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Primaria Johanna Berger: „Ich wollte Chefin werden, um Positives zu schaffen“

Mag. Lisa-Maria Laserer, 12.11.2024 18:56

SALZKAMMERGUT. Dr. Johanna Berger ist die erste Unfallchirurgie-Primaria Österreichs. Berger ist eine Pionierin was die Gleichstellung von Frauen in der Unfallchirurgie betrifft. Wie sie in einer Männerdomäne reüssiert, erzählt die Leiterin der Unfallchirurgie am Klinikum Bad Ischl im Tips-Interview.

Johanna Berger untersucht eine Patientin in der unfallchirurgischen Ambulanz. (Foto: Laserer)
  1 / 3   Johanna Berger untersucht eine Patientin in der unfallchirurgischen Ambulanz. (Foto: Laserer)

Johanna Berger ist eine besondere Frau, in allem was sie tut. Sie ist nicht nur Österreichs erste Primaria der Unfallchirurgie, sondern sie lebt als Selbstversorgerin mit zwei Katzen in einem liebevoll chaotischen Heim, das alt und neu perfekt verbindet. Zudem engagiert sie sich als überzeugte Rotarierin für diejenigen, die weniger Glück im Leben haben als sie.

Die 63-jährige Berger stammt ursprünglich aus Reichraming südlich von Steyr. Ihr Vater war Schlosser und Berger musste, genauso wie ihr Bruder, bei allen schweren Arbeiten wie Holzmachen oder Reparaturen im und ums Haus mithelfen. „Bei uns in der Familie waren die Frauen immer schon stark“, sagt Berger mit einem Lächeln. „Ich bin mir bewusst, dass ich die erste Frau in meiner Familie bin, die die Chance bekommen hat, etwas zu lernen.“ Ihre Mutter wollte schon Ärztin werden, doch dies scheiterte schon am Gymnasium. „Wir haben einen Brief aus den 50er Jahren gefunden, in dem stand, dass am Gymnasium kein Platz für ein Mädchen wäre“, erzählt Berger. So war sie die Erste, die das Gymnasium besuchen und anschließend Medizin in Wien studieren konnte. „Die Mindeststudiendauer war elf Semester und ich wusste, ich muss das in der Mindeststudienzeit durchziehen, denn für mehr reichte das Geld nicht“, so Berger weiter. Turnusplätze nach dem Studium waren rar und so musste Berger ein Jahr lang in einem Wiener Altenheim als Entertainerin ihr Geld verdienen: „Dort habe ich mehr gelernt als je vorher und je nachher“, erzählt die Chirurgin. Dann wurde eine Turnusstelle in Linz frei, die weiter nach Bad Ischl führte und Berger nutzte die Chance, denn in ihrer Freizeit ist sie liebend gern in den Bergen unterwegs.

„Undenkbar für Frauen“

Nach dem Turnus, der die Ärzte zu Allgemeinmedizinern ausbildet, folgte eine weitere Spezialisierung. „Zu unserer Zeit konnte man sich die Spezialisierung keineswegs aussuchen“, erinnert sich Berger, „und gerade Unfallchirurgie war für eine Frau damals undenkbar. Irgendwie muss ich mich dann doch nicht ganz so ungeschickt angestellt haben bei den chirurgischen Fächern und mein Chef hat mich dann für eine Spezialisierung in der Unfallchirurgie vorgeschlagen.“ Zur damaligen Zeit war die Chirurgie eine Männerdomäne. Es herrschte die Meinung vor, man bräuchte körperliche Kraft um zum Beispiel einen gebrochenen Oberschenkelknochen wieder zu reparieren. „Das geht aber auch, wenn man Gefühl hat“, lacht Berger, die allerdings sicherlich auch körperlich in einer sehr guten Verfassung ist, was sich, so die Chirurgin, trotzdem als unerlässlich darstellt. „Es ist anfangs oft an einfachen Dingen gescheitert, wie dass es an Kliniken keine Sanitäreinrichtungen für Frauen gab.“

Primariat in Bad Ischl

Nach weiteren Stationen unter anderem in Kirchdorf, Enns und Steyr wurde die Primarstelle für Unfallchirurgie am Landeskrankenhaus Bad Ischl frei. „Ich hatte starke männliche Konkurrenz“, erinnert sich Berger. Aber ihr Lebenslauf und ihr Engagement sprachen für sich und so löste Berger am 1. März 2009 Primar Lothar Schmid ab, der sich in den Ruhestand verabschiedete. „Ich wollte immer Chefin werden, wenn man das so sagen kann, denn ich wollte die Möglichkeit haben, Dinge zum Positiven verändern zu können“.

Die Unfallchirurgie ist für Berger ein spannendes Fach, denn es gibt für jedes Problem eine Vielzahl von Lösungen. „Eigentlich ist es ein kreativer Prozess, dessen Erfolg oder Misserfolg man gleich sieht. Es ist ein sehr lohnendes Fach.“ Im Laufe der Jahre hat sich Berger vor allem als Handchirurgin einen Namen gemacht. „Es braucht viel Teamarbeit“, erklärt Berger. Über ihren Weg an die Spitze sagt sie: „Man muss schon ein Ziel vor Augen haben, man muss viel Einsatz und Liebe zum Beruf zeigen. Man muss aber auch eine dicke Haut haben.“


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