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Drohende Windkraftverbotszone schiebt Oberösterreichs größtem Windpark in Sandl einen Riegel vor

Online Redaktion, 10.02.2025 11:00

SANDL. Aktuelle Informationen zur Umweltverträglichkeitsprüfung des größten Energiewendeprojektes Oberösterreichs: Angesichts einer drohenden Windkraftverbotszone steht der geplante Windpark in Sandl vor dem Aus. Das Projekt umfasst 22 Windkraftanlagen in der Gemeinde Sandl, nordöstlich des Ortskerns, und hat das Potenzial, ein weiterer bedeutender Schritt in Richtung einer klimafreundlichen Energiezukunft zu werden. 

Windpark Sandl: Aus für günstigen Strom für die Region? (Foto: Symbolfoto: stock.adobe.com/engel.ac)

Ende November wurde der Genehmigungsantrag für das bisher größte Projekt zur Erzeugung von günstigem und sauberem Strom für das Mühlviertel bei der UVP-Behörde eingereicht.

„Das nordöstliche Mühlviertel ist eine strukturschwache Region. Allerdings gehört es zu den windreichsten Gegenden Oberösterreichs – diese natürlichen Bedingungen gilt es zu nutzen. Mit dem Projekt Windenergie Sandl können wir jährlich bis zu 500.000 Megawattstunden sauberen Strom erzeugen und damit rund 125.000 Haushalte versorgen sowie einen wichtigen Beitrag für unsere Klimaziele und die regionale Energieversorgung leisten. Außerdem ist es eine starke Ansage gegen Atomkraftimporte nach Oberösterreich“, erklärt Umwelt- und Klima-Landesrat Stefan Kaineder von den Grünen.

Als Vorteile des Projekts Windenergie Sandl nennt der Landesrat folgende Punkte:

  • Optimale Standortbedingungen: Die Region zählt zu den windstärksten Zonen Oberösterreichs.
  • Großer Abstand zu Wohngebieten: Das geplante Areal liegt in einem dünn besiedelten Gebiet und berücksichtigt die Interessen der Anrainer.
  • Geringer Flächenbedarf: Die Anlagen benötigen vergleichsweise wenig Bodenfläche, was die Eingriffe in die Natur minimiert.
  • Moderne Energieableitung: Es ist geplant, den Strom über ein umweltschonendes Erdkabelsystem ins Netz einzuspeisen.
  • Ausgleichsmaßnahmen für das Projekt bieten riesiges Potenzial für Renaturierungsmaßnahmen – klimafitter Umbau des Fichtenmonokulturwaldes und Vermoorung als Beispiele.

Windpark Sandl: Aus für günstigen Strom für die Region?

Kurz vor Weihnachten kam dann große Ernüchterung für die Gemeinde, die gesamte Region und auch den Projektanten. Wirtschafts-Landesrat Markus Achleitner und Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner verkündeten in einer Pressekonferenz, den geplanten Windpark mittels einer verordneten Windkraftverbotszone abzusagen.

Am 15. Jänner versandte Landesrat Achleitner einen Entwurf der Oö. Ausschlusszonenverordnung zur Erlassung eines Raumordnungsprogramms über Ausschlusszonen für die Errichtung von Windkraft- und freistehenden Photovoltaikanlagen an ausgewählte Empfänger. Konkret ein de-facto Verbot für bestimmte Gemeinden, Windkraft- und freistehende Photovoltaikanlagen zu errichten. Während also in Oberösterreich die Ausweisung von Beschleunigungsgebieten weiter auf sich warten lässt, sollen explizite Verbotszonen vorab definiert werden. Das steht im klaren Widerspruch zu den Ausbauzielen für erneuerbare Energien.

Wie sich diese angekündigte mögliche Verbotszone auf den Ausgang des Genehmigungsverfahrens auswirkt, kann noch nicht beurteilt werden. Jedenfalls ergäbe sich durch eine Verbotszonenverordnung eine massive Rechtsunsicherheit. Das Verfahren wird jedenfalls bis auf Weiteres fortgesetzt, heißt es seitens Kaineder.

„Investition in die Zukunft des Landes verhindert“

„Es ist ein politisch motivierter Akt von Schwarz-Blau in Oberösterreich, der eine 260 Millionen Euro Mega-Investition in die Zukunft des Landes verhindern soll. Damit wird nicht nur der dringend notwendige Ausbau der Windkraft in Oberösterreich ausgebremst, es ist auch ein Schaden für die Wirtschaft und Industrie, die gerade jetzt auf günstigen erneuerbaren Strom angewiesen ist. Damit werden Arbeitsplätze gefährdet und der Strompreis für die Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher bleibt hoch. Und für die Gemeinde, die einstimmig für das Projekt ist, sowie für die gesamte Region verhindert man einen notwendigen Strukturaufschwung“, ist Umwelt- und Klima-Landesrat Stefan Kaineder enttäuscht. „Ob in den USA unter Trump, im AfD-Wahlkampf in Deutschland oder beim Windkraftverbot in Kärnten – die Ablehnung folgt einer ideologischen Agenda, nicht sachlichen Argumenten“, sieht Kaineder darin einen politischen Kulturkampf und keine sachpolitische Debatte.

„Keine politische, sondern fachliche Entscheidung“

Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner betont die Vorreiterrolle Oberösterreichs, gemeinsam mit Niederösterreich sei man Spitzenreiter bei der Nutzung erneuerbaren Energien. „Für den weiteren Ausbau setzen wir auf einen Energiemix aus Wasserkraft, Biomasse, Photovoltaik, Geothermie und natürlich auch Windkraft. Wo in Oberösterreich erneuerbare Energieerzeugungsanlagen errichtet werden können und wo nicht, ist keine politische, sondern eine rein fachliche Entscheidung. Daher wird es nach dem Grundsatz „Ordnen & Beschleunigen“ ganz klare Regelungen für Standorte für Photovoltaik- und Windkraftanlagen geben – mit Beschleunigungszonen, neutralen Zonen, in denen jedes Projekt einzeln geprüft wird, und Ausschlusszonen“, sagt Achleitner.

Mit der Festlegung klarer Regelungen für Standorte für erneuerbare Energieanlagen setze Oberösterreich die RED III-Richtlinie der EU um, mit der die Genehmigungsverfahren für derartige Projekte deutlich verkürzt werden sollen. Die Festlegung von Regelungen für die Standorte von erneuerbare Energieerzeugungsanlagen schaffe Klarheit für die Menschen, Gemeinden, Projektanten und Investoren. So stünden den Projektwerbern zwei Drittel der Landesfläche für Windkraftprojekte grundsätzlich zur Verfügung. Aktuell gibt es in Oberösterreich in Beschleunigungsgebieten und neutralen Zonen 109 geplante Windkraftanlagen.

Lesen Sie dazu auch: Windpark Sandl: „Aus“ kann keine Überraschung sein

Auswirkungen der möglichen Verbotszonenverordnung für die Region und Wirtschaft

In dem Verbot der Neuwidmung von Flächen für Windkraft- und Photovoltaikanlagen in Ausschlusszonen sieht der Landesrat weitreichende Auswirkungen auf Gemeinden, den Standort und die wirtschaftliche Entwicklung: „Ein solches Verbot kann für Gemeinden und den Standort nachteilige wirtschaftliche Folgen haben. Es bremst Investitionen, reduziert Steuereinnahmen, gefährdet Arbeitsplätze und erschwert die Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen. Gemeinden verlieren zudem autonome Entscheidungsfreiheit, was langfristig ihre Standortattraktivität schwächen kann.“

„Ich bin nicht nur Oberösterreicher, sondern auch gebürtiger Mühlviertler. Viele Mühlviertlerinnen und Mühlviertler pendeln zur Arbeit in energieintensive Betriebe in den Zentralraum. Gerade um deren Arbeitsplätze zu erhalten, muss es höchste Priorität haben, diese Betriebe mit günstiger, grüner Energie zu versorgen. Hier geht es um nicht weniger als um den Wirtschaftsstandort und den Wohlstand der Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher“, hält Kaineder fest.

Verbotszonenverordnung macht individuelle Prüfungen unmöglich

„Zum gewaltigen wirtschaftlichen Schaden einer möglichen Verbotszonenverordnung, kommt noch hinzu, dass in Sandl und anderen Regionen Oberösterreichs nicht einmal mehr individuell geprüft werden darf, ob ein Windpark umweltverträglich ist oder nicht. Dabei ist es genau der Sinn einer Umweltverträglichkeitsprüfung, mit Expertinnen und Experten aller Fachgebiete zu analysieren, ob ein Projekt nachhaltig umsetzbar ist und welche Maßnahmen erforderlich wären, um die Umweltverträglichkeit sicherzustellen. Damit haben diese Projekte vielfach positive Effekte für den Umwelt- und Naturschutz, da Betreiber im Rahmen des Verfahrens verpflichtet werden, umfassende ökologische Ausgleichsmaßnahmen zu ergreifen“, erklärt Kaineder.

„Es ist dringend erforderlich, dass Oberösterreich eine zukunftsgerichtete Energiepolitik betreibt, die Investitionen ermöglicht, anstatt sie zu verhindern. Wer gegen Windkraft ist für Atomkraft. Wir brauchen eine transparente, faktenbasierte Planung, die auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen beruht und den Wirtschafts- und Energiestandort Oberösterreich stärkt“, so Kaineder.

Kaineder ergänzt: „Die größte Bedrohung für die Natur und Artenvielfalt ist die dramatische Erderhitzung – das beste Mittel dagegen der Ausbau erneuerbarer Energie. Bis zum Jahr 2080 könnte laut Expertinnen und Experten die Hälfte aller Tier- und Pflanzenarten der Klimakrise zum Opfer fallen. Windkraftprojekte können sehr gut im Einklang mit Umwelt-, Natur- und Artenschutz realisiert werden.“

Sandls Bürgermeister zeigt sich bestürzt über die Auswirkungen der möglichen Verbotszonenverordnung

Der Bürgermeister der Gemeinde Sandl, Gerhard Neunteufel (SP), ist bestürzt über das Vorgehen der OÖ. Landeskoalition und den Chancen und Möglichkeiten, die Sandl damit genommen werden sollen. Er kritisiert, dass im Vorfeld nicht einmal eine Kontaktaufnahme mit der Gemeinde stattgefunden hat.  „Für Versorgungssicherheit und Preisstabilität für Unternehmen und Private im Winter, bei Dürre und Gaskrisen brauchen wir Windkraft. Auch die Natur leidet unter der Klimakrise viel stärker als unter Windkraft“, betont Neunteufel.

Die Stimmung in der Gemeinde sei verärgert, sowohl alle Fraktionen als auch die Bevölkerung stünden hinter dem Projekt. „Aber wir geben die Hoffnung nicht auf, das Projekt ist zu gut vorbereitet. Sandl war und ist mit der ansässigen Forst- und Landwirtschaft seit jeher von sich aus auf den Schutz der Natur bedacht, was schließlich die Verordnung diverser Schutzgebiete in unserem Gemeindegebiet zur Folge hatte“, so Neunteufel.

Weiters hält der Bürgermeister fest: „Die Gemeinde Sandl setzt sich in eigenem Bewusstsein zum Schutz der Natur und aus Gründen der Nachhaltigkeit für Klima und Umwelt klar für den naturverträglichen Ausbau der Windenergie ein.“Dabei war die nun definierte Ausschlusszone Mühlviertel Nord-Ost, in der die Windenenergie Sandl GmbH ein Windkraftprojekt in Sandl umsetzen möchte, laut Achleitner schon 2012 als Ausschlusszone definiert. Und zwar in einem Windkraftmasterplan, den der damalige Energie-Landesrat Rudi Anschober vorgelegt hatte. Achleitner erinnert an die Worte Anschobers: „Es gibt Standorträume, die ein noch so gutes Windangebot haben können, doch sind und bleiben sie tabu – etwa die Nationalparkflächen, Naturschutzgebiete und viele andere mehr. Und das ist gut so!“. Die Ausschlusszone wurde damals mit dem Vogelschutz und dem Erhalt großer zusammenhängender Waldgebiete begründet. Daran habe sich bis heute nichts geändert.

Eingriff in Gemeindeautonomie

Beim Verbot der Neuwidmung von Flächen für Windkraft- und freistehende Photovoltaikanlagen in Ausschlusszonen handelt es sich um einen massiven Eingriff in die Gemeindeautonomie. Das Bundes- Verfassungsgesetz gesteht den Gemeinden im eigenen Wirkungsbereich die Anordnungen in Gemeindeangelegenheiten der örtlichen Raumplanung zu. Das bedeutet, dass die Gemeinden grundsätzlich selbstständig über die Flächenwidmung und örtliche Raumplanung entscheiden können.

Ein solches generelles Verbot würde bedeuten, dass betroffene Gemeinden nicht mehr eigenständig über die Nutzung ihres Gemeindegebiets (mit-) entscheiden können und Ihnen mitunter gänzlich die Nutzung von Wind- oder Solarenergie untersagt wird. Dies wäre auch ein erheblicher Schaden für den Wirtschaftsstandort der Gemeinden bzw. für die im Gemeindegebiet angesiedelten Unternehmen.

Ein derart weitreichendes Verbot lässt den Gemeinden keinerlei Gestaltungsspielraum oder Mitspracherecht, und ist weder verhältnismäßig noch sachlich gerechtfertigt. Die OÖ. Ausschlusszonenverordnung droht damit auch als eine verfassungswidrige Einschränkung der Gemeindeautonomie gesehen zu werden.

Mit folgenden Auswirkungen sind laut Landesrat zu rechnen:

1. Auswirkungen auf Gemeinden

  • Einschränkung der Gemeindeautonomie: Die Gemeinden verlieren einen wichtigen Teil ihrer Planungshoheit. Sie können nicht mehr eigenständig über die Nutzung ihres Gebiets für erneuerbare Energien entscheiden.
  • Begrenzung von Einnahmequellen: Windparks und große Photovoltaikanlagen bringen oft Pachteinnahmen für die Gemeinde und lokale Grundeigentümer. Ein Verbot könnte diese Einnahmen verhindern.
  • Geringere Steuererträge: Betreiber solcher Anlagen zahlen oft kommunale Abgaben oder Gewerbesteuern, die der Gemeinde zufließen. Manche Gemeinden sind Miteigentümer der Anlagen (bspw. Munderfing)
  • Klimaschutzstrategie: Gemeinden, die aktiv zur Energiewende beitragen wollen, verlieren Handlungsspielraum.

2. Auswirkungen auf den Standort

  • Weniger Investitionen in erneuerbare Energien: Unternehmen, die in Windkraft oder PV-Anlagen investieren möchten, könnten Standorte in anderen Regionen bevorzugen.
  • Verlust von Arbeitsplätzen: Der Bau und Betrieb von erneuerbaren Energieanlagen schafft regionale Arbeitsplätze (z. B. für Handwerker, Ingenieure, Wartungsfirmen).
  • Energieautarkie wird erschwert: Gemeinden könnten weniger in lokale Energieversorgung investieren, was sie abhängiger von externer Energieversorgung macht.

3. Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung

  • Wettbewerbsnachteil für Gemeinden: Regionen, die erneuerbare Energien fördern, haben oft günstigere Strompreise für Unternehmen. Ein Verbot könnte Standorte weniger attraktiv für energieintensive Betriebe machen.
  • Verlust von Innovationspotenzial: Erneuerbare Energien sind ein Wachstumsmarkt. Gemeinden könnten von Förderprogrammen, neuen Technologien oder Start-ups profitieren, wenn sie solche Projekte zulassen.
  • Beeinträchtigung der Klimaziele: Österreich hat ambitionierte Klimaschutzziele. Ein Verbot könnte den Ausbau erneuerbarer Energien verlangsamen und die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern verlängern.

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