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Klaus Luger: „Unsere Speicher reichen für einen Winter ohne Russengas“

Jürgen Affenzeller, 06.07.2022 09:33

LINZ. Im Zentrum des Sommergesprächs mit dem Linzer Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) stehen aktuelle Fragen zur Energieversorgung der Landeshauptstadt, die große Zahl an offenen Fragen rund um die geplante Technische Universität in Linz und der nötige Turnaround der SPÖ auf Landesebene.

Bürgermeister Klaus Luger im Gespräch mit Jürgen Affenzeller (Tips) (Foto: Stadt Linz / Brugger)
Bürgermeister Klaus Luger im Gespräch mit Jürgen Affenzeller (Tips) (Foto: Stadt Linz / Brugger)

Ende 2021 kündigte Luger im Tips-Interview für das Jahr 2022 ein „Linzer Jahr der Weichenstellungen“ an. Dies sei in vielen Teilen auch gelungen, wie der Linzer Stadtchef betont: „Wir haben erste Umsetzungsschritte in der Wasserstoffstrategie initiiert. Das dazugehörige Expertengremium, das bereits arbeitet, ist ganz wichtig, um Linz als Industriestadt in die Zukunft zu führen. Die zweite Weichenstellung ist in der Umsetzung vom Klimaprogramm, das sind etwa Begrünungsmaßnahmen oder der Einstieg in die Photovoltaikoffensive, wo gerade in diesen Tagen erste Wohnobjekte und Unternehmen mit zusätzlichen Photovoltaikanlagen ausgestattet werden. Aber dann ist mit dem Ukraine-Krieg ab 24. Februar ein Ereignis eingetreten, das wir uns alle nicht gewünscht haben. Das hat viele unserer Planungen wieder obsolet gemacht. Wir haben derzeit alle Hände voll zu tun, um die Energieversorgung der Bevölkerung abzusichern.“

Gasausstieg dauert15 bis 20 Jahre

Zwar hätten sowohl die Stadt selbst als auch die Linz AG ohnehin am Radar gehabt, aus dem Gas in der Produktion auszusteigen, jedoch dauert dieser Prozess 15 bis 20 Jahre. „Wir sind derzeit damit beschäftigt, das Gas für die Haushalte einzubunkern. Wir können nur hoffen, dass weiterhin genug Gas für die Industrie zur Verfügung steht, weil es ohne Gas keine Düngeproduktion in der Borealis gibt oder auch keine Stahlproduktion in der voestalpine“, so Klaus Luger.

Luger hält auch den Notfallplan der Regierung für nicht ausreichend. „Es gibt keine Struktur in Österreich, die das wirklich absichert. In Wirklicheit zeigt die Krise, dass das Klimaministerium völlig überfordert ist. Zu glauben, man kann russisches Gas durch jenes aus Saudiarabien oder aus den Emiraten, wo die Menschenrechte genauso verletzt werden, ersetzen, wundert mich gerade von Grünen, dass das so sang- und klanglos zur Kenntnis genommen wird.“

Lugers Forderung: „Am gescheitesten wäre es, wenn die gesamte Energieversorgung beim Verbund angesiedelt wird, weil man jetzt schon merkt, dass die Industrie nicht abgesichert wird von der Bundesregierung. Beim Strom ist es besser, auch durch die Wasserkraft, aber hier muss der Verbund für gesamt Österreich die Stromversorgung sichern. Ich möchte das nicht der ÖMV geben, weil die gehört bekanntlich einem ausländischen Eigentümer, das muss eine staatliche Struktur sein, die sich um unser Gas kümmert. Das Verbund-Management hat bewiesen, dass sie diesen Auftrag erfüllen kann. Derzeit ist die Verantwortlichkeit bei der ÖMV, das ist ein börsennotierter Multi-Konzern.“

„Hände weg von einem Gasembargo“

Was das Heizen oder den Strom in Privathaushalten betrifft, kann Luger die Linzer beruhigen: „Wir haben schon über 62 Prozent der Speicher bei der Linz AG voll, wir füllen sie systematisch auf. Wir haben, was die Privathaushalte betrifft, genug Gas in den Speichern für einen Winter ohne Russengas. Allerdings nur für einen, nicht für fünf. Aber es muss derzeit niemand akut Angst haben, dass er friert oder im Winter kein warmes Wasser mehr hat.“

Die aktuelle Entwicklung zeige dennoch auf, dass man mittelfristig von russischen Gaslieferungen abhängig sein wird: „Deshalb Hände weg von einem Gasembargo, weil das verheerend für Deutschland und Österreich ist und am Schluss freuen sich wieder nur chinesische und amerikanische Unternehmen, die die Machtlücke in der Stahlindustrie und Chemieproduktion abdecken können. Weil die genug eigenes Gas haben. So brutal es klingt, aber der Ukraine-Krieg bestätigt unsere Linie, dass wir in der Industrie auf grünen Wasserstoff umsteigen wollen.“

TU wirft viele Fragen auf

Rund ein Jahr vor dem geplanten Studienbeginn wirft auch die Technische Universität, die am Campus der JKU in Urfahr angesiedelt werden soll, viele Fragen beim Linzer Stadtchef auf: „Es ist nicht einmal klar, was jetzt wirklich dort für Inhalte gelehrt werden. Ein Jahr vor Studienbeginn wird die Liste an offenen Fragen immer länger, gleichzeitig die Antworten immer knapper. Es wäre wirklich die Riesenchance gewesen, die Region mit einem Knaller zu positionieren, aber was derzeit bekannt ist, ist eher umstritten. Es fehlt noch die 15a-Vereinbarung und auch die Finanzierung ist eine Mogelpackung.“

Durch die Geheimniskrämerei und diese Nichteinbindung so Vieler leidet das Projekt schon. „Es geht primär um Marketing-Auftritte von ÖVP-Vertretern, damit vertut man eine Chance. Ein großes Projekt wie dieses kann man nur in einer Breite unter Einbindung vieler Stakeholder gelingen.“

Nötiger Neustart der SPÖ in Oberösterreich

Die neue Parteiführung mit dem designierten Chef Michael Lindner und dem neuen Landesgeschäftsführer Florian Koppler habe laut Luger den Ernst der Lage für die SPÖ erkannt: „Es gibt nichts zu beschönigen am Zustand der SPÖ in Oberösterreich. Mit 18 Prozent bei der letzten Wahl und in den Umfragen derzeit auch nicht viel besser, muss mit Herbst tatsächlich ein Aufbruch und ein Neustart erfolgen. Alle Neuen und auch die Etablierten haben erkannt, dass man eine Gesamtstrategie für die SPÖ braucht, dass Befindlichkeiten ein schlechter Ratgeber sind und dass ein bezirksweises Ausspielen gegeneinander oder Ausgrenzung einer Gruppe wie der FSG schlichtweg der Untergang dieser Partei sind. Man sieht in Vorarlberg oder Tirol, wie weit eine Sozialdemokratie tatsächlich sinken kann. Oberösterreich ist sehr lange am Weg Richtung Vorarlberg gewesen und ich glaube, dass wir da den Turnaround schaffen und es mit einer erkennbaren Linie, die Klimaschutz und Industrie in den Fokus stellt, die eine gesellschaftliche Gerechtigkeit mit gleichen Chancen für Frauen in den Vordergrund stellt und die eine modernere Kinderbetreuung einfordert.“

Nachsatz: „In Oberösterreich regiert eine Partei, die nicht einmal 40 Prozent der Stimmen hat aber sich 100 Prozent der Macht gesichert hat. Wir sind eine moderne, liberale Alternative dazu und müssen dabei auch ausgelatschte Pfade verlassen.“


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