Flüchtlinge am Arbeitsmarkt: Von Möglichkeiten und Schwierigkeiten
BEZIRK FREISTADT. 59 anerkannte Flüchtlinge sind derzeit beim Arbeitsmarktservice Freistadt als arbeitssuchend gemeldet. Adel, Ahmed und Belal hatten schon Glück bei ihrer Suche nach einem Job. Die Baufirma Schaumberger (Windhaag) beschäftigt die drei Syrer als Bauhilfsarbeiter.
„Jeder, der arbeiten will und kann, kommt bei uns unter“, ist das Credo von Christian (r. am Bild) und Martin (l. am Bild) Schaumberger, Senior- und Juniorchef der Firma NSB Schaumberger in Windhaag. „Das wichtigste sind Basis-Deutschkenntnisse, für den Arbeitsablauf und auch die Arbeitssicherheit“, sagt Baumeister Christian Schaumberger, der in seinem Betrieb rund 50 Leute beschäftigt. Die Windhaager Firma ist spezialisiert auf Gewerbliche Bauten, Großbausanierungen, Sozialen Wohnbau, Kanal- und Wasserleitungsbau und bekannt dafür, in schwierigen Bau-Situationen zur Höchstform aufzulaufen.
Als Bauhilfsarbeiter tätig
Die beiden Brüder Adel (2.v.l.) und Ahmed (2.v.r.) Abdullah, 26 und 29 Jahre alt, werken seit einem halben Jahr zur vollen Zufriedenheit ihrer Chefs und von Polier Christoph Marschik als Bauhilfsarbeiter im Unternehmen mit. „Mein Polier Christoph sagt, was ich machen soll, und das erledige ich dann“, sagt Adel, der in seiner syrischen Heimat als Maler gearbeitet hat, in gutem Deutsch. Dank der zufriedenstellenden Zusammenarbeit mit dem Brüderpaar hat die Firma Schaumberger vor kurzem auch noch einen dritten anerkannten Flüchtling, Belal Ichadrah aus Syrien, eingestellt. „Wir mussten aber auch negative Erfahrungen machen. Ein vierter Flüchtling hat am Schnuppertag schon nach einer Stunde das Weite gesucht“, ärgert sich Christian Schaumberger. Er kann sich im übrigen auch vorstellen, einen Flüchtling als Lehrling anzustellen. Denn Maurer, Zimmerer, Beton- und Schalungsbauer gehören zu den so genannten Mangelberufen, in denen es mehr offene Lehrstellen als Bewerber gibt.
Studium scheitert an Stipendium-Bewilligung
Wilma Fürst aus Freistadt hat Adel und Ahmed bei der Jobsuche unterstützt. Die Lehrerin hat Patenschaften für sechs junge Flüchtlinge übernommen, kümmerte sich um Wohnungen, Arbeits-, Lehr- und Studienplätze. „Das bedeutet einen unglaublichen organisatorischen Aufwand, viele fehlgeschlagene Versuche, unzählige Anrufe bei Firmen“, setzt sich Fürst, selbst Mutter eines erwachsenen Sohnes, unermüdlich und mit viel Idealismus für „ihre“ Burschen ein. Fürst würde sich für jeden Flüchtling Paten wünschen. „Sie sind sonst gezwungenermaßen aufgeschmissen.“
Vier ihrer Schützlinge haben schon Arbeit im Bezirk Freistadt gefunden, zwei weitere haben einen Studienplatz an der Fachhochschule Hagenberg bekommen. Die Freude über die Zusage bekam aber kurz darauf einen argen Dämpfer. „Als Studierende verlieren die beiden die Mindestsicherung. Um ausgleichend ein Stipendium beantragen zu können, müssen sie bei der Stipendienstelle Linz verschiedene Dokumente vorlegen, unter anderem einen Einkommensnachweis der Eltern. Wie sollen wir das bewerkstelligen? Das Heimatland liegt in Schutt und Asche. Der Vater eines Burschen lebt nicht mehr, die Mutter ist mit zwei jüngeren Schwestern in die Türkei geflüchtet, wo sie keine Arbeit findet“, sagt Wilma Fürst am Rande der Verzweiflung. „Dass hier wegen eines Dokuments keine Ausnahme gemacht werden kann, verstehe ich nicht. Die Burschen sind willigst, zu lernen und zu arbeiten. Es liegt ihnen fern, sich in die soziale Hängematte legen. Nach wenigen Jahren Ausbildung würden auch sie in Österreich Steuern zahlen.“
Experte beim Thema „Flüchtlinge am Arbeitsmarkt“ ist der Leiter des Arbeitsmarktservices Freistadt, Alois Rudlstorfer. Eines gleich vorausgeschickt: Die Flüchtlinge nehmen im Bezirk keinem Einheimischen die Arbeit weg. „Durch die Sprache sind diese Personen so benachteiligt, dass ein Österreicher mit Sicherheit den Vorzug bekommt.“
Die Rechtslage ist so, dass Jugendliche Asylwerber (Flüchtlinge, die noch auf den Ausgang ihres Asylverfahrens warten) bis 25 Jahren die Möglichkeit haben, eine Lehrstelle in so genannten Mangelberufen wie Fleischhauer, Tischler und Schlosser anzutreten. Doch hier liegt der Hund im Detail begraben: „Weder ist es gesetzlich möglich, dass diese potentiellen Lehrlinge das Unternehmen im Rahmen von Schnuppertagen kennenlernen, noch gibt es Lehrstellenförderungen oder Nachhilfemöglichkeiten, obwohl selbiges für diese Personen besonders wichtig wäre“, weiß Rudlstorfer.
Derzeit sind 59 anerkannte Flüchtlinge beim AMS Freistadt als arbeitssuchend gemeldet, die große Mehrheit davon Syrer. In ihrer Heimat haben sie etwa als Arzt, Schneider, Elektriker oder Maler gearbeitet. „Die Sprache ist die größte Hürde“, sagt Rudlstorfer. Das AMS bietet deshalb laufen die Deutsch-Basiskurse A1 und A2 an, die auch sehr gut angenommen werden.
Der Anteil der Flüchtlinge an den Arbeitssuchenden im Bezirk Freistadt beträgt vier Prozent. Mit einer Arbeitslosenquote von 4,3 Prozent (Stand Ende August), weist der Bezirk Freistadt die drittniedrigste Arbeitslosenquote in ganz Oberösterreich auf.
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