Swap-Gutachten: Stadt Linz und BAWAG sehen sich bestätigt
LINZ. Das vom Handelsgericht Wien im März 2015 beauftragte Gutachten durch die Professoren Wystup und Schmidt liegt nunmehr vor. In einer ersten Stellungnahme meint der Linzer Bürgermeister Klaus Luger, dass weder die Rechtsposition der BAWAG noch jene der Stadt Linz vollkommen bestätigt worden wären. Auch die Schadenshöhe kann nicht konkret belegt werden.
Luger weiter: „Es ist schwer verständlich, dass dieser Swap ein Instrument der Optimierung der Zinsendienste gewesen sein soll. Die Gutachter hegen auch Zweifel an der seriösen Beratung durch die BAWAG. Bereits zu Beginn sei die Stadt mit knapp 20 Mio. Euro belastet gewesen. Diese sowie weitere noch im Detail zu behandelnde Auffälligkeiten und Widersprüche werden unsere Anwälte in nächster Zeit bearbeiten. Daran anschließend ergeht eine Stellungnahme an das Handelsgericht“, so das Linzer Stadtoberhaupt. Das Ergebnis der mehr als einjährigen Untersuchung wird seitens der Stadt Linz nun im Detail mit Sachverständigen analysiert.
Es fallen aber schon jetzt einige interessante Details ins Auge. So kommen die Gutachter zum Schluss, dass der Swap, ausgehend von einer fairen Marktwertbetrachtung, bereits einen negativen Anfangswert zulasten der Stadt Linz von knapp 20 Mio. Euro hatte. Damit bestätigen sich die Berechnungen im Rahmen des Strafverfahrens vor dem Landesgericht Linz. Die BAWAG dürfte diesen negativen Marktwert dann genutzt haben, um eine Bankmarge in Millionenhöhe zu verdienen. Gleichzeitig betonen die Gutachter, dass die Stadt Linz aufgrund dieses Effektes schon zu Beginn des Geschäfts Ausstiegskosten von 27 Mio. Euro gehabt hätte.
Nach Meinung der Gutachter hätte bereits bei Abschluss des Swap ein Risikobudget in Höhe von 133 Mio. Euro von der Stadt bei Seite gelegt werden müssen, das war mehr als die zu besichernde Anleihe. Dies ist besonders bemerkenswert und zeigt das Risiko des Swap. Hätte die BAWAG das der Stadt gesagt, wäre es nicht zum Abschluss des für die BAWAG so gewinnträchtigenden Geschäftes gekommen. Wäre Linz nicht eine Kommune, so hätte sie laut Gutachten diesen Betrag sofort bei der BAWAG als Sicherheit erlegen müssen. Das wäre nach Ansicht der Gutachter auch deshalb gerechtfertigt gewesen, weil die Stadt Linz laut Gutachten mit täglichen Schwankungen der Ausstiegskosten von rund 10 Mio. Euro und einer monatlichen Wertschwankung von bis zu 300 Mio. Euro rechnen musste. Der Linzer Finanzreferent, Vizebürgermeister Christian Forsterleitner, sieht sich darin bestätigt, dass „dieser Swap niemals den Vorstellungen der Stadt als klassisches Zinssicherungsgeschäft entsprochen hat.“
Entgegen dem Landesgericht Linz, das im Strafverfahren den Swap wegen seines exorbitanten Währungsrisikos als für Kommunen generell ungeeignet ansah, sind die Gutachter der Meinung, es hätte sich bei ausreichender Risikokontrolle um ein durchaus taugliches Produkt gehandelt. Dieser offenkundige Widerspruch wird noch besonders genau analysiert werden müssen. Allerdings betonen die Gutachter, dass ihnen selbst ein weiteres – tatsächlich – gehandeltes Produkt einer Bank mit der öffentlichen Hand mit den Eigenschaften des Swap 4175 nicht bekannt sei.
Unflexibler Gemeinderat?
Überdies würde die Optimierungseignung – so die Gutachter – naturgemäß voraussetzen, dass eine Kommune überhaupt bereit ist, ein unbeschränktes Währungsrisiko mit monatlichen Schwankungen von mehr als 100 Mio. Euro als Mittel der Portfoliooptimierung einzugehen. Bei möglichen Ausstiegskosten von maximal 1,5 Mio. Euro, wofür es im Gemeinderat einer Zweidrittelmehrheit bedarf, hätte der Swap jedenfalls nicht abgeschlossen werden dürfen.
Nach Meinung der Gutachter hätte es einer täglichen Kontrolle des aktuellen Marktwerts des Swap, und das zu fairen Marktpreisen, bedurft. Derartige faire Marktpreise wurden – wie die Gutachter ebenfalls festgestellt haben – der Stadt Linz von der BAWAG allerdings niemals zur Verfügung gestellt. Abgesehen davon hat die BAWAG ihre Berechnungen anfangs nur vierteljährlich und dann monatlich bekannt gegeben, was allerdings sinnlos war, weil die Wertschwankungen des Swap innerhalb eines Monats einen Betrag von 100 Mio. Euro übersteigen konnten und auch überstiegen haben. Die Stadt hätte für diese tägliche Kontrolle etwa einen „Puffer“ von 10 Mio. Euro festlegen können, bei dessen Überschreitung die Stadt hätte aussteigen müssen, laut Gutachten sind in diesem Fall die Ausstiegskosten mindestens mit 25 Mio. Euro zu veranschlagen. Nicht einmal dieses Risikobudget, also der Puffer von 10 Mio. Euro, hätte ausgereicht, um bei Vertragsabschluss wieder auszusteigen. Nach Meinung der Gutachter wäre aber auch ein Ausstieg mit einer höheren Schwelle, etwa einem Verlust von 30 oder 50 Mio. Euro denkbar gewesen. Dann hätte der Gemeinderat für eine solche Entscheidung jedoch nur einen Zeitraum von maximal einer Stunde gehabt. Die Einhaltung solcher Rahmenbedingungen ist für eine Kommune nicht händelbar.
Schaden nicht konkret belegt
Unklar ist nach wie vor, ob die tatsächlichen bzw. zum Teil virtuellen (fiktiven) Absicherungsgeschäfte der BAWAG bei der Beendigung des Swap tatsächlich der Beseitigung von Marktrisiken der Bank dienten. Die Gutachter konnten nämlich nicht feststellen, ob und in welchem Ausmaß die BAWAG aufgrund des Geschäftes in dessen Verlauf überhaupt Optionen an externe Partner verkauft hat. Soweit es sich bei den geltend gemachten Absicherungskosten lediglich um virtuelle Kosten der Auflösung des von ihr selbst eingerichteten sogenannten Absicherungsportfolios gehandelt hat, haben diese Kosten nach Meinung der Gutachter mit der Stadt Linz nichts zu tun und auch nichts mit echten Kosten oder gar Verlusten der Bank. Das Gutachten berechnet deshalb auch den möglichen Schaden der BAWAG alternativ mit rund 200 Mio. Euro.
Ausschuss tagt am Montag
Der Linzer Bürgermeister Klaus Luger wird am kommenden Montag, 8. August, den so genannten Lenkungsausschuss der Stadt Linz in der Causa Swap einberufen. Neben einer Beurteilung des Gutachtens durch die Linzer Anwälte wird die Beratung der weiteren Vorgehensweise, vor allem die Stellungnahme an das Handelsgericht, im Mittelpunkt der Sitzung des Lenkungsausschusses stehen.
Baier kritisiert Luger
Vizebürgermeister Bernhard Baier übt Kritik an der Informationspolitik des SPÖ-Bürgermeisters: „In einer so zentralen und wichtigen Frage für die Stadt Linz wäre eine unverzügliche Vorlage des Gutachtens samt juristischer Ersteinschätzung absolut notwendig gewesen. Es ist mehr als unprofessionell, dass die Mitglieder des Lenkungsausschusses erst nach der medialen Berichterstattung – und da auch nur einen Teil der Unterlagen – zur Verfügung gestellt bekommen.“
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