Der Jägermayrhof: Vom Ausflugsgasthaus zum Bildungshaus mit Geschichte
LINZ. Hoch über der Stadt, am Freinberg, liegt der Jägermayrhof. Heute ist er als Bildungshaus der Arbeiterkammer Oberösterreich (AK OÖ) bekannt, doch seine Geschichte reicht weit in die Vergangenheit zurück und spiegelt zugleich die politischen Umbrüche des 20. Jahrhunderts wider.
Die Arbeiterkammer Oberösterreich eröffnete Ende der 1950er-Jahre im Jägermayrhof ihr eigenes Bildungshaus. Seither nutzt sie damit einen Ort, der auf eine bewegte Vergangenheit zurückblickt. Mitunter erlangte das Haus während der Auseinandersetzungen gegen den Austrofaschismus eine besondere Bedeutung.
Ursprünge als Ausflugslokal
Bereits Darstellungen aus dem 16. Jahrhundert zeigen an der Stelle des heutigen Jägermayrhofes ein Forsthaus, aus dem sich später die Gastwirtschaft „Jägermayrhof“ entwickelte. Erstmals urkundlich erwähnt wurde das sogenannte „Jägermayrhäusl“ im Jahr 1741, als es an das Stift Wilhering verkauft wurde. Im 18. und 19. Jahrhundert war der Jägermayrhof ein beliebtes Ausflugsziel vor den Toren von Linz.
Sogar Franz Schubert soll Gast des Hauses gewesen sein. Ihm wird unter anderem folgendes Zitat zugeschrieben: „Wenn nicht der Jägermayr ein so gutes Bier hätte und auf dem Schlossberg ein passabler Wein zu haben wäre, so müsste ich mich auf der Promenade aufhängen“, wie es in Publikationen der AK OÖ heißt.
Bis heute gilt der Freinberg als Naherholungsgebiet, das Gasthaus mit Blick über die Stadt gibt es jedoch schon lange nicht mehr.
Bürgerkrieg 1934: Schauplatz der Februarkämpfe
Eine besonders dramatische Episode erlebte der Jägermayrhof im Zuge des Bürgerkrieges im Februar 1934. Dass der Bürgerkrieg ausgerechnet in Oberösterreich ausgelöst wurde, ist eigentlich überraschend. Denn Oberösterreich war jenes Bundesland, das bis 1934 am ehesten von einem Weg des Konsenses und der Kooperation der großen politischen Lager gekennzeichnet gewesen war. Während der Auseinandersetzungen zwischen dem sozialdemokratischen Schutzbund und den Regierungstruppen verschanzten sich rund hundert Schutzbündler im Gebäude am Freinberg. Es kam zu schweren Kämpfen, bei denen mehrere Menschen ihr Leben verloren. Das Haus selbst wurde stark beschädigt und ging als wichtiger Schauplatz des Bürgerkriegs in Linz in die Geschichte ein. Durch massiven Beschuss mit Minenwerfern fiel der Jägermayrhof in die Hände der Regierungstruppen, die selbst auf dem Freinberg fünf Tote zu beklagen hatten.
Ein Großteil der Kämpfe in Oberösterreich endeten bereits innerhalb eines Tages, forderten aber auf beiden Seiten Todesopfer. Vier Todesurteile wurden verhängt, von denen zwei vollstreckt wurden, darunter das an Anton Bulgari in Linz. Der Bürgerkrieg markierte das Ende der demokratisch gewählten Landesregierung in Oberösterreich und führte zur Einsetzung einer neuen Regierung unter Heinrich Gleißner.
Vom Gasthaus zum Bildungshaus
Nach dem Zweiten Weltkrieg war der traditionelle Wirtshausbetrieb nicht mehr zu halten. Das Haus diente einige Zeit noch als Flüchtlingslager, bis es 1957 durch die Arbeiterkammer Oberösterreich erworben wurde. Zwei Jahre später wurde der Jägermayrhof als Bildungshaus eröffnet. Damit begann ein neues Kapitel: Der Ort der politischen Kämpfe wurde zu einem Zentrum für Weiterbildung, Diskussion und Begegnung.
Ort der Bildung und Erinnerung
Heute ist der Jägermayrhof ein modernes Seminar- und Bildungshaus mit Tagungsräumen, Gästezimmern und einer lebendigen Veranstaltungs- und Diskussionskultur. Zugleich erinnern Tafeln an die Ereignisse des Jahres 1934 und machen den Jägermayrhof auch zu einem Ort der politischen Erinnerungskultur in Linz.
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