Nach Kritik an Sozialhilfebehörde: Stadt Linz setzt künftig auf sensiblere Vollzugspraxis
LINZ. Nach dem Protest von 23 Sozialorganisationen gegen die Vollzugspraxis der Sozialhilfe in Linz im Dezember 2023 und mehreren Medienberichten über Einzelschicksale gibt es nun Änderungen bei der Behörde: Betroffene bekommen persönliche Termine beim Sachbearbeiter, die Zumutbarkeit bei Unterhaltsforderungen soll gründlicher geprüft werden.
Nach Protesten von Linzer Sozialorganisationen im Dezember 2023 kündigte der Direktor für Soziales, Jugend und Familie Helmut Mitter Verbesserungen an. Man wolle auf die Kritik, soweit nachvollziehbar, eingehen. Dennoch wandten sich in den darauffolgenden Monaten mehrere Sozialorganisationen an Tips, um auf Einzelschicksale aufmerksam zu machen. Auch die Oberösterreichischen Nachrichten berichteten verstärkt über das Thema.
Neue Dienstanweisung
Nun hat der Magistrat offenbar Konsequenzen gezogen: Laut Magistratsdirektorin Ulrike Huemer wurde die Vollzugspraxis nach mehreren Dienstbesprechungen durch eine neue Dienstanweisung angepasst. Dem vorausgegangen seien intensive Auseinandersetzungen mit dem Bundesgrundsatz- und dem Ausführungsgesetz des Landes zur Sozialhilfe.
Persönlicher Termin, Mitarbeiter wurden sensibilisiert
Konkret kann nun jeder Betroffene einen persönlichen Termin mit dem zuständigen Sachbearbeiter vereinbaren. Diese Möglichkeit gab es bisher in der Erstanlaufstelle ohne Terminvereinbarung, oftmals sei aber noch ein weiteres Gespräch gewünscht, daher die Adaptierung. Was die Verfolgung von Unterhaltsansprüchen betrifft: hier wurden laut Huemer die Mitarbeiter sensibilisiert, die Fälle noch gründlicher und mit Augenmaß im Hinblick auf Unzumutbarkeit und Aussichtslosigkeit zu prüfen.
„Haben einen guten Vollzugsweg gefunden“
„Das Gesetz ist grundsätzlich sehr restriktiv, aber wenn zum Beispiel psychische Erkrankungen vorliegen und die Verfolgung zu einer tiefen Zerrüttung führen würde, die den psychischen Zustand verschlechtern könnte, dann kann etwa Unzumutbarkeit angenommen werden. Hier haben wir einige Beispiele in der Dienstanweisung dargelegt. Es muss aber im Einzelfall glaubhaft gemacht werden und es muss gut dokumentierbar sein. Für diese Fälle wurden auch die beratenden Sozialvereine sensibilisiert, Klientinnen gegebenenfalls bei der Glaubhaftmachung zu unterstützen.“, so Huemer. Generelle Vollzugsleitfäden des Bundes oder des Landes würden fehlen, auch liege keine entsprechende Judikatur der Gerichtshöfe vor. Dennoch habe man nun einen guten Vollzugsweg gefunden.
Am Dienstag, 2. April habe es Treffen mit Sozialdirektor Mitter und Vertretern der Sozialplattform OÖ und der Caritas gegeben, bei dem vereinbart wurde, dass man weiterhin „im guten Gespräch und Austausch“ bleibe.
Sozialorganisationen: Vertreter bestätigen gute Gesprächsbasis und freuen sich über die Änderungen
Josef Pürmayr, Geschäftsführer der Sozialplattform OÖ, spricht von einem konstruktiven Gespräch, bei dem man über die Änderungen informiert wurde. Einige Verbesserungen habe es schon im Jänner gegeben, so habe die Behörde die Zahl der geforderten Bewerbungsschreiben auf ein verträgliches Maß reduziert. Auch sehe er positiv, dass nun zuerst die geringstmöglichen Sanktionen verhängt werden und die Streichung der Sozialhilfe nur die letztmögliche Konsequenz sein soll. Die Sozialplattform sei sehr interessiert an einem regelmäßigen Austausch.
Michaela Haunold, Stellenleiterin bei der Caritas OÖ, bestätigt ebenfalls, dass man mittlerweile eine gute Gesprächsbasis habe, die Verbesserungsvorschläge der Sozialorganisationen seien „angekommen“. Die geforderte Zahl der Bewerbungen werde nun mehr auf die individuellen Umstände angepasst, beim Sachbearbeiter bekommen Betroffene Termine. Was die Verfolgung von Unterhaltsansprüchen angeht, sei der Ablauf nun klar geregelt, für beide Seiten. „Wir wissen jetzt, was wir wohin schicken sollen“, sagt Haunold über die Unterstützung der betroffenen Klienten. Die Anpassung der Vollzugspraxis sei deshalb so wichtig gewesen, „weil die Sozialhilfe für unsere Klienten wirklich das letzte Auffangnetz darstellt.“
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