OÖ. Zwei Drittel der Beschäftigten in systemrelevanten Berufen sind weiblich. Das zeigt eine Auswertung des Österreichischen Arbeitsklima Index der Arbeiterkammer (AK) Oberösterreich. Die Wertschätzung für die geleistete Arbeit spiegelt sich allerdings nicht im Gehalt wider.
Die Corona-Pandemie macht deutlich, dass vor allem Frauen das Land und die Wirtschaft am Laufen halten. Zwei Drittel der insgesamt einer Million Menschen in systemrelevanten Berufen österreichweit sind weiblich, informiert die AK OÖ. Dazu zählen etwa Krankenpflegerinnen, Ärztinnen, Handelsangestellte, Lehrerinnen und Reinigungskräfte. Um Arbeit, Haushalt und Kinderbetreuung unter den Hut bringen zu können, arbeiten viele von ihnen Teilzeit. Das bewahrt sie aber nicht vor unregelmäßigen Arbeitszeiten. Während es in 25 Prozent aller anderen Berufe Gleitzeitregelungen gibt, sind es in systemrelevanten Berufen nur fünf Prozent. Ein Viertel muss Schichtdienste leisten, vier von zehn arbeiten an Samstagen.
Erschwerend hinzu kommt, dass neun von zehn Frauen in systemrelevanten Berufen am gewohnten Arbeitsort tätig sind und nicht ins Homeoffice wechseln können. Dementsprechend fühlen sie sich weniger vor dem Corona-Virus geschützt. „Für ihren mutigen Einsatz und ihre Loyalität unter erhöhtem Ansteckungsrisiko verdienen die Menschen mehr Wertschätzung und echte finanzielle Anerkennung“, hält AK OÖ Präsident Johann Kalliauer fest.
Psychische Belastung und Zeitdruck im Pflegebereich
Besonders belastend sind die Arbeitsbedingungen im Pflegebereich: Knapp die Hälfte der online Befragten nennt die eigene Arbeit psychisch sehr belastend bis belastend, ein Drittel spricht von Zeitdruck, ein Viertel von ständigem Arbeitsdruck und wechselnden Arbeitsabläufen. Auf der anderen Seite sind 88 Prozent mit dem Berufsinhalt sehr zufrieden bis zufrieden, 82 Prozent würden auch wieder im selben Betrieb zu arbeiten beginnen.
In puncto Gehalt verdienen 70 Prozent in systemrelevanten Frauenberufen weniger als 1.800 Euro. Mehr als drei Viertel vermuten, dass sie mit ihrer späteren Pension kaum oder gar nicht auskommen werden. Kalliauer fordert daher mehr Wertschätzung und finanzielle Anerkennung für die Beschäftigten: „Ohne sie wäre es finster in unserem Land, das Gesundheitssystem würde zusammenbrechen, die Versorgung mit lebensnotwendigen Gütern kollabieren. Dass sie dafür Applaus ernten, ist nett. Davon können sie aber nicht leben. Darum ist es höchste Zeit für den Corona-Tausender, eine Erhöhung aller Mindestlöhne auf 1.700 Euro und des Arbeitslosengeldes auf 70 Prozent des Letztbezugs, damit auch jene besser abgesichert sind, die in der Krise ihren Job verloren haben“.
Der Arbeitsklima Index wird seit 23 Jahren, zuletzt zwischen März und Mai, durchgeführt. Er untersucht die Sicht der Beschäftigten, 2020 wurden 1.600 Online-Befragungen um 15 Fragen zur aktuellen Situation erweitert.