
LINZ/OÖ. Die Errichtung des Campusgebäudes der Medizinischen Fakultät in Linz war Gegenstand einer Initiativprüfung des Landesrechnungshofes. Ergebnis: Der Bau wurde innerhalb des Zeitplans und der Kosten umgesetzt, der Rechnungshof ortet jedoch bei Finanzierungs-Details in der Zukunft noch Nachschärfungs-Bedarf.
Im Rahmen einer Art 15a Vereinbarung verpflichtete sich das Land OÖ gegenüber dem Bund, die bauliche Infrastruktur für den Betrieb einer medizinischen Fakultät an der Johannes Kepler Universität bereitzustellen. Der Campus der Medizinischen Fakultät der Kepler Universität Linz wurde im Herbst 2021 nach dreieinhalbjähriger Bauzeit eröffnet.
Vom Landesrechnungshof heißt es über die abgeschlossene Initial-Prüfung im Original-Wortlaut folgendermaßen:
Das Projekt wurde wie geplant umgesetzt, Teile der zukünftigen Finanzierungsmodalitäten sind jedoch noch zu klären. Die Errichtungskosten unterschreiten aktuell den bewilligten Kostenrahmen von 115,7 Mio. Euro, allerdings steht noch eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichts zur Umsatzsteuerbefreiung aus. Ein möglicher Entfall des Vorsteuerabzugs würde den Finanzbedarf um mehr als 20 Mio. Euro erhöhen und den Kostenrahmen somit sprengen.
Ergänzungen der Mittelfristigen Finanzvorschau sind daher zu prüfen. Ebenfalls zu verbessern ist die Kostendarstellung. Bei der Ausschreibung von Planungs- und Projektmanagementdienstleistungen sollte auf branchenübliche Leistungsmodelle zurückgegriffen werden, um Mehrfachverantwortlichkeiten zu verhindern. Zudem sollte im Vergabeprozess die Angebotsprüfung bei Auffälligkeiten nachgeschärft werden, um mögliche Preisabsprachen zu erkennen.
Neubauten und Sanierungen waren notwendig
Für den Betrieb der medizinischen Fakultät waren Neu-, Ergänzungs- und Umbauten mit rund 12.500 m2 Nutzfläche notwendig. Diese wurden in vier Baukörpern auf dem Areal des Kepler Universitätsklinikums errichtet. Laut Nutzungsvereinbarung mit dem Land OÖ vom Mai 2016 werden sowohl die neu zu errichtenden Flächen des Campusgebäudes als auch angemietete Flächen auf die Dauer des Bestehens der Medizinischen Fakultät bis Ende 2027 unentgeltlich zur Verfügung gestellt.
„Ab 2028 muss die Johannes Kepler Universität die Erhaltungs- und Reinvestitionskosten einschließlich allfälliger Mieten an die Kepler Universitätsklinikum GmbH bezahlen“, erörtert LRH-Direktor Rudolf Hoscher. Auch die Betriebskosten trägt die Johannes Kepler Universität.
Unklare „JKU-Rücklage“
Zudem stellt das Land OÖ der Kepler Universitätsklinikum GmbH im Rahmen einer Finanzierungsvereinbarung rund 60,2 Mio. Euro bis Ende 2027 für „allfällige Erhaltungs- und Reinvestitionskosten“ zur Verfügung. Nicht verbrauchte Mittel davon sind Ende 2027 direkt an die Johannes Kepler Universität zu überweisen. „Der Zeitpunkt bzw. die konkreten Modalitäten der Überweisung dieser ‚JKU-Rücklage‘ sind noch nicht geregelt; das sollte die Kepler Universitätsklinikum GmbH in Abstimmung mit dem Land OÖ klären“, sagt der LRH-Direktor.
Der Bund stellte im Budgetpfad der Art. 15a Vereinbarung sowohl die festgelegte Gesamtsumme von rd. 224,9 Mio. Euro (Preisbasis 2014) als auch die Investitionssumme für den „Erstinvest Gebäude“ von rd. 105,4 Mio. Euro (Preisbasis 2014) brutto inkl. Umsatzsteuer dar. Die Kepler Universitätsklinikum GmbH und das Land OÖ gingen im Rahmen der Finanzierungsvereinbarung davon aus, dass die Möglichkeit eines Vorsteuerabzugs besteht. Aktuell steht eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichts zur Umsatzsteuerbefreiung an.
Fehlende Umsatzsteuerbefreiung würde Kosten deutlich erhöhen
„Ein negativer Bescheid würde die Projektgesamtkosten um mehr als 20 Mio. Euro erhöhen, die das Land OÖ budgetär bedecken müsste“, erklärt Hoscher. Diese stünden in Folge dem Land OÖ nicht mehr zur Verfügung. Zum Ende der Prüfung prognostizierte die Projektsteuerung Gesamtkosten von rd. 108,0 Mio. Euro netto. Bei einem Vorsteuerentfall würden sich die Gesamtkosten aber auf über 130 Mio. Euro brutto erhöhen und somit den Kostenrahmen überschreiten.
Die Mittelfristige Finanzvorschau stellt aktuell lediglich das valorisierte Budget dar. Eine aus der aktuellen Kostenverfolgung abgeleitete Prognose der tatsächlich zu erwartenden Errichtungskosten („aktuelle Kostenvorschau“) als Vergleichswert zum Budget ist nicht enthalten. Der LRH empfiehlt daher, entsprechende inhaltliche Ergänzungen der Mittelfristigen Finanzvorschau zu prüfen.
Verbesserungspotential in den Projektmanagement- und Vergabeprozessen
Organisatorische und terminliche Defizite des Generalplaners sorgten seit Baubeginn für Konflikte zwischen der Kepler Universitätsklinikum GmbH und dem Generalplaner. Die Auffassungsunterschiede wurden im Frühjahr 2018 beigelegt und die Zusammenarbeit einvernehmlich fortgeführt. Zudem bestanden Überschneidungen in den Leistungsbildern der Projektsteuerung, der Örtlichen Bauaufsicht und der begleitenden Kontrolle – z. B. bei der Überprüfung von Mehrkostenforderungen. Diese Prozesse wurden im Bauablauf adaptiert.
„Künftig sollten schon bei der Ausschreibung von Planungs- und Projektmanagementdienstleistungen branchenübliche Leistungsmodelle zum Einsatz kommen, um Mehrfachverantwortlichkeiten zu verhindern“, erörtert der LRH-Direktor. Dadurch werden klar geregelte Verantwortlichkeiten, z. B. beim Nachtrags- oder Mehrkostenmanagement, geschaffen.
ÖVP: „Auf Oberösterreich ist Verlass“
Die Reaktion von OÖVP-Klubobmann Christian Dörfler:
„Die Gründung der Medizinischen Fakultät im Herbst 2014 war ein Meilenstein und ist eines der wichtigsten Projekte zur Sicherung unserer Gesundheit. Die klügsten Köpfe Oberösterreichs werden dadurch direkt in Linz zu Ärzten ausgebildet. Derzeit stehen 310 Ausbildungsplätze in Linz zur Verfügung. Der Landesrechnungshof bestätigt nun die wichtigen Investitionen des Landes und des Bundes in die Gesundheit. Die Errichtung des Campusgebäudes der Medizinischen Fakultät war mustergültig. Das Zukunftsprojekt wurde innerhalb des Zeitplans und der Kosten umgesetzt.“
„Die Empfehlungen des Landesrechnungshofs betreffen finanztechnische Details. Sie werden angenommen und bei zukünftigen Projekten berücksichtigt.“
FPÖ: „Ein notwendiger erster Schritt“
„Die Errichtung einer eigenen medizinischen Fakultät in OÖ war ein notwendiger erster Schritt für die Sicherstellung der Gesundheitsversorgung. Mit den Medizinstudium-Plätzen im eigenen Bundesland wurde eine langjährige freiheitliche Forderung umgesetzt. Es ist daher erfreulich, dass der LRH für die organisatorische Abwicklung eine gute Note ausgestellt hat“, kommentiert Klubobmann Herwig Mahr den heute veröffentlichten Bericht des Landesrechnungshofes (LRH) über die Errichtung der Campusgebäude für die medizinische Fakultät der JKU zusammen.
„Wir sehen dies auch als wichtige Maßnahme gegen den akuten Ärztemangel“, betont Mahr, der sich weiterhin für die Abänderung der Quoten-Regelung starkmacht, wonach nur 75 Prozent der Studienplätze Österreichern zufallen. „Die Österreicher-Quote muss zumindest auf 90 Prozent angehoben werden, damit wir ausreichend heimischen Ärztenachwuchs ausbilden können. Zudem sollen auch Stipendien für Medizinstudenten ausgeweitet werden, die sich für eine langjährige Tätigkeit in Österreich verpflichten.“
SPÖ: „Gut Ding braucht Weile“
Für SPÖ-Kontrollausschusssprecher Peter Binder bestätigt der heutige Bericht des Landesrechnungshofes zur Errichtung des Medizinischen Fakultät, dass gut Ding eben Weile braucht: „Von der 15a-Vereinbarung über die Finanzierung der Medizinischen Fakultät an der Uni Linz 2014 bis zur Übergabe des Gebäudes am 30. Juni 2021 hat es immerhin 7 Jahre gebraucht, dafür ist aber alles reibungslos abgelaufen. Das belegt, dass ein solches Jahrhundertprojekt für eine gute Entwicklung eben neben einem tagfähigen Konzept, einer durchdachten Planung ebenso seine Zeit braucht. Landeshauptmann Stelzer sollte das in Sachen Digital-Uni beherzigen und das Projekt umgehend zurück an den Start schicken“.
GRÜNE: „Beispielgebend für andere Bildungsprojekte“
„Die Umsetzung der Med-Fakultät ist im Großen und Ganzen gut gelaufen. Das ist die grobe Zusammenfassung des LRH-Berichts, der dem Med-Campus grundsätzlich ein gutes Zeugnis ausstellt. Dies zeigt, dass ein derartiges Riesenprojekt gelingt, wenn es gut vorbereitet ist und alle Player an einem Strang ziehen. Ein derartiges Vorgehen sollte auch Beispielswirkung für andere Bildungsprojekte haben, allen voran die geplante Digital-Uni“, kommentiert der Grüne Klubobmann LAbg. Severin Mayr den Bericht. „Die Med-Fakultät war und ist als ein Hebel gegen den immer bedrohlicheren Ärzte-Mangel gedacht. Ob Mediziner nach dem Studium hier im Land bleiben und vor allem als Allgemein-Mediziner tätig werden, hängt von mehreren Faktoren ab und sicherlich nicht alleine von der Med-Fakultät. Aber durch Anreizsystem und mehr Schwerpunktbildungen kann und muss sie einen zentralen Beitrag leisten, diesem Mangel entgegenwirken“, betont Mayr.
NEOS: „Vieles wäre für das IDSA ratsam“
NEOS-Oberösterreich Klubobmann und Obmann Kontrollausschuss Felix Eypeltauer: „Der Bericht des Rechnungshofes zeigt: Wenn derlei Großprojekte vernünftig aufgezogen werden und die relevanten Stakeholder von Vornherein einbezogen sind, kann ein in den meisten Bereichen nachhaltig sinnvolles Projekt entstehen. Einzig rund um die Unsicherheit bezüglich des Vorsteuerabzugs muss jetzt die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts abgewartet werden und dann Lehren daraus gezogen werden. Vieles vom Vorgehen bei der Umsetzung bei der Medfakultät wäre auch rund um das IDSA ratsam gewesen.“