich auch als schlechter Scherz erwiesen. Nein, von neuen Wegen hatte er wahrlich genug. Und während er noch sinnierte traf ihn die nächste Ankündigung seiner Maria wie ein Keulenschlag. „Josef, ich will dich nicht ängstigen, aber wenn du jetzt nicht spurst ist alles aus! Josef, es ist soweit!!!“
Hinterher weiß man nie wie man es schaffen konnte, aber schließlich war das große Wunder tatsächlich geschehen und ein zierliches Menschlein, lag, in bunte Tücher gewickelt, in den Armen seiner Mutter. Josef war von allen dreien am meisten erschöpft. Trotzdem bastelte der Tischler an einer kleinen Wiege aus herumliegenden Brettern und Ästen. Mit etwas Stroh als Matratze, einem schönen Tuch und einer Decke sollte das ein hübsches Bettchen werden. „Wie sollen wir die Kleine denn nun nennen?“ fragte da Maria. „Sie braucht einen schönen Namen!“ Das letzte, womit sich Josef jetzt beschäftigen wollte, waren Mädchennamen, obgleich es tatsächlich nicht ganz unwichtig war. Die Behörden würden es wissen wollen, außerdem die Verwandten und die Nachbarn, und vielleicht sogar ein paar andere Leute. „Können wir nicht den Namen nehmen den der Engel uns gesagt hat?“ fragte er vorsichtig, allerdings ahnte er schon, dass Maria damit nicht einverstanden sein würde. „Sollen wir den Engel fragen?“ überlegte sie, aber den wollte Josef ganz bestimmt nicht mehr sehen, obwohl er schon die ganz Zeit das Gefühl hatte, als würde es über dem löchrigen Dach mitunter eigenartig rauschen wie von Flügelschlag. Es könnten aber genauso gut die Bäume sein und Josef ließ es darauf beruhen.
Tatsächlich konnte man aber plötzlich Stimmen hören. „Ja verfl…., welches Gesindel hat sich denn da eingenistet? Sapperlot! Wer seid denn ihr?“Von der Sprache her ganz eindeutig nicht der Engel, stellte Josef fest und trat aus dem Verschlag heraus ein paar derben Burschen, umringt von einer Schafherde, gegenüber. „Josef, Maria und das Kind!“ erklärte er demütig. „Wir ziehen auch bald weiter und nehmen nichts mit, was uns nicht gehört!“Ein Blick auf das Kleine genügte um die Kerle milder zu stimmen. „Junge oder Mädchen?“ fragen die Hirten. „Ein Mädchen“ sagte Maria und die Hirten nickten zufrieden. „Da habt ihr aber Glück gehabt. Überall suchen sie nach einem kleinen Jungen. Die Schergen des Königs, die nichts Gutes im Sinn haben, aber auch drei weise Männer auf Kamelen, die angeblich wertvolle Geschenke für das Kind bei sich haben!“ Josef wurde bleich, aber andererseits – was hatten sie zu befürchten. Auch die Hirten waren dieser Meinung. „Ihr habt nichts zu befürchten und nichts zu erwarten! Zieht weiter sobald es geht. Und jetzt macht ein bisschen Platz, es fängt an zu regnen und wir wollen uns unterstellen!“
Am nächsten Morgen hatten sich die Hirten bald auf den Weg gemacht und auch für die jungen Eltern und das Kind war es an der Zeit weiterzuziehen. Josef hatte nachgedacht und es störte ihn doch ein wenig, dass das Mädchen von den Weisen keine Geschenke erhalten würde. Schließlich fasste er einen Entschluss. Zwar hatte er gesagt, er würde nichts mitnehmen, was ihm nicht gehörte, aber ein Geschenk musste her! Schließlich packte er die schnell gezimmerte Wiege und etwas frisches Stroh in eine Decke. „Das wird schwer!“ warnte Maria. „Und bedenke: du bestiehlst Ochs und Esel!“Das wollte Josef nun gerne auf sich nehmen. „Josef, das fängt ja gut an“ seufzte Maria. „Ist das ein Vorbild für jemanden der die Welt verbessern soll? Josef, kannst du vielleicht Räder an das Bettchen machen?“
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