Marlene Kittel: „Auch in Krisen muss man einen kühlen Kopf bewahren“
FREISTADT. Marlene Kittel (35) ist seit drei Jahren die alleinige Geschäftsführerin von HappyFoto (bezahlter Link). Mit fast 100 Mitarbeitern ist das Unternehmen einer der größten Arbeitgeber im Bezirk Freistadt.
Tips: Sie sind seit Februar 2020 alleinige Geschäftsführerin von HappyFoto. Welche Projekte haben Sie bereits umgesetzt?
Kittel: Das größte Projekt, welches ich seit der Übernahme verwirklicht habe, war der Launch unserer HappyFoto-smart-moments-Designer-Programme. Der Startschuss fiel im November 2020, als wir eine Software auf den Markt gebracht haben, die unsere Kunden dabei unterstützt, mit der Hilfe von künstlicher Intelligenz ein Fotobuch in nur wenigen Minuten zu gestalten. Die smart-moments-Software erledigt vieles für unsere Kunden. Seit dem Launch hat sich viel getan und wir veröffentlichen in regelmäßigen Zyklen Updates der Programme und das Produktportfolio umfasst bereits die gesamten Fotobücher, Fotokalender, Wandbilder und Fotogeschenke.
Tips: Was waren bisher und sind die größten Herausforderungen in Ihrem Unternehmen?
Kittel: Die vergangenen drei Jahre waren sicherlich durch die Corona-Pandemie sowie den Russland-Ukraine-Krieg eine sehr herausfordernde Zeit für uns. Während in den Anfangszeiten von Corona viele Kunden noch ihre Festplatten gesichtet und alte Fotobuchprojekt bestellt haben, kam es mit Sommer 2020 sowie auch in der Zeit danach zu einem Einbruch bei den Bestellungen. HappyFoto lebt vom Festhalten der glücklichen Momente wie Feste und Lieblingsurlaubsmotive. Aufgrund der Einschränkungen und Reisebeschränkungen waren kaum „frische“ Fotos am Markt verfügbar. Auch die Russland-Ukraine-Krise geht nicht spurlos an HappyFoto vorbei. Wie viele andere Firmen musste HappyFoto ebenfalls enorme Preissteigerungen bei den Roh- und Hilfsstoffen verbuchen (z.B. plus 70 Prozent bei den Papierpreisen und weitere hohe Preisanstiege beim Verpackungsmaterial, Leim etc.). Auch unsere Kunden kämpfen mit den Teuerungen bei Wohnen und Leben und haben daher weniger Einkommen für andere Dinge zur Verfügung. Daher wird dieses Jahr sicherlich auch wieder kein einfaches werden. Dennoch bin ich zuversichtlich, dass wir wiederum viele Fotobücher für unsere HappyFoto-Kunden fertigen dürfen, da die Reiselust bei vielen nach der coronabedingten Pause noch sehr hoch ist.
Tips: Sie haben das Unternehmen eine Zeit lang gemeinsam mit Ihrem Vater geführt. Was haben Sie sich von ihm abschauen können?
Kittel: Eine Lebensweisheit, die ich von meinem Vater gelernt habe, ist „Geht nicht, gibt“s nicht“. Auch wenn die Zeiten nicht einfach sind, man findet doch immer einen Weg, diese Herausforderungen zu meistern und es bringt nichts, den Kopf in den Sand zu stecken. Apropos Kopf: Was mir auch vor allem in den vergangenen, turbulenten Jahren geholfen hat, ist es, selbst in Krisensituationen einen kühlen Kopf zu bewahren und zu versuchen, mit Ruhe an die Sache heranzugehen. Das ist etwas, was ich mir sowohl von meinem Vater als auch meiner Mutter abgeschaut habe.
Tips:Was machen Sie zum Ausgleich zur Arbeit? Was gibt Ihnen Kraft?
Kittel: In meiner Freizeit bin ich sehr gerne in der Natur unterwegs – man könnte sagen, am liebsten hoch hinaus (in den Bergen wandern oder klettern) oder tief hinunter (im Meer tauchen). Wenn dies, wie zum Beispiel unter der Woche, nicht möglich ist, dann bin ich gerne laufen, um den Kopf freizubekommen.
Tips: Welche Projekte stehen aktuell auf dem Programm?
Kittel:Aktuell ist sicherlich die Verbesserung unserer Designer-Programme weiter im Fokus. Für unsere Kunden ist es wichtig, dass sie so einfach und rasch wie möglich, ihre Erinnerungen in einem Fotobuch festhalten können. Gleichzeitig müssen die Designer-Programme dennoch auch genügend Möglichkeiten für die Individualisierungswünsche unserer Kunden bieten. Hierbei kommen laufend weitere Anforderungen hinzu, daher ist es essenziell, dass HappyFoto „am Ball bleibt“. Dies ist nicht immer einfach, da die IT-Entwicklung durch die verschiedensten Betriebssysteme und -versionen sehr komplex geworden ist. Früher machten die IT-Kosten im Hause HappyFoto zwei Prozent des Umsatzes aus – mittlerweile sind es knapp 20 Prozent. Zudem müssen auch laufenden die Entwicklungen bei den Digitaldruckmaschinen im Auge behalten werden, da dies der wichtigste Produktionsbereich für uns ist. Eine Erneuerung der Produktionsmaschinen ist für uns ein sehr komplexes Projekt, das wiederum mit sehr hohen Kosten für HappyFoto verbunden ist und daher dieses Projekt genauestens geplant sein muss.
Tips: Bei HappyFoto wurden einige Projekte für mehr Nachhaltigkeit umgesetzt. Welche waren das und welche stehen in naher Zukunft noch an?
Kittel: Bei HappyFoto ist das Thema Umweltschutz und der nachhaltige Umgang mit den uns zur Verfügung stehenden Ressourcen seit der Firmengründung 1978, also seit 45 Jahren, ein essentieller Teil der Firmen-DNA. HappyFoto war bereits 1996 das erste Fotogroßlabor weltweit, welches nach EN ISO 14001 umweltzertifiziert wurde. Jährlich findet ein externes Audit durch den Umweltgutachter TÜV statt, um diese Umweltzertifizierung zu erneuern. Seit 2000 gibt es bei uns einen freiwilligen Nachhaltigkeitsbericht, welcher jährlich aktualisiert, auf der Website veröffentlicht und den größten Lieferanten beim Jahresgespräch übergeben wird. Ebenfalls seit 2000 benutzen wir weitgehend recycelte Verpackungskartons und die Inbetriebnahme der Photovoltaik-Anlage, die ca. 200 kWp umfasst, in Kooperation mit der Energie AG am HappyFoto Firmengebäude fand statt. Zusätzlich benötigter Strom wird aus erneuerbaren Energien bezogen (seit 2014 zu 100 % Ökostrom und seit 1.1.2020 Strom zu 100 % aus Wasserkraft). Seit 2021 haben wir eine klimaneutrale HappyFoto Digitaldruck-Produktion. Im Vorjahr wurde das Bienenprojekt „bee happy“ verwirklicht und von Gas- auf Pellet-Heizung umgestellt. Für das aktuelle Wirtschaftsjahr sind bereits folgende Aktivitäten geplant: Berechnung des CO2-Fußabdrucks der Digitaldruckabteilung für das Jahr 2022, Erweiterung der Photovoltaik-Anlage um weitere ca. 150 kWp, Analyse und Bewertung einer potentiellen Strompufferspeicher-Möglichkeit, Analyse der Großbildproduktionsabteilung zur Einsparung von CO2 Emissionen und Analyse Ausweitung CO2-Footprint Berechnung auf weitere Produktionsbereiche, da das mittelfristige Ziel von HappyFoto eine klimaneutrale Eigenproduktion ist. (Mehr lesen: HappyFoto Digitaldruck-Produktion ist CO2 neutral)
Tips: Sie haben auch die Vier-Tage-Woche im Betrieb umgesetzt. Wie sieht die erste Bilanz dazu aus?
Kittel: Wir haben vergangenen Februar aufgrund der starken Saisonalität unserer Branche (40 Prozent des Jahresumsatzes werden sechs Wochen vor Weihnachten generiert) in der Produktion und im Kundendienst die faktische Vier-Tage-Woche eingeführt. In der Produktion bleiben in den Monaten Februar bis September jeden Freitag die Maschinen abgeschalten. Im Kundendienst haben wir ein „Rad“ eingeführt, dass jeweils eine Gruppe an Mitarbeitern am Mittwoch, Donnerstag oder Freitag frei hat – diese Einteilung wechselt jede Woche, damit jede in den Genuss eines langen Wochenendes kommen kann. In den Abteilungen, in denen es keine saisonalen Spitzen gibt, wurde die Möglichkeit von Home-Office eingeführt. In der Hauptsaison werden die angesammelten Minusstunden durch im gesetzlichen Rahmen mögliche Überstunden (inkl. Zuschläge) wieder eingearbeitet. Diese Änderung des Arbeitszeitmodells wurde als Versuch für ein Jahr abgeschlossen. Nachdem das Modell sehr gut funktionierte und das Feedback des HappyFoto Teams durchgängig sehr positiv war, haben wir uns dazu entschlossen, diese Änderung auch für das aktuelle Wirtschaftsjahr beizubehalten.
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