Weitere Angebote

Sociale Medien

Kontakt

„Starkniederschläge stellen veraltete Infrastruktur auf eine harte Probe“

Robert Hofer, 21.09.2025 09:47

KREMSMÜNSTER. Alexander Ohms, Meteorologe bei GeoSphere Austria, erklärt im Interview, warum Gemeinden in den nächsten Jahren viel Geld in die Hand nehmen müssen.

Starkregenereignisse nehmen zu. (Foto: Weihbold)
  1 / 2   Starkregenereignisse nehmen zu. (Foto: Weihbold)

Warum ist das Thema Niederschlag im Klimawandel für unsere Region besonders relevant?

Alexander Ohms: Meist verbinden die Menschen den Klimawandel mit steigenden Temperaturen. Die Temperatur ist auch jene meteorologische Größe, die von den Klimamodellen am exaktesten berechenbar ist. Wie sich die Niederschläge – also die erwarteten Mengen und die räumliche Verteilung – ändern werden, ist schon schwieriger zu modellieren. Was wir allerdings genau wissen: Wärmere Luft kann mehr Feuchtigkeit aufnehmen, Niederschläge fallen also intensiver aus.

Im Vergleich zu den 1980er-Jahren fallen bei einem sommerlichen Schauer oder Gewitter nun 20 Prozent mehr Regen in der gleichen Zeit. Auf der anderen Seite werden stationäre Wetterlagen häufiger, was lang anhaltende Dürrephasen begünstigt – im schlechtesten Fall in Kombination mit großer Hitze im Frühling und Sommer.

Was bedeutet das für Land- und Forstwirtschaft, aber auch für Gemeinden und Infrastruktur?

Ohms: Man muss sich einerseits auf mehr Dürreperioden, andererseits aber auch auf unregelmäßigere Niederschläge einstellen. In sehr kurzer Zeit kann sehr viel Regen vom Himmel kommen – diese Mengen können aber weder der Waldboden noch die Äcker aufnehmen. Das Wasser rinnt oberflächlich ab, schwemmt dabei wertvollen Humus weg und erhöht die Hochwassergefahr entlang der Bäche und Flüsse. In den Gemeinden stellen die intensiveren Starkniederschläge die oft veraltete Infrastruktur auf eine harte Probe. Schließlich galten beim Bau der Entwässerungsanlagen vor Jahrzehnten noch ganz andere planerische Bemessungswerte als heute.

Gibt es praxisnahe Maßnahmen, mit denen Gemeinden oder Landwirte vorbeugen können?

Ohms: In der Landwirtschaft passiert bereits sehr viel: Saatbaubetriebe passen ihre Produkte an die geänderten Verhältnisse an, viele Getreidesorten sind mittlerweile hitze- und trockenheitsresistenter als früher. Landwirte sollten die verlängerte Vegetationsperiode bei der Fruchtfolge bzw. bei den Saatterminen berücksichtigen. Das stellt auch eine gewisse Ausfallssicherheit in schwierigen Jahren dar. Auch Wind- und Verdunstungsschutz (z.B. durch Hecken an den Ackerrändern) kann nützlich sein, um besser durch Trockenperioden zu kommen. Die Gemeinden müssen voraussichtlich in den nächsten Jahren und Jahrzehnten viel Geld in die Hand nehmen, um die Infrastruktur – also speziell die Kanalsysteme – an die geänderten Klimabedingungen anzupassen.

Was möchten Sie den Teilnehmern im Vortrag besonders mitgeben?

Ohms: Wichtig ist, dass der notwendige Klimaschutz durch entsprechende Klimawandelanpassung ergänzt wird. Wir haben es zwar in der Hand, die weitere Erwärmung durch entsprechende Klimaschutzmaßnahmen zu dämpfen. Dass sich die Erwärmung aber auch noch in den nächsten Jahrzehnten fortsetzen wird, steht außer Frage. Die Anpassung ist also essenziell – wird aber umso schwieriger, je weiter die Erwärmung fortschreitet. Dabei zählt am Ende jedes Zehntelgrad. Dass Anpassung ihre Grenzen hat, zeigen uns als Beispiel die Flechten im Hochgebirge: Sie wandern mit der Erwärmung immer weiter in die Höhe. Wenn sie auf den höchsten Gipfeln ankommen, ist ihr Schicksal besiegelt.

Warum ist es wichtig, dass sich Gemeinden und Bürger schon jetzt mit dem Thema auseinandersetzen?

Ohms: Schon jetzt ist relativ. Immerhin hat sich das Klima in unserer Region seit den 1970er-Jahren um mehr als zwei Grad erwärmt – samt den unerwünschten Auswirkungen. Wir stecken mittendrin im Klimawandel. Für die Anpassung ist es schon seit längerem höchste Zeit. Für verstärkten Klimaschutz natürlich auch – da wäre allerdings Weitsicht ein guter Berater: Alles, was wir jetzt unternehmen, kommt vielleicht gar nicht mehr uns selbst, auf jeden Fall aber den nachfolgenden Generationen zugute.

Dürre aktiv begegnen

Fachvortrag, Diskussion und Austausch in Kremsmünster mit Alexander Ohms am Mittwoch, 1. Oktober, um 18.30 Uhr im Theatersaal des Stiftes.

Der Eintritt ist frei; Anmeldung bis 26. September online: www.leader-alpenvorland.at


Kommentare sind nur für eingeloggte User verfügbar.

Jetzt anmelden