Licht und Geburt: Das steckt hinter den Raunächten
PRAM. Ohne Licht gäbe es für Menschen, Tiere und Pflanzen kein Leben auf der Erde. Deshalb hat in der europäischen Mythologie der Jungsteinzeit die Wiederkehr des Lichtes zur Wintersonnenwende große Bedeutung. Die Raunächte spielen dabei eine zentrale Rolle. Was es damit auf sich hat, erklärt die Kräuterpädagogin und geborene Pramerin Andrea Meingaßner im Tips-Interview.
Tips: Finden Sie, dass das Räuchern aktuell wieder mehr an Bedeutung gewinnt?
Andrea Meingaßner: Ja, Weihnachten beziehungsweise die Wintersonnenwende war und ist ein Fest, das viele Menschen berührt. Denn die Sehnsucht nach Mystischem, Zugehörigkeit und Hoffnung ist in unserer materiell geprägten Lebensrealität groß. Rituale zu den Raunächten können diese Bedürfnisse stillen.
Tips: Von wann bis wann gehen die Raunächte?
Meingaßner: Advent bedeutet Erwartung des Lichtes, des Sonnenkindes. Der 21. Dezember läutet mit der Wintersonnenwende, der Geburt des Lichtkindes, die Raunächte ein. Die Raunächte werden in der europäischen Mythologie auch als Mutternächte bezeichnet, da während dieser Zeit die kosmische Göttin mit ihrem Lichtkind im Wochenbett liegt. Durch diese besondere Zeit nach der Geburt haben die Menschen die Göttin mit ihrem Kind mit Ritualen und Räucherungen begleitet. Nach einem erdverbundenen Kult zieht in dieser Zeit Frau Holle mit ihren Seelchen unter ihrem Mantel durch die Dörfer. Diese halten Ausschau nach einer jungen Mutter, die im kommenden Jahr ein Kind erwarten möchte. Im alpenländischen Raum bringt die Frau Percht das neue Leben in ihrer Kraxe auf die Erde. Aber nicht nur die Menschenseelchen, sondern auch die Pflanzen- und Tierseelchen haben diese Göttinnen im Gepäck. Es geht in den Raunächten also nicht nur um einen persönlichen Transformationsprozess, sondern um die Wiedergeburt allen Lebens auf dieser Erde. In der Nacht vom 5. auf den 6. Jänner enden die Raunächte mit dem Tag der Erscheinung der dreifachen Göttin in ihren drei Aspekten der roten Sommer- und Liebesgöttin, der schwarzen Herbst-Wintergöttin und der weißen Frühlingsgöttin. Dieser letzte Wochenbetttag verkündet die frohe Botschaft, dass das Lichtkind die magische Zeit gut überstanden hat und es weiterwachsen wird.
Tips: Welches Ritual machen Sie in dieser Zeit?
Meingaßner: Ich räuchere gerne mit meinem Räucherstövchen und zwar nicht an festgesetzten Raunächten, sondern intuitiv an jenen Tagen, an denen es für mich und die Familie passt. Immergrüne Zweige als Zeichen dafür, dass das Leben weitergeht, trage ich mir auch ins Haus. Das persönliche Tun im Jahreskreis ist ein Prozess, der sich bei mir jedes Jahr anders gestaltet.
Tips: Was genau verwenden Sie beim Räuchern?
Meingaßner: Ich lege gerne getrockneten Beifuß aus dem eigenen Garten auf das Edelstahlsieb des Stövchens. Darunter befindet sich ein Teelicht. Besonders mag ich den Duft von selbstgesammeltem, trockenem Fichtenharz. Dabei lege ich zwischen Harz und Sieb ein kleines Stück Alufolie, um das Sieb vor Verkrustungen zu schützen.
Tips: Räuchern Sie auch das Haus aus?
Meingaßner:Reinigungsräucherungen verbinde ich nicht zwingend mit den Raunächten. Während des gesamten Jahres kann nach einem Streit, einem anstrengenden Besuch oder dem Tod eines Menschen der Raum oder das Haus mit Rauch gesäubert werden. Dazu verwende ich gerne getrockneten Salbei.
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