Rechnungshof fällt hartes Urteil zur Traunsee-Tram (Update: 10.10., 13.40 Uhr)
GMUNDEN. Bereits im Frühling kam ein Rechnungshof-Rohbericht zur Traunsee-Tram vorzeitig an die Öffentlichkeit (Tips-Bericht vom 2.3.2020). In der nun veröffentlichten Endfassung wird die damals geäußerte Kritik bestätigt.
Die 2018 aus Gmundner Straßenbahn und der Regionalbahn Gmunden-Vorchdorf entstandene Traunsee-Tram hätte so nie gebaut werden dürfen: Das ist die zentrale Aussage des nun veröffentlichten, 144 Seiten starken Rechnungshof-Berichtes. So ging die Potenzialanalyse, die dem Bau zugrunde lag, von täglich 2.730 Fahrgästen aus, tatsächlich wurden 2.260 erreicht.
Beide Zahlen – sowohl die Prognose, als auch die tatsächlich erreichte Zahl – liegen jedoch ein Vielfaches unter der Leistungsfähigkeit einer Straßenbahn, die mit 20.000 bis 100.000 Fahrgästen angegeben wird. Schon allein aus diesem Grund hätte ein Bussystem „umgesetzt werden müssen“, so das Urteil des Rechnungshofes.
Kosten sind fast dreimal so hoch wie der Nutzen
Zudem seien in einer dem Projekt ebenfalls zugrunde liegenden Kosten-Nutzen-Analyse Fehler passiert: Diese habe die jährlichen Kosten mit 1,66 Millionen Euro angegeben, den Nutzen mit 2,15 Millionen. Der Rechnungshof kalkulierte die Kosten mit 4,05 Millionen Euro und den Nutzen mit 1,43 Millionen. Insgesamt errechnet der Rechnungshof für den Zeitraum 2003 bis 2030 für Realisierung und Betrieb der Traunsee-Tram Kosten von 169,07 Millionen Euro.
Ebenfalls kritisiert wird, dass beide Studien vom Bahnbetreiber – und damit Fördernehmer – in Auftrag gegeben wurden, da so eine Objektivität nicht sichergestellt werden könne. Insgesamt hätten Land OÖ und Stadtgemeinde Gmunden ihre Kontroll- und Steuerungsrechte zu wenig wahrgenommen.
„Haben viel Infrastruktur bekommen“
Gmundens Bürgermeister Stefan Krapf betonte gegenüber der Tips, dass sich die Politik bei der, noch vor seiner Amtszeit getroffenen, Bauentscheidung auf die Verkehrsexperten verlassen habe. Zudem sei aus Gmundner Sicht die Traunsee-Tram nicht nur ein Mobilitäts- sondern vor allem auch ein Infrastrukturprojekt: Die Stadt habe durch den Brückenbau, die Plätze und die im Boden verlegte Infrastruktur ein Vielfaches mehr an Wert erhalten, als selbst investiert wurde. Man werde sich aber intensiv mit dem Rechnungshofbericht auseinander setzen, insbesondere mit der Kritik der zu hohen Ticketpreise: „Das hören wir auch aus der Bevölkerung, wir sind weiter in Gesprächen mit dem Verkehrsverbund.“
Ergänzung des Berichts am 10. Oktober:
Auch der für das Projekt zuständige Landesrat Günther Steinkellner hat, wie Krapf, das Projekt bei seinem Amtsantritt 2015 „geerbt“. Die FPÖ habe das Projekt aus Kostengründen von Anfang an abgelehnt, sagte er in einem heute veröffentlichten OÖN-Interview. Nun sei die Straßenbahn jedoch da, und es gehe daher darum, die langfristig attraktiv zu machen. Steinkellner verwies dabei auf ein Expertengremium des Landes, das sich seit Jahresbeginn mit der Frage befasse, wie die Traunsee-Tram für Fahrgäste attraktiver werden könnte. Dabei werde neben günstigeren Ticketpreisen und einer regionalen Werbekampagne auch ein Ausbau der Tram in andere Gemeinden geprüft.
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