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Gams, Hirsch und Reh beeinflussen die Baumartenvielfalt im Nationalpark

Sophie Kepplinger, BA, 22.05.2023 18:18

ROSENAU AM HENGSTPASS. Wie viele junge Pflanzentriebe werden von Hirsch, Reh und Gams im Nationalpark Kalkalpen verbissen? Welche Auswirkungen hat das auf die Baumartenvielfalt? Mit dem Projekt „Verdichtetes Jungwuchsmonitoring 2022“ ging der Nationalparkbetrieb Kalkalpen der Bundesforste diesen Fragen nach – und präsentierte nun seine ersten Ergebnisse irgendwo in den Wäldern zwischen Schwarzkogel und Wasserklotz.

Der 25-jährige Nationalparkförster Michael Buchebner (Foto: Wolfgang Simlinger)
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Sein Rucksack schmiegt sich schwer an seinen Rücken, als er sich seinen Weg durch die dichten Wälder des Nationalpark Kalkalpen bahnt. Am frühen Morgen hat er Bewehrungseisen, eine Axt, einen Zollstock, sein Formular und iPad eingepackt. Jetzt ist er auf der Suche nach einer der 457 Probeflächen, die für das Jungwuchsmonitoring ausgewählt wurden. Dort angekommen, fixiert er die Eisenstange im GPS-vermessenen Probepunkt und untersucht alle Jungpflanzen im Umkreis von zwei Metern auf Leittriebverbiss durch Schalenwild. Die Ergebnisse notiert er in einem Formular und überträgt später die Daten ins iPad.

Die Rede ist von Michael Buchebner, 25 Jahre, Nationalparkförster aus Leidenschaft. Seit drei Jahren steht der Reichraminger im Dienste des Nationalparkbetriebs Kalkalpen der Bundesforste – und ist verantwortlich für das Projekt „Verdichtetes Jungwuchsmonitoring 2022“.

Die Baumartenvielfalt im Waldnationalpark erhalten

„Im vergangenen Jahr setzten wir über das ganze Nationalparkgebiet verteilt Probeflächen, in denen wir nun regelmäßig den Einfluss vom Schalenwild auf die natürliche Waldverjüngung untersuchen“, erzählt Buchebner. Denn: Wer sich auch in Zukunft Waldnationalpark nennen will, muss auch weiterhin so vielfältig und artenreich aufgestellt sein. Aktuell kommen 32 verschiedene Baumarten im Nationalpark Kalkalpen vor. Durch den Verbiss des Leittriebes durch Hirsch, Reh und Gams bleiben allerdings manche Jungpflanzen in ihrem Wachstum zurück, dünnen aus und die Baumartengarnitur verarmt. Welche Baumarten von Wildverbiss am häufigsten betroffen sind und in welchem Gebiet – das zeigen die Ergebnisse des Jungwuchsmonitorings.

Die Tanne, das Sorgenkind im Nationalpark Kalkalpen

„Wir haben in eineinhalb Jahren und knapp 1.300 Arbeitsstunden rund 8.600 Jungpflanzen begutachtet, hinsichtlich Baumart und Baumhöhe differenziert und dokumentiert“, erzählt der 25-Jährige. Insgesamt 29 Prozent der erhobenen Pflanzen weisen einen Verbiss am Leittrieb auf, lokal steigen diese Werte auf bis zu 45 Prozent. „Am stärksten betroffen sind die Mischbaumarten. Die Tanne als wohl die wichtigste ist insgesamt zu knapp 34 Prozent, in manchen Gebieten bis zu 50 Prozent verbissen“, berichtet Buchebner. „Die Tanne, unser Sorgenkind“, kommentiert Nationalpark-Forstmeister Hans Kammleitner die Ergebnisse. Auch Ahorn, Esche und Ulme sind stark betroffen. Die Folge daraus ist die Ausdünnung dieser Baumarten in der natürlichen Waldverjüngung.

Die Analysen zeigen zudem stark gebietsabhängige Ergebnisse: Während die nördlichen und süd-östlichen Ausläufe des Nationalparks (Reichraming, Hengstpaß) einen deutlich besseren Zustand der Waldverjüngung aufweisen, sind die Wälder an der Südseite des Sengsengebirges stark betroffen. Darauf sind mehrere Faktoren zurückzuführen. Einer davon: die Anzahl der getätigten Abschüsse. „Dort, wo bisher viele Abschüsse getätigt wurden, ist der Zustand der Waldverjüngung deutlich besser“, sagt Buchebner dazu.

Die Lösung? Gezieltes Wildtiermanagement

Was also tun, um die Baumartenvielfalt im Nationalpark Kalkalpen zu erhalten? Und vor allem: wie viel? Immerhin ist das primäre Ziel im Nationalpark, die Wildnis zuzulassen und möglichst wenig einzugreifen. „In jenen Gebieten mit hohem Wildverbiss werden wir die Abschusszahlen erhöhen, in den Bereichen mit wenig Verbiss reduzieren“, berichtet Buchebner.

Ob diese Maßnahme den gewünschten Effekt erzielt, wird sich 2025 herausstellen, wenn die Erhebungen des verdichteten Jungwuchsmonitorings wiederholt und mit den Ergebnissen von 2022 verglichen werden.


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