Bürgermeisterin Anita Gstöttenmayr: "Lerne jeden Tag dazu und möchte mit meiner Arbeit überzeugen"
LEOPOLDSCHLAG. Seit viereinhalb Monaten ist Anita Gstöttenmayr (ÖVP) als Bürgermeisterin von Leopoldschlag im Amt. Tips bat die einzige Gemeindechefin im Bezirk zum Interview.
Tips:Bei der Bürgermeisterwahl am 26. September 2021 erhielten sie 68,25 Prozent der Stimmen, es gab keinen Gegenkandidaten. Waren Sie mit diesem Wahlergebnis zufrieden?
Gstöttenmayr: Nein, das war ich nicht. Da hätte ich mir schon mehr erwartet und erhofft. Immerhin hat sich gut ein Drittel der Leopoldschläger nicht für mich als Bürgermeisterin entscheiden wollen oder können.
Tips:Es ist traurig, dass sich im Jahr 2022 so eine Frage noch stellt, aber glauben Sie, das lag daran, weil Sie eine Frau sind?
Gstöttenmayr: Nachdem ich das erste Mal angetreten bin, konnte ich noch keine Erfolge vorweisen. Man musste also rein die Person wählen. Das Frauenthema hatte ich ehrlich gesagt unterschätzt. Die ,steilste‘ Aussage eines älteren Herren, die ich mir bei einer Wahlveranstaltung anhören musste, war: „Du bist eh eine recht Geschickte, aber als Bürgermeisterin bist du zu blond, zu jung und zu weiblich!“ Aber auch manche Frauen lassen es an Solidarität mit ihrem eigenen Geschlecht missen. Da hört man dann und wann, wie getuschelt wird: „Jetzt hat sie eh einen riesigen Betrieb, ist Obfrau vom Hafnerhaus, was will sie denn noch alles?“ Es kann auch sein, dass die eine oder andere Altlast meines Vorgängers bei der Wahl eine Rolle gespielt hat. Aber ich lasse mich nicht entmutigen, sondern versuche, durch meine Arbeit zu überzeugen und alle Themen offen nach außen zu kommunizieren.
Tips:Sie sind seit mehr als vier Monaten im Amt, konnten Sie sich schon gut einarbeiten?
Gstöttenmayr: Ich muss sagen, der letzte Lockdown war für mich insofern hilfreich, als dass ich kaum Termine wahrzunehmen hatte und deshalb mehr Zeit war, um mich einzuarbeiten. Ich lerne jeden Tag etwas Neues dazu. Am Gemeindeamt habe ich glücklicherweise ein erstklassiges Team hinter mir, auf das ich mich verlassen kann. Ich kann auch meinen Vorgänger Hubert Koller jederzeit fragen, wenn ich etwas wissen will oder etwas brauche.
Tips:Sie sind seit 2009 in der Gemeindepolitik aktiv. Als Bürgermeisterin vorne zu stehen, ist aber noch mal ganz was anderes, kann ich mir vorstellen.
Gstöttenmayr: Allerdings! Als Bürgermeisterin soll man alles am Schirm haben, jeder will was von einem, die Themen werden teilweise hochemotional an mich herangetragen. Man soll überall sofort eine Antwort parat haben und es einem jeden recht machen. Das ist aber eine Kunst, die niemand kann, und wenn man sich noch sehr bemüht. Schade finde ich, dass vieles als selbstverständlich gesehen wird, was die Gemeinde für ihre Bürger leistet. Mit Kritik ist man dagegen immer schnell zur Stelle – ein kleines Lob oder Danke hie und da täte auch einmal gut.
Tips:Wie ist die Zusammenarbeit im Gemeinderat?
Gstöttenmayr: Sagen wir mal so, es wird. Es wird eifrig diskutiert und wir haben im Großen und Ganzen ein konstruktives Gesprächsklima.
Tips:Welche Themen beschäftigen Leopoldschlag derzeit?
Gstöttenmayr: Da wäre einmal die Bauhof-Kooperation mit der Gemeinde Windhaag, dieses Thema beschäftigt mich seit meinem ersten Tag als Bürgermeisterin. Sehr fordernd ist die Baulandsicherung. Erstmals in der Geschichte der Gemeinde gibt es eine Warteliste für Baugründe. Die Baugebiete im Zentrum sind relativ erschöpft, und bevor die Grundbesitzer die wenigen noch freien Flächen im Markt nicht verkaufen wollen, können wir kein weiteres Bauland entwickeln. Da stehen wir jetzt fast ein bissl an, das wird noch eine große Herausforderung. Ein mir sehr wichtiges Thema ist die Kinderbetreuung. Wir haben sehr viele Jungfamilien in der Gemeinde und es sind für den Herbst 54 Kinder für den Kindergarten angemeldet. Da besteht dringend Handlungsbedarf – mit unseren momentan zwei Kindergartengruppen geht sich das nicht aus. Diese Woche haben wir einen Termin beim Land OÖ und hoffen auf Unterstützung, denn Kinderbetreuung kostet richtig viel Geld, das die Gemeinde nicht hat. Räumlichkeiten für eine Krabbelgruppe oder eine weitere Kindergartengruppe wären eventuell vorhanden und müssten nur noch adaptiert werden.
Tips:Wie lässt sich das Bürgermeisteramt mit der Arbeit in Ihrem landwirtschaftlichen Betrieb vereinbaren?
Gstöttenmayr: Bis jetzt bringe ich alles ganz gut unter einen Hut. Wir haben einen Schweinezuchtbetrieb und ich kann mir die Arbeit da relativ flexibel einteilen. Meine Freizeit genieße ich bewusst mit meinem Mann und unseren beiden Söhnen.
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