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Neue Wirtin in Pötting: "Mittlerweile wissen alle, dass ich eine verrückte Nudel bin"

Sabrina Lang, 26.08.2020 09:17

PÖTTING. Ein bisschen wienerisch und ein bisschen mehr noch verrückt ist „Emily“, die ab sofort mit ihrer eigenen Art das Wirtshaus neben der Bahn in Pötting führt. Auch wenn der Start für die 29-Jährige in der 540 Seelen-Gemeinde keinenfalls leicht war - sie hat sich ihren Weg erkämpft und will mit ihrem Gasthaus ein zweites Wohnzimmer schaffen.

Emily führt ab sofort das Pöttinger Wirtshaus neben der Bahnstrecke alleine.Foto: Hapo Photography
Emily führt ab sofort das Pöttinger Wirtshaus neben der Bahnstrecke alleine.Foto: Hapo Photography

Wenn sich die Totenkopf-Deko perfekt zwischen Whisky-Flaschen einfügt und dabei vom Kruzifix beobachtet wird, wenn 30 Mal am Tag, nur wenige Meter neben dem Gaststuben-Fenster, die Linzer Lokalbahn mit quietschenden Bremsen Halt macht, dann ist man angekommen - in der Pöttinger „Villa Kunterbunt“ und bei Wirtin Emily als „Pippilotta“. Und auch ihr Lieblingsgetränk ist leicht erraten: Jacky Cola.

Höhen und Tiefen

Mehr als 100 Jahre war der Bahnwirt mit Höhen und – in den letzten Jahren immer mehr – Tiefen das Stammlokal vieler Pöttinger. Das Haus besteht schon seit 1908 und seither ist es auch ein Wirtshaus. Im selben Jahr wurde die Strecke der Linzer Lokalbahn gebaut. Der damalige Wirt im Ort ergriff die Chance und baute ein zweites Gasthaus neben die Haltestelle, um Zuggäste anzulocken. Die legendärste Wirtin seither war Anna „Nani“ Mayr, die von Pöttingern liebevoll die „kim boid wieder“-Wirtin genannt wurde. Sie führte den Bahnwirt 50 Jahre lang. Danach hielten sich die Pächter meist kaum mehr lange. Seit dem Jahr 2000 versuchten acht Gastronomen ihr Glück. Vor zehn Jahren kaufte die Gemeinde das Haus. Der Name Bahnwirt ist nun nach mehr als einem halben Jahrhundert Geschichte. Mit der 29-jährigen soll ein neues Kapitel in der Pöttinger Wirtshaus-Geschichte aufgeschlagen werden. Sie wird das Lokal unter dem Namen „Emilys“ weiterführen.

Wenn der Mundl rauskommt

Emily, die eigentlich Ruth Kalteis heißt, will neuen Schwung nach Pötting und in die Gastronomie bringen. Bereits im November 2019 wurde die Gaststätte mit ihr als Kellnerin sowie einem Koch und dem Pächter des Lokals neu eröffnet. Von ihren beiden Kollegen hat sie sich mittlerweile getrennt und führt das Lokal ab sofort alleine. Im 15. Wiener Gemeindebezirk aufgewachsen, brach die heute 29-Jährige mit 16 Jahren aus, um die Welt zu entdecken. Über Deutschland und Kroatien führte sie ihre Reise, um sich den Weg bis in den Bezirk Grieskirchen zu bahnen. Heute lebt sie in Neukirchen am Walde. Den Wiener-Einschlag merkt man ihr kaum mehr an. Das täusche, meint die Wirtin: „Wenn ich grantig bin, kommt der Mundl in mir raus“.

Schwerer Start in Pötting

Die ersten Monate als Kellnerin in der Gemeinde waren für Emily nicht einfach. Durch ihre zahlreichen Tattoos und Piercings passte sie für manche Pöttinger nicht ins Bild einer typischen Landbewohnerin und schon gar nicht in jenes einer Wirtin. „Ich war als Junkie verschrien. Dann haben die Leute aber gemerkt, dass ich arbeiten kann und will und ich für alle da bin“. Für sie war von Anfang an klar, dass sie hier nicht mehr weggehe. „Mittlerweile wissen alle, dass ich eine verrückte Nudel bin. Das lasse ich auch gerne raushängen“. So kann es schon mal vorkommen, dass die Wirtin am Sonntag zum Frühschoppen mit ihrem Bambi-Pyjama in der Gaststube steht. Da sei natürlich für die Jäger am Stammtisch eine besondere Gaudi.

Es bleibt ein Gai-Wirtshaus

Trotz aller Außergewöhnlichkeit, die die neue Wirtin mitbringt, ist ihr vollkommen klar: „Es ist und bleibt ein Gai-Wirtshaus“. Es wird Kleinigkeiten zum Essen geben und es werden kleine Festl veranstaltet. „Es soll ein Wohnzimmer sein, wo jeder herkommen kann, wo der Schmäh rennt und man sich wohlfühlt“, meint Emily, die ihren Spitznamen von der Comicfigur Emily Strange hat. Die in der Serie vorkommenden schwarzen Katzen finden sich auch am rechten Oberarm der Neukirchnerin wieder.<


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