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Gendermedizin: Wo ungleiche Behandlung gerecht ist

Tips Logo Kern Kerstin, 02.11.2023 11:58

OÖ. In der Gesellschaft kämpfen Frauen um Gleichstellung, die Medizin wiederum sollte gezielt unterscheiden. Faire Behandlung bedeutet dabei, individuell auf den Patienten abgestimmt zu handeln und zu behandeln.

Anna Maria Dieplinger leitet das Kompetenzmanagement Gesundheits- und Sozialberufe der Oberösterreichischen Gesundheitsholding und ist Expertin für Gendermedizin. (Foto: Weihbold)

Die Annahme, der Herzinfarkt sei ein „männliches“ Phänomen, ist weit verbreitet, stimmt so aber nicht. Frauen sind ebenso betroffen, nur äußern sich die Anzeichen anders. Von abweichenden Symptomen, Nebenwirkungen von Arzneimitteln bis hin zu Prothesen oder Airbags in Autos, die Medizin ist auf den Mann ausgerichtet.

Langsame Schritte

Der Medikamentenforschung fehlt es an geschlechtsspezifischen Studiendesigns, die Frauen von Anfang an einschließen. Ein gesetzlicher Rahmen dafür fehlt. Hormonelle Schwankungen begründeten lange, warum Frauen in Medikamentenstudien als weniger zuverlässig galten, die Auswirkungen auf den Frauenkörper blieben somit außen vor. Anna Maria Dieplinger, von der OÖ Gesundheitsholding beobachtet, dass es nur langsam vorangeht: „Ich habe 2007 mein erstes Buch herausgegeben, es hat sich nichts geändert, 2010 den Frauengesundheitsbericht, es hat sich nichts geändert. Der Durchbruch ist noch immer nicht da, weil traditionelle Medizin vorherrscht“. Und das, obwohl Österreich im EU-Vergleich in der Gendermedizin Vorreiter ist.

Strukturelle Unterschiede

Gendermedizin unterscheidet nicht nur nach physischen Unterschieden zwischen Mann und Frau, auch die Rolle in der Gesellschaft wirkt auf die Gesundheit. „Viele sagen, ich habe kleine Kinder, ich kann nicht auf Kur für drei Wochen. Viele Frauen haben keine Entlastungsmöglichkeiten oder gestehen sie sich selber nicht zu.“

An der FH für Gesundheitsberufe sowie der JKU Linz steht Gendermedizin auf den Lehrplänen. „Bei der Gesundheitslandesrätinnenkonferenz haben wir gefordert, sich für die gesetzliche Verankerung von Gendermedizin einzusetzen“, heißt es seitens des Landes.

Weibliche Überlastung

Frauen leisten in Österreich die Mehrheit der unbezahlten Care-Arbeit, auch die Kinderbetreuung geht weitgehend von Müttern aus. Gleichzeitig verdienen Frauen im Schnitt um 16,9 Prozent weniger als Männer. Seit dem Equal Pay Day am 15. Oktober arbeiten Oberösterreicherinnen den Rest des Jahres de facto unbezahlt.

Dieplinger rät Frauen, „zu überlegen, warum ist die Situation gerade so? Wie schaut es mit meiner Überlastung aus? Kann ich Aufgaben abgeben? Und fest einzufordern, dass wir gleich viel verdienen. Wir müssen unsere Mädchen und Burschen auch dahingehend erziehen, dann haben wir eine Perspektive“.


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