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Oberösterreichs Aktionsplan gegen Drogen: Vorsorge, Versorgung und konsequente Verfolgung

Nora Heindl, 15.09.2021 15:12

OÖ. Das Land Oberösterreich will künftig der Sucht- und Drogenproblematik einen noch höheren Stellenwert einräumen. Neben Präventions- und Behandlungsmaßnahmen braucht es auch die konsequente Verfolgung jener, die mit Drogen handeln.

 (Foto: Tinnakorn jorruang/Shutterstock.com)
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„In der Sucht- und Drogenproblematik kommen neue Herausforderungen auf uns zu. Einerseits steigt die Suchtmittelkriminalität, andererseits stellt der Suchtgifthandel im öffentlichen Raum durch spezielle Gruppen eine wachsende Gefahr dar. Wir werden hier in Oberösterreich nicht lange warten, sondern sofort handeln. Und zwar mit einem Aktionsplan im Kampf gegen Drogen. Hier setzen wir auf noch stärkere Aufklärung und Prävention, besonders bei Kindern und Jugendlichen, auf Hilfe und Behandlung von Suchtkranken sowie auf konsequentes Einschreiten und volle Härte gegen Drogendealer. Diese sollen noch deutlicher zu spüren bekommen, dass wir ihre Gift-Geschäfte in Oberösterreich nicht dulden“, erklärt Landeshauptmann Thomas Stelzer.

Mit voller Härte gegen Dealer

Trotz sinkender Gesamtkriminalität kam es im Vorjahr zu einem Anstieg der Suchtmittelkriminalität um vier Prozent, von 7.178 auf 7.468 Delikte. „Davon sind etwa zehn Prozent Dealer, denen wir versuchen das Handwerk zu legen und was uns im letzten Jahr ganz gut gelungen ist“, betont Landespolizeidirektor Andreas Pilsl. Eine Ursache für den Anstieg bei Suchtgiftdelikten hängt damit zusammen, dass sich in den letzten Jahren neue Bevölkerungsgruppen in der Suchtgiftszene etabliert haben, die auch im öffentlichen Raum sehr offen auftreten. Zum Vergleich: Vor 2015 lag die Zahl der Delikte in Oberösterreich noch bei 4.000 bis 5.000.

Um den Handel vor allem im öffentlichen Raum zu bekämpfen, wurde eine eigene Bereitschaftseinheit ins Leben gerufen. Das schnelle, robuste und vor allem konsequente Einschreiten dieser hat die Situation an Brennpunkten wie Hinsenkampplatz, Hessenpark und Kremplstraße bereits entscheidend verbessert. Um noch präsenter sein zu können, wird die Einheit auf 61 Beamte aufgestockt. Die angehenden Kollegen befinden sich aktuell in Schulung. „Vor allem Bahnhof, Parks und Einkaufszentren können wir dann verstärkt bestreifen und auch dort sichtbar gegen offenen Handel vorgehen“, betont Pilsl, denn „Drogendelikte sind Kontrolldelikte. Wenn die Polizei intensiver kontrolliert, werden wir auch mehr Täter überführen können.“ Besonders deutlich wird das im Straßenverkehr. „Von Jänner bis August konnten wir über 1.000 Drogenlenker aus dem Verkehr ziehen. Verglichen mit den Vorjahren ist das ein sprunghafter Anstieg, der aber auch damit zu tun hat, dass wir unsere Kollegen besonders darauf schulen“, erklärt der Landespolizeidirektor.

Insgesamt wurden im Jahr 2020 in Oberösterreich rund 1,9 Kilogramm Heroin, 4,3 Kilogramm Kokain, 274,9 Kilogramm Cannabis, 2.074 Stück Ecstasy sowie 8,9 Kilogramm Amphetamin und 0,7 Kilogramm Methamphetamin sichergestellt.

Suchtprävention bereits im Kindes- und Jugendalter

„Vorsorge ist besser als Versorgung – das gilt auch bei Problemen mit legalen oder illegalen Drogen. Der Grundstein für Suchterkrankungen wird oft schon in jungen Jahren gelegt. Umso wichtiger ist es, frühzeitig anzusetzen und zu verhindern, dass es überhaupt zu einer Erkrankung kommt. Das Land Oberösterreich beginnt deshalb bereits bei den Jüngsten, im Kindergarten, mit der Prävention – natürlich dem Alter entsprechend mit den passenden pädagogischen Konzepten“, so LH-Stellvertreterin und Gesundheitsreferentin Christine Haberlander.

In einem neu entwickelten Konzept „Umsetzung der Säule psychosoziale Gesundheit im Netzwerk Gesunder Kindergarten“ wird die Suchtprävention durch das Institut Suchtprävention der pro mente OÖ etabliert. Die Schlüsselstrategie sind dabei qualifizierte und kompetente Multiplikatoren, also Kindergartenpädagogen, die durch gezielte Ausbildung, durch Austausch untereinander und durch institutionelle Unterstützung die Thematik im Arbeitsalltag integrieren.

ready4life ist ein mit der Beteiligung des Instituts für Suchtprävention entwickeltes Coaching-Programm (Chatbot-App) zur Förderung von Stress- und Sozialkompetenzen und zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit gegenüber riskantem Substanzkonsum (Alkohol, Tabak, Cannabis) und zur Vorbeugung problematischer Internet- und Smartphonenutzung. Das Programm wurde in OÖ im Berufsschulbereich in einer Pilotphase erfolgreich eingesetzt und wird jetzt auch in anderen Bereichen umgesetzt. Die Begleitforschung dazu wird von der JKU gewährleistet.

Insgesamt stehen in Oberösterreich 80 Präventionsangebote in verschiedenen Settings zur Verfügung.

Beratung, Fürsorge und Behandlung

„Natürlich lassen wir auch all jene nicht alleine, die bereits mit Drogen in Verbindung gekommen sind und ein Suchtproblem haben. Für diese Menschen ist es wichtig, dass sie wissen, dass sie nicht alleine sind, dass jemand da ist, der sie unterstützt, wieder in ein normales Leben zurückzufinden – ohne Drogen“, betont Haberlander. Dabei dürfe nicht auf die Schwächsten der Gesellschaft vergessen werden, „unsere Kinder. Deshalb unterstützen wir Suchtkranke auch bei der Aufgabe, ihre Kinder gut zu betreuen.“

Viele suchtkranke Eltern können trotz ihres Bemühens nicht passend mit ihren Kindern umgehen. Dadurch entstehen in den ersten Lebensjahren bereits psychische Fehlentwicklungen (so genannte Bindungsstörung), die sich mit großer Wahrscheinlichkeit im späteren Leben dieser Kinder als eigene Suchterkrankung oder sonstige psychische Erkrankung manifestieren. Das passende Verhalten den Kleinkindern gegenüber bzw. ein gesundes Bindungsverhalten der Eltern kann allerdings erlernt und geübt werden. In Deutschland gibt es seit Jahren Einrichtungen, die mit jungen suchtkranken Eltern und deren Kleinkindern im Rahmen von kostenlosen Kursen genau dies trainieren - mit sehr gutem Erfolg. Derart bestehende Best-Practice-Beispiele und erfolgreiche Pilotprojekte werden nun erhoben und sollen in Oberösterreich implementiert werden.

Suchtkranke Menschen brauchen zudem sowohl sozialarbeiterische Unterstützung als auch gesundheitliche Behandlung (Psychiatrie, Pflege, ...), die weiter forciert werden soll. Denn es geht um Menschen, die meist sowohl drogenabhängig sind, als auch an anderen psychischen Erkrankungen, wie etwa Depressionen, Traumata, Angststörungen, bipolare Störung oder Schizophrenie leiden. Die Betroffenen können sich oft, auch wenn sie motiviert sind, weder sozial integrieren (Obdachlosigkeit) noch eine regelmäßige Betreuung in einer Beratungsstelle in Anspruch nehmen. Die erforderliche Tagesstruktur sollte bestehen aus Arbeit (handwerkliche Tätigkeit), Beratung (bezüglich Arbeitssuche oder weiterführende Behandlung) und sonstigen Aktivitäten (z.B. gemeinsames Kochen und Essen).

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