Geflüchtete Ukrainer wollen in den Arbeitsmarkt integriert werden
KEMATEN/LINZ-LAND. Vor sechs Monaten mussten viele Ukrainer aufgrund des russischen Angriffs aus ihrem Heimatland flüchten. Viele wohnen seitdem bei Privatpersonen in Österreich – und wollen gerne arbeiten. Nicht immer ganz leicht verläuft jedoch die Integration der Geflüchteten in den Arbeitsmarkt.
Zhanna und ihre Familie kamen im März dieses Jahres zu Gisela Peutlberger-Naderer auf das Angerergut in Kematen. Trotz der belastenden Situation der Geflüchteten kam nach dem Einzug sogleich die Frage: Wo gibt es Arbeit für uns? Viele Ukrainer möchten gerne in Österreich arbeiten, gleichzeitig herrscht derzeit auch in vielen Bereichen ein Personalmangel. „Betriebe aus unterschiedlichen Branchen im Bezirk, aber auch in ganz Oberösterreich sind bereit, Flüchtlinge einzustellen. Es gibt aber viele Herausforderungen, gerade im Bereich der Fachkräfte, die es zu überwinden gilt“, so Michaela Billinger vom AMS in Traun. Viele Ukrainer können grundsätzlich gute Ausbildungen aus dem Heimatland vorweisen – diese werden teilweise jedoch in Österreich nicht im gleichen Maße anerkannt. Oft fehlen auch Dokumente und Zeugnisse, um die Anerkennung der Ausbildung geltend machen zu können. Daneben stellt auch die Kinderbetreuung häufig ein Hindernis bei der Arbeitssuche dar, besonders wenn Mütter mit ihren Kindern alleine nach Österreich gekommen sind.
36 Zimmer in sechs Stunden
Zhanna arbeitete in ihrer Heimat als Assistentin der Geschäftsführung einer Spedition und ist nun von Freitag bis Sonntag als Reinigungskraft in einem Linzer Hotel beschäftigt. In sechs Stunden muss sie 36 Zimmer putzen, für einen Brutto-Stundenlohn von zehn Euro. Die Ukrainerin hat sich den Job selbst ausgesucht, denn sie wollte unbedingt arbeiten und mehr Geld für ihre Familie verdienen, als die derzeitige Unterstützung von 215 Euro pro Monat, die das Land OÖ zur Verfügung stellt. Diese Sozialleistung bekommen auch nur jene, die nachweislich auf der Suche nach einem Arbeitsplatz sind.
Nichtstun ist keine Option
Sprachliche Barrieren stellten in Zhannas Fall kein Hindernis dar – ihr Arbeitgeber stellte sie sofort ein und spricht großteils Englisch mit ihr. Montags bis donnerstags besuchen Zhanna und ihre Familie einen Deutschkurs in Kematen, der von der Gemeinde und vom Land Oberösterreich finanziert wird. „Wir als Gastfamilie spüren die Familie wenig. Unsere ukrainischen Gäste sind sehr selbstständig und möchten unbedingt eine Arbeit finden. Auch Wolodimir, Zhannas Vater, ist ein tüchtiger, kluger Mann mit 58 Jahren. Sein letzter Beruf war Lokführer im Stahlwerk. Er möchte irgendetwas arbeiten, um Geld für das Leben seiner Familie zu verdienen. Nichtstun ist für ihn keine Option“, berichtet Gisela Peutlberger-Naderer. Sie wünscht sich für Zhanna und Wolodimir eine gute, fair bezahlte Arbeit – vor allem, wenn der Krieg noch länger andauert.
Arbeitskräfte für Gastro
Mit Anfang August waren in Oberösterreich 1.885 aufrechte Beschäftigungsbewilligungen für Vertriebene aus der Ukraine ausgestellt. Im Bezirk Linz-Land gab es davon 195 aufrechte Beschäftigungsbewilligungen. Besonders profitieren im Moment die Landwirtschaft, die Gastro- und Tourismusbranche gefolgt von der Produktion von den Ukrainern. In diesen Bereichen wurden auch die meisten Beschäftigungsbewilligungen ausgestellt. Zudem fand erst kürzlich in Traun die Jobbörse für den Bereich Pflege statt.
Unterstützung und Beratung
„Grundsätzlich kann man sagen, dass jede offene Stelle, die wir besetzen können, eine positive Wirkung auf den Arbeitsmarkt hat und somit ist auch das zusätzliche Arbeitskräftepotenzial der Ukrainer_innen jedenfalls ein Gewinn. Ich bin überzeugt, wenn die sprachlichen Barrieren überwunden und die Qualifikationen anerkannt sind, bzw. in der Praxis entsprechend eingesetzt werden können, wird sich das in einem noch größerem Ausmaß auswirken“, so Michaela Billinger. In den Bezirks-Geschäftsstellen des AMS, auch in Traun, gibt es eine muttersprachliche Beraterin für Ukrainer, die an mehreren Wochentagen vor Ort ist und Ukrainer berät und bei der Arbeitssuche unterstützt. Um eine Beschäftigung aufzunehmen, muss der Betrieb lediglich um eine Bewilligung ansuchen, welche nach Ausstellung der „Blauen Karte“ möglich ist.
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