
Recep Tayyip Erdogan, der seit 20 Jahren regierende Staatschef der Türkei, gewinnt die Stichwahl. Der 69-Jährige liegt mit 52,16 Prozent deutlich vor seinem Konkurrenten Kilicdaroglu, der 47,84 Prozent erzielte. In Wien kam es nach dem Wahlsieg zu einer Siegesfeier durch türkische Anhänger.
Vor jubelnden Anhängern in Istanbul erklärte Erdogan, er sehe das Ergebnis als Auftrag zur Fortsetzung seiner Präsidentschaft. Die Wahl verlief jedoch nicht ohne Kritik. Voreingenommenheit der Medien und Einschränkungen der Meinungsfreiheit, die zu ungleichen Wettbewerbsbedingungen führten, wurden durch Wahlbeobachter bemängelt. Anhänger einiger Oppositionsparteien waren Einschüchterungen und Schikanen ausgesetzt. Die Beobachter bezeichneten die Stichwahl als „nicht den demokratischen Standards entsprechend“. Auch aus Wien gibt es Kritik: die Siegesfeier führte zu Diskussionen.
Diskussionen wegen Siegesfeier in Wien
Die in Österreich lebenden türkischen Staatsbürger wählten mehrheitlich Erdogan bei der Stichwahl. Nach vorläufigen Zahlen der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu stimmten fast 74 Prozent der rund 108.000 wahlberechtigten Türken in Österreich für Erdogan. In der Nacht auf Montag feierten daraufhin Anhänger des türkischen Präsidenten in Wien. Die Autokorsos, die im Bereich um den Reumannplatz stattfanden, führten zu erheblichen Verkehrsbehinderungen. Kritik gab es hierfür von den Parteien, die ÖVP forderte Maßnahmen gegen Abschottung und Gewaltprävention und die FPÖ kritisierte die Massenmigrationspolitik der Stadt. Innenminister Karner und Integrationsministerin Raab verurteilten importierten Nationalismus und betonten die Bedeutung des Respekts vor demokratischen Rechtsstaaten.
Internationale Reaktionen auf Erdogans Sieg
Neben kritischer Stimmen gab es auch internationale Gratulationen für Erdogan. Russlands Präsident Wladimir Putin bezeichnete Erdogan als „lieben Freund“ und sah das Wahlergebnis als Bestätigung für eine „unabhängige Außenpolitik“. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hofft auf eine gemeinsame Stärkung von Sicherheit und Stabilität in Europa durch die strategische Partnerschaft zwischen der Ukraine und der Türkei. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel äußerten ihre Freude über den Ausbau der Beziehungen zwischen der EU und der Türkei. Einige europäische Politiker äußerten jedoch Bedenken. Der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber, sprach sich dafür aus, den EU-Beitrittsprozess mit der Türkei zu beenden. Weber betonte, dass eine Vollmitgliedschaft der Türkei weder von der Türkei noch von der EU gewünscht sei und eine enge Partnerschaft ausreiche.
Erdogans umstrittene Herrschaft
Trotz der verheerenden Wirtschaftskrise und des kritisierten Krisenmanagements konnte Erdogan seine Anhänger mobilisieren. Kritiker werfen ihm vor, das Land mit harter Hand zu regieren und in den letzten zwei Jahrzehnten in eine Autokratie geführt zu haben. Kilicdaroglu hatte im Falle eines Wahlsiegs die Wiederherstellung der Demokratie und die Abschaffung des von Erdogan eingeführten Präsidialsystems angekündigt. Er rief die Bürger dazu auf, für echte Demokratie und Freiheit zu stimmen und die autoritäre Regierung zu beenden.