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Diesterwegschule goes Valencia: Ein Projekt mit nachhaltiger Wirkung

Anna Fessler, 25.06.2025 10:00

LINZ. Was ein Schulprojekt an der NMS 11 in Linz bei den Teilnehmenden bewirken konnte und warum es für Bildungsgerechtigkeit mehr braucht als engagierte Lehrer.

Dreißig Schüler der NMS 11 konnten am Erasmus Plus-Projekt in Valencia teilnehmen. (Foto: NMS 11)
  1 / 4   Dreißig Schüler der NMS 11 konnten am Erasmus Plus-Projekt in Valencia teilnehmen. (Foto: NMS 11)

Was macht es eigentlich mit dem Selbstbewusstsein von Schülern, die in den Medien immer wieder lesen, dass sie eine „Brennpunktschule“ besuchen? Und wie könnte man stattdessen junge Menschen, die sozioökonomisch benachteiligt sind, fördern, und ihren Selbstwert stärken? In der NMS 11 Diesterwegschule wollte eine besonders engagierte Lehrerin Antworten darauf finden. Sara Niccolai unterrichtet Englisch und Sport an der Diesterwegschule und hatte die zündende Idee zu einem Schulprojekt im Ausland. Sie stand aber vor einem Problem: Für die meisten Familien in der Klasse wäre das nicht leistbar gewesen.

Niccolai ließ sich davon aber nicht abbringen und stieß bei ihren Recherchen auf das EU-Förderprogramm Erasmus Plus. Die aufwendige Beantragung wurde belohnt, als eines Tages die Bewilligung ins Haus flatterte. Überglücklich und mithilfe ihrer Kollegen Katrin Berger, Günter Pilz und Verena Zehetner-Engleder konnte Niccolai das Projekt in Spanien umsetzen.

Schüler stellten Kreativität unter Beweis

Auch die Schüler mussten dafür Engagement zeigen und ein Bewerbungs-Video filmen. Einer der Schüler, Blessed, nahm dazu einen Horror-Kurzfilm auf, in dem er sein Wissen über Spanien und die EU unter Beweis stellte. Gerade jene Jugendlichen, die im Schulalltag oft wenig motiviert schienen oder als schwierig galten, lieferten kreative und bewegende Beiträge ab.

Die Freude bei den dreißig ausgewählten Schülern war groß: Für sie ging es nach Valencia, wo sie in einer Partnerschule sprachliche und kulturelle Erfahrungen sammeln konnten. Viel mehr noch: Die Jugendlichen seien über sich selbst hinausgewachsen, berichtet Niccolai. Die Schülerin Mira erzählt: „Ich war vor der Reise eher schüchtern. Und durch diese Valencia-Reise habe ich mich mehr getraut mit fremden Menschen zu reden und bin jetzt auch nicht mehr so schüchtern.“ Ihre Schulkollegin Nadica lernte über sich selbst, dass sie eine offene und kommunikative Persönlichkeit hat.

Alissa und Bryant fanden es spannend, eine andere Kultur kennenzulernen. Auch das war eines der Projektziele: die interkulturelle Kompetenz zu fördern. „Die Schüler haben gelernt, sich in einer fremden Umgebung zurechtzufinden, Verantwortung zu übernehmen und offen auf andere zuzugehen“, sagt Niccolai.

Neue Horizonte eröffnen

Neben gemeinsamen Workshops mit den spanischen Schülern standen auch kulturelle Sehenswürdigkeiten, eine Stadtführung und ein Kochkurs am Programm. Der Besuch des Stadions von Valencia CF war ein weiteres Highlight. „Für viele unserer Schüler war es das erste Mal, dass sie das Meer oder ein Stadion überhaupt gesehen haben. Diese Reise war weit mehr als ein schulischer Ausflug, sie war eine prägende Lebenserfahrung. Viele Kinder kamen verändert zurück: selbstbewusster, offener, motivierter. Erasmus Plus hat unseren SchülerInnen die Tür zu einer Welt geöffnet, die ihnen sonst verschlossen geblieben wäre“, so die Pädagogin.

Oder in den Worten einer Schülerin: „Es war die beste Reise meines Lebens“, sagt Malak.

Keine Bildungsgerechtigkeit in Österreich

Sara Niccolai sagt, ihr sei es ab ihrem ersten Tag an der Schule ein zentrales Anliegen gewesen, den Schülern dieselben Möglichkeiten zu eröffnen, die Jugendliche an Schulen mit besseren Startbedingungen haben. Die Schüler der NMS 11 haben das Glück, engagierte Pädagogen zu haben, die sich dafür einsetzen. Damit Chancengleichheit nicht von Glück abhängig ist, braucht es aber mehr. Denn noch immer entscheiden in Österreich Geld, Bildung und Herkunft der Eltern über den Schulerfolg der Kinder. Zur Behebung des Problems fordert etwa die Arbeiterkammer eine bedarfsorientierte Schulfinanzierung, die weit über bestehende Ansätze wie 100 Schulen – 100 Chancen hinausgeht. Auch über den Begriff „Brennpunktschule“ lässt sich diskutieren: so spricht sich die Organisation für Bildungsfairness „Teach for Austria“ gegen die Verwendung aus. Der Begriff würde Stereotype fördern und eine sich selbsterfüllende Prophezeiung kreieren. Als Alternativen werden etwa Ausdrücke wie „Schulen mit besonderen Herausforderungen“ genutzt. Nicht zuletzt hat das Schulprojekt an der NMS 11 in Linz aufgezeigt, dass sich Jugendliche gerne engagieren, wenn man ihnen eine Perspektive bietet.


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