Im Lebensmittel-Laden finden dankbare Kunden vor dem Müll gerettete Produkte
KIRCHDORF AN DER KREMS. Ein Joghurt kurz vorm Ablaufdatum, eine Banane mit braunen Flecken oder eine beschädigte Verpackung – die Gründe sind vielfältig, warum Handel und Privathaushalte noch genießbare Lebensmittel entsorgen. Dem wirkt der Lebensmittel-Laden in Kirchdorf seit zehn Jahren entgegen.
„Unser tägliches Brot gib uns heute“ – über diese bekannte Zeile aus dem Vater-Unser-Gebet denkt man meistens nicht weiter nach. Doch das tägliche Brot ist nicht für jeden selbstverständlich. Auch im Bezirk Kirchdorf gibt es Menschen, die in Armut leben und sich Lebensmittel nicht leisten können. Im Gegensatz dazu werden Produkte mit kleinen Makeln vom Handel entsorgt, weil sie nicht mehr verkauft werden können. Diese Produkte und Konsumenten vereint der Lebensmittel-Laden. In der Bahnhofstraße in Kirchdorf finden Menschen mit geringem Einkommen auf rund 50 Quadratmetern alles, was sie zum Leben brauchen.
Lebensmittel-Laden feiert Zehn-Jahres-Jubiläum
„Auf die Idee kam ich, nachdem ich einen Bericht über so einen Markt im deutschen Fernsehen gesehen hatte“, erzählt Helga Lang, Geschäftsführerin und Obfrau des Vereines Lebensmittel-Laden, die vor zehn Jahren gemeinsam mit Margit Hoffmann-Derflinger und Marianne Fellinger den Sozialmarkt eröffnete. „Bereits vor der Eröffnung wurden wir von den Behörden sowie regionalen Unternehmen sehr unterstützt und erhielten viele Spenden“, berichtet Lang über die Anfänge.
Selbstwertgefühl und Respekt
Am 2. November 2009 öffnete der Lebensmittel-Laden das erste Mal. „Viele Kunden haben sich am Anfang nicht getraut zu uns zu kommen. Sie haben sich geschämt“, so Helga Lang, die jedoch betont: „Bei uns bekommen die Leute keine Almosen. Sie bezahlen für ihren Einkauf. Es geht dabei um ein Selbstwertgefühl und Respekt gegenüber den Leuten.“
55 Kunden in drei Stunden
Bei den fünf Kunden am ersten Tag sollte es nicht bleiben. In den drei Stunden, die der Laden dreimal in der Woche geöffnet hat, kaufen heute durchschnittlich 55 Kunden ein.
In den vergangenen zehn Jahren wurden 617 Einkaufskarten ausgestellt. Derzeit zählt der Laden zwischen 150 und 200 Kunden, die regelmäßig einkaufen. Im Lebensmittel-Laden dürfen alle Personen einkaufen, die eine spezielle Einkaufskarte vorweisen können. Diese Karte wird jährlich an Bewohner aus dem Bezirk Kirchdorf ausgestellt. Dazu müssen sie einen Einkommensnachweis aller im Haushalt lebenden Personen und eine Haushaltsbestätigung vorlegen (mehr dazu im Infokasten). Die Einkäufe sind mit dreimal pro Woche und jeweils mit sieben Euro (Einpersonenhaushalt), zehn Euro (Zweipersonenhaushalt) beziehungsweise zwölf Euro (Drei- und Mehrpersonenhaushalt) begrenzt.
Ehrenamtliche Arbeit
20 ehrenamtliche Mitarbeiter, großteils in der Pension, halten den Laden am Laufen. „Es bestärkt uns, wenn wir Menschen mit unserer Arbeit unterstützen können“, so die Geschäftsführerin und Obfrau Helga Lang.
Alles, was man braucht
Verkauft werden nicht nur Produkte von regionalen Supermärkten, sondern auch von Unternehmen, Landwirtschaft und privaten Personen, die ihre Waren dem Laden kostenlos zur Verfügung stellen. „Auch Gartenbesitzer, die im Sommer mehr Lebensmittel zur Verfügung haben, als sie selbst konsumieren können, bringen diese zu uns“, erzählt Lang. Die Kunden finden zudem eine Abteilung mit kostenlosen Produkten, die beispielsweise bereits das Mindesthaltbarkeitsdatum überschrittenen haben. Angeboten werden auch Grundnahrungsmittel (ausgenommen Fleisch) und Produkte des täglichen Bedarfs wie Hygieneprodukte. Diese und die rund 700,- Euro Fixkosten im Monat für Miete und Betriebskosten sind vom Verein selbst zu bezahlen und werden mit den Verkaufserlösen gedeckt.
Das „tägliche Brot“ gibt es für die Kunden im Lebensmittel-Laden übrigens kostenlos.
Kommentare sind nur für eingeloggte User verfügbar.
Jetzt anmelden