Grüner Weldschek: "Wir haben ein Grundrecht auf Privatsphäre"
PÖCHLARN. Mit Lorenz Weldschek schicken die regionalen Grünen einen Jungpolitiker ins Rennen. Sein Ziel ist es, möglichst viele Vorzugsstimmen zu holen.
Tips: Warum sind Sie in die Politik gegangen? Und wie gut stehen Ihrer Meinung nach die Chancen, dass Sie tatsächlich in den Nationalrat einziehen?
Weldschek: Ich bin in die Politik gegangen, um nachhaltige, bürgernahe Politik zu machen. Da es hier um ein Grundmandat geht, wären ca. 25.000 Stimmen nötig, um in den Nationalrat einzuziehen. Bei der letzten Wahl erreichten wir im Mostviertel 14.495 Stimmen – diese Anzahl wollen wir auch bei dieser Wahl wieder zu erreichen.
Tips: Sollten Sie den Einzug in den Nationalrat schaffen: Welche Maßnahme würden Sie gerne als Erstes setzen?
Weldschek: Die Regierung erwähnte, dass es ohne Sicherheit keine Freiheit gäbe und dass Sicherheit nur durch lückenlose Überwachung möglich ist. Durch Vorratsdatenspeicherung 2.0 und Bundestrojaner verlieren wir Grund- und Menschenrechte. Die Behörden sollen ihre Ressourcen nutzen, anstatt unbescholtenen Bürgern die Privatsphäre zu nehmen.
Tips: Niederösterreichweit treten zehn Parteien beziehungsweise Listen an. Warum sollte man daher gerade Ihre Partei wählen?
Weldschek: Gerade wir Grünen setzen uns aktiv dafür ein, die Klimakrise durch nachhaltige Strategien zu verhindern. Ebenso sind wir eine Partei, für die Grund- und Menschenrechte wie Datenschutz/Netzneutralität und Privatsphäre nicht verhandelbar sind und stellen somit den Schutz der Bürger vor dem Staat an oberste Stelle.
Tips: Ein großes Thema ist die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Speziell für den Bezirk Melk: Wo sehen Sie hier Chancen beziehungsweise wie können im ländlichen Raum neue Jobs entstehen?
Weldschek: Durch sinnvolle gemeindeübergreifende Programme kann vor allem im ländlichen Raum die Wirtschaft belebt werden. Auch ein etwaiger InterCity-Halt in Pöchlarn würde die regionale Wirtschaft stärken und zusätzliche Arbeitsplätze bringen.
Tips: Migration, Asylwesen und Integration beschäftigen die Leute seit der Flüchtlingskrise 2015 massiv. Wie ist Ihr Zugang dazu? Hat der Bezirk die „Pflicht“ bei der Zuwanderung erfüllt beziehungsweise was erwarten Sie sich im Hinblick auf die Integration?
Weldschek: In Niederösterreich sind zurzeit weniger als 10.000 Asylwerber in mehr als 600 Quartieren untergebracht. Hier ist es vor allem weiter wünschenswert, dass die Asylwerber in kleinen Quartieren direkt in den Gemeinden unterkommen, um die Integration zu erleichtern.
Tips: Pendeln ist bei den Arbeitnehmern im Bezirk ein zentraler Punkt. Welche konkreten Verbesserungen braucht es im Öffentlichen Verkehr?
Weldschek: Ein großer Vorteil, um das Pendeln zu erleichtern, wäre die Einführung des 365 Euro Jahrestickets in Niederösterreich, sowie ein Ausbau des öffentlichen Verkehrsnetzes abseits der Westbahnstrecke. Auch ein InterCity-Halt in Pöchlarn würde das Pendeln um ein Vielfaches erleichtern.
Tips: In den kommenden Jahren soll eine Lehreroffensive angegangen werden. Was braucht es Ihrer Meinung nach für eine adäquate Ausbildung unserer Kinder?
Weldschek: Das Budget für den Bildungssektor muss erhöht werden, um unseren Schülern und Lehrlingen die optimale Ausbildung zu ermöglichen. Auch die Mindestlehrlingsentschädigung sollte auf 700 Euro pro Monat angehoben werden, um die Arbeit der Lehrlinge gerecht zu entlohnen. Wir müssen hier mit der Zeit gehen und die Schüler und Lehrlinge auf eine digitalisierte Arbeitswelt vorbereiten, zum Beispiel durch Programmierkurse in der Schule.
Tips: Glasfaserausbau ist das zentrale Schlagwort beim Infrastrukturausbau im ländlichen Raum. Genügt das beziehungsweise welche guten Ideen hätten Sie noch?
Weldschek: Um die Wirtschaftsregion Melk beziehungsweise das Mostviertel zu stärken, muss der Glasfaserausbau so schnell wie möglich vorangetrieben werden. Auch muss in den Gemeinden die Nachmittagsbetreuung für Kinder ausgebaut werden, damit beide Elternteile die Möglichkeit haben, arbeiten zu gehen.
Tips: Die Wohnkosten sind für viele Bürger ein Problem. Wie glauben Sie kann man das Mietpreisgefälle Stadt/Land in den Griff bekommen?
Weldschek: Wohnen ist ein Grundbedürfnis und kein Spekulationsgut. Wir brauchen eine Mietzinsobergrenze um den Mietern leistbares Wohnen zu ermöglichen. Gleichzeitig müssen der Wohnbau weiter angekurbelt und die Zweckwidmung der Wohnbauförderung wieder eingeführt werden.
Tips: Im Pflegebereich wird ein massiver Fachkräftemangel prognostiziert. Welche Gegenmaßnahmen haben Sie parat?
Weldschek: Gerade im Pflegebereich braucht es eine Aufwertung der Ausbildung. Außerdem darf es im Pflege- und Sozialbereich zu keinen Budgetkürzungen kommen, da diese finanziellen Einbußen bedeuten, dass Pfleger immer mehr Kunden zu betreuen haben und dadurch die Qualität der Betreuung beeinträchtigt wird.
Tips: Welche europapolitischen Chancen und Möglichkeiten sehen Sie für den Bezirk?
Weldschek: Die Europäische Union hat mehrere Strukturfonds, welche den ländlichen Raum unterstützen. Zum Beispiel der Europäische Landwirtschaftsfond für die Entwicklung des ländlichen Raums oder der Europäische Fond für Regionalentwicklung. Bei diesen Fonds können sich Gemeinden, Vereine und Initiativen mit ihrem regionalen Projekt für eine Förderung bewerben.
Tips: Ein heikles Thema ist der Datenschutz. Der „Bundestrojaner“ kommt bei den Diskussionen immer wieder aufs Tablett. Braucht es eine derart massive Überwachung oder ist weniger mehr?
Weldschek: Nein, wir haben ein Grundrecht auf Privatsphäre, das es zu schützen gilt. Derartig massive Überwachung ist weder notwendig noch zielführend, da Kriminelle einfach auf andere Messengerdienste ausweichen würden. Sinnvoller wäre es, die ausreichenden, bestehenden Möglichkeiten effizienter zu nutzen.
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