Freispruch für Linzer Pro-Gaza-Radler bestätigt
LINZ. Mit einem Freispruch endete der Prozess gegen jenen 66-Jährigen, der in den vergangenen Monaten mit seinem mit zahlreichen Pro-Gaza- und Anti-Israel-Schildern bestückten Fahrrad immer wieder durch die Innenstadt radelte. Der Staatsanwaltschaft hatte ihm das Vergehen der Verhetzung zur Last gelegt. Die Richterin sprach von einem Grenzfall, entschied sich allerdings dafür, dass die Meinungsfreiheit das Verhalten des Angeklagten gerade noch rechtfertigt.Update: Das Urteil ist rechtskräftig.
Der Staatsanwalt hatte neben dem gesamten Auftreten vor allem kritisiert, dass der 66-Jährige auch vor einer Synagoge demonstriert hatte. Samt Israel-Flagge mit Blut getränkten Händen. Zwischen dem Ankläger und dem Pensionisten entwickelte sich in diesem Punkt ein doch emotionaler Disput. Die Richterin kalmierte den Angeklagten nicht nur einmal. Der Staatsanwalt erinnerte an das Jahr 1938, als die Linzer Synagoge während der Reichspogromnacht zerstört wurde und warf in den Raum, wie sich Nachfahren wohl bei Anblick der Demonstration fühlen müssen.
„Ziviler friedlicher Widerstand“
Der Angeklagte gab unumwunden zu, höchstmögliche Aufmerksamkeit erzielen zu wollen. Bezeichnete seine Aktionen allerdings als „zivilen friedlichen Widerstand“, mit dem er die Öffentlichkeit und die Politik aufrütteln will. Es gehe ihm nicht um Juden, auch nicht um Hass, sondern um die israelische Regierung, die Blut an ihren Händen habe. Immer wieder untermauert er seine Thesen mit Zitaten von Politikern oder auch vom Präsidenten der Israelischen Kultusgemeinde Oskar Deutsch, der in einem ZiB-Interview ausweichend auf die Frage antwortete, ob die Menschen in Gaza hungern.
Nicht gültiger Freispruch
In seinem Schlussplädoyer sprach der Staatsanwalt selbst von einem Grenzbereich, meinte aber, dass man ab einem gewissen Ausmaß Pflöcke einziehen müsse. Denn durch die Proteste könnten auch antisemitische Reflexe bedient werden. Die Verteidigerin verlas diverse sehr deftige Aussagen (“Asylanten sind genetischer Sondermüll“), die in der Vergangenheit zu Verurteilungen wegen Verhetzung geführt hatten und betonte, dass ihr Mandant still protestiert hätte und auch nicht zu Hass aufgerufen hat. Der Protest sei kontrovers und provokant, aber kein Grund für eine Verurteilung. Die Richterin folgte dieser Einschätzung und entschied sich für Freispruch. Da der Staatsanwalt keine Erklärung abgab, ist das Urteil noch nicht rechtskräftig.
Jubelfoto vor dem Gericht
Wurde im Gerichtssaal das Urteil ruhig aufgenommen, ließen sich die rund zwei Dutzend Unterstützer und der 66-Jährige Jubelgesten vor dem Gericht dann doch nicht nehmen. Schließlich war der Angeklagte schon mit seinem berüchtigten Fahrrad mit Schildern mit Aufschriften wie „Gaza - nein zum Völkermord“ oder „Hunger = Mord“ zum Prozess gekommen. Die Aktivisten reihten sich vor dem Landesgericht auf, hoben das Rad auf und posierten für ein Foto.
Update: Das Urteil ist mittlerweile rechtskräftig.
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