Die Bergretter aus dem Kremstal: Helden aus Berufung
KIRCHDORF/KREMSTAL. Auf die Bergretter können sich in Not geratene verlassen. Wenn tatsächlich etwas passiert, sitzt bei ihnen jeder Handgriff, bei Nacht und Nebel, bei Schnee oder Hitze. Aber wer sind die Personen, die uns bedingungslos zu Hilfe eilen? Was macht sie aus? Werner Helmberger, Ortsstellenleiter der Bergrettung Kremstal gewährt einen Blick hinter die Kulissen und erzählt darüber, was es bedeutet, ein Bergretter zu sein.
Bergretter umweht, nicht zuletzt aufgrund diverser Fernsehserien immer ein Hauch von Abenteuer und Wagemut. Das dies absolut gar nichts mit der Realität zu tun hat, wird schnell klar sobald man einen Blick auf das Anforderungsspektrum, das Ausbildungsprofil und die tagtägliche Verantwortung wirft. Eine eingeschworene Truppe, die sich blind versteht, sind die Mitglieder der Bergrettung jedenfalls. Zäh, besonnen und ausdauernd machen sie oft nur bei Einsätzen oder spektakulären Übungen auf sich aufmerksam. Das Training, die Ausbildung und der Zusammenhalt geschehen leise und zurückhaltend, genauso wie die Personen dahinter agieren. „Bergretter ist man aus Berufung“, meint Werner Helmberger. Er weiß, der Weg vom Bergsteiger zum Bergretter ist jedenfalls kein leichter. Die Voraussetzungen, um im Team mitzuarbeiten sind zahlreich und intensiv.
Intensive Ausbildung
Eine fundierte alpine Erfahrung sowohl im Sommer als auch im Winter ist Grundvoraussetzung, ein ausführliches Tourenbuch das auch anspruchsvolle Routen beinhaltet, ist obligat. Bevor es überhaupt mit einer Ausbildung zum Bergretter los geht, müssen sich Frauen oder Männer erst ein Jahr lang als Probemitglied beweisen. Die Kameradschaft, Teamfähigkeit sowie die mentale und körperliche Fitness stehen dabei auf dem Prüfstand. In dieser Probezeit darf der Aspirant bei Übungen mitmachen, bei Veranstaltungen mitarbeiten und auch bei Einsätzen dabei sein. Passt alles, dann startet nach dieser Probezeit die Ausbildung zum ehrenamtlichen Bergretter, der offizielle Status „Anwärter“ wird erreicht.
Nun kann die eigentliche Ausbildung starten: In 30 Tagen werden bei Fels- und Winterkursen unter anderem alpine Bergetechniken, Orientierung, Lawinenkunde und Erste Hilfe erlernt. Das Liftfahren mit einer Bergetrage, das Bauen von Seilbahnen oder das richtige Verhalten bei einem Helikoptereinsatz sind dabei anspruchsvolle Lehrziele. Dazu kommen laufende Schulungen, Trainings und Übungen, um das eigene Gebiet noch besser einschätzen zu können. Neben der guten Kondition ist Besonnenheit eine Grundvoraussetzung. Frühestens nach zwei, in der Realität sind es meist drei Jahre kann dann aus einem Bergsteiger ein Bergretter werden.
„Jeder Bergretter hat eine permanente Vorbildwirkung und muss sich dementsprechend, auch wenn er privat unterwegs ist, verhalten“, erzählt Werner. Außerdem hören das Lernen und Üben nie auf, verpflichtende Ausbildungen sind jedes Jahr zu absolvieren und die Einsatzdokumentation wird ebenfalls immer umfassender.
Bergen und retten
Der Standardrucksack der Bergretter wiegt circa zehn Kilogramm, dazu kommt allerlei, teilweise auch sperriges Material das ebenfalls getragen werden muss und zwar nicht auf breiten Wanderwegen, sondern oft durch steiles, unwegsames mitunter gefährliches Gelände. „Wir bilden bei Einsätzen mitunter eine schnelle Vorhut. Die schnellsten von uns laufen zu zweit mit leichtem Rucksack voraus mit dem Ziel, ganz schnell beim Verunfallten zu sein. Der Rest der Mannschaft kommt dann mit dem Material in zweiter Linie nach. Für einen Bergeeinsatz werden acht Bergretter benötigt“, erzählt er. Ungemein spannend zum Zuhören, jedoch erfährt der Laie auch ganz schnell, dass Freud und Leid alleine bei der Wortwahl nah beieinander liegen. Der feine Unterschied zwischen den Wörtern „bergen“ und „retten“ wird erst auf Nachfrage deutlich:
„Das Schönste für uns ist natürlich jemanden aus einer Notsituation am Berg zu retten, eine Bergung (sprich einen tödlich Verunglückten ins Tal zu bringen) gehört leider ebenfalls zu unseren traurigen Aufgaben“, berichtet Werner aus seinem reichen Erfahrungsschatz. Der Ortsstellenleiter gibt sich bescheiden und zurückhaltend: „Helden sind wir trotzdem keine“. Aber dafür sind sie Idealisten und Bergenthusiasten mit ganz normalen Alltagsjobs, die jedenfalls 24 Stunden am Tag ehrenamtlich und unbezahlt in Rufbereitschaft stehen.
Dank und Anerkennung
Darauf angesprochen, wie er es schafft, pausenlos fit zu bleiben meint Helmberger: „Das ist tatsächlich die leichteste Übung und bei uns allen im Team ist Sport sowieso ein fast täglich fixer Bestandteil“. An die 100.000 Höhenmeter erklettert, radelt und erwandert er durchschnittlich pro Jahr und liegt mit dieser Zahl verglichen mit seinen Kollegen, im Mittelfeld. Was die Bergretter von ihrer schier unermüdlichen Einsatzfreude haben? Jedenfalls Anerkennung, viel Dank und meistens nach einem Einsatz eine gute Jause.
Ein Leben lang
In Oberösterreich gibt es 850 Mitglieder der Bergrettung, in der Ortsstelle Kremstal sind 25 aktive Mitglieder, davon 24 Bergretter sowie ein Anwärter tätig. Standesdünkel gibt es keine, das jüngste Mitglied ist 27, der Älteste 72, vom Pensionisten bis zum Sanitäter, Elektriker, Banker und Alpinpolizist ist die Einsatzgruppe bunt gemischt und bringt jede Menge Know-how mit. Auch Nachwuchsprobleme gibt es keine. Derzeit sind ausreichend Bewerber vorhanden, jedoch entsprechen nur circa ein Fünftel den Anforderungen für die Aufnahme in das Probejahr. Das Kerneinsatzgebiet der Bergrettung Kremstal beläuft sich auf rund 200 Quadratkilometer, einen Teil davon nimmt die alles dominierende Kremsmauer ein.
Bleibt man ein Leben lang Bergretter? Ideologisch auf alle Fälle, physisch und psychisch jedenfalls solange ein Beitrag geleistet werden kann. Bei der mentalen und körperlichen Fitness der Kremstaler Bergrettung dürfen Wanderer und (Hobby)bergsteiger jedenfalls darauf vertrauen.
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