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Pensionistenverband OÖ: Gesundheitssystem ist "Akutpatient"

Tips Logo Karin Seyringer, 30.08.2023 12:20

OÖ/LINZ. Der Pensionistenverband (PV) OÖ unter Landespräsidentin Birgit Gerstorfer schlägt Alarm: Die „zugespitzte Lage im Gesundheitsbereich trifft besonders die ältere Generation“. Mit zehn Forderungen will der Pensionistenverband den Zustand verbessern und eine drohende Überlastung des Systems verhindern.

 (Foto: Justyna Kaminska/stock.adobe.com)
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Viele Senioren würden sowohl in den Spitälern als auch im niedergelassenen Bereich nicht mehr die erforderliche Versorgung erhalten, kritisiert der PVOÖ. Auch die Anzahl der gesund verbrachten Lebensjahre ab 65 Jahren sinke in Österreich. „Die Entwicklungen der letzten Monate haben zu einer nochmaligen Zuspitzung der Situation für die von uns vertretenen Mitglieder geführt und bestätigen die Brisanz und Wichtigkeit des Themas“, so Landespräsidentin Birgit Gerstorfer.

Krankenhäuser spielen in der Gesundheitsversorgung eine zentrale Rolle – sie seien jedoch in einem „katastrophalen Zustand“, wird vom PVOÖ attestiert.

Experten befragt

Der PVOÖ hat sich seit 2021 in einem Projekt unter der Leitung von Landesrätin a.D. Gertraud Jahn und Franz Röhrenbacher, stellvertretender PVOÖ-Landespräsident a.D., grundlegend mit der Thematik auseinandergesetzt.

Befragt wurden auch Experten aus dem Gesundheitsbereich sowie Mitglieder und Funktionäre. Die Probleme laut diesen seien unter anderem die angespannte Situation in den Spitälern, die Position der Kassenärzte gegenüber dem Wahlarztsystem, mangelnde Zusammenarbeit zwischen Spitälern/Ambulanzen und dem niedergelassenen Bereich sowie fehlende flächendeckende Angebote im Bereich der Prävention und unzureichende Kommunikation mit Patienten.

Probleme für Ältere

Einige der Punkte, die auch angeführt werden, sind, dass das Angebot an medizinischen und therapeutischen Einrichtungen zwar als durchaus breit empfunden wird, in ländlichen Regionen werde es aber dünner. Zufrieden sei man im Allgemeinen mit den Hausärzten, aber die Wartezeiten seien zu lange, Zeit für Anamnesegespräche zu kurz.

Als besonders belastend wurden die langen Wartezeiten auf Facharzt- und Operationstermine empfunden. Das Thema Mehrklassenmedizin – Wahlärzte/Kassenärzte sei in allen Gesprächen aufgeworfen worden. Ein zusätzliches Problem seien die eingeschränkten Verkehrsmöglichkeiten Älterer, um Ärzte und medizinische Einrichtungen zu erreichen.

„Akut-Patient“

„Aus einem der besten Gesundheitssysteme mit einer nahezu lückenlosen Versorgung der gesamten Bevölkerung ist ein Akut-Patient geworden“, so Röhrenbacher. Gleichzeitig kündigt er an, dass eine nächste Projektgruppe sich mit der Zukunft der Pflege beschäftigen werde.

Die wichtigsten Entscheidungsträger in der oö. Gesundheitspolitik würden rasch über die Ergebnisse informiert werden, so Gerstorfer. „Mit ihrer Unterstützung sollen unsere Forderungen bei der Weiterentwicklung des Gesundheitssystems und dabei im Speziellen des oberösterreichischen Gesundheitswesens berücksichtigt werden. Es ist zudem eine der essentiellsten Aufgaben für den Pensionistenverband, unseren Mitgliedern eine möglichst hohe Zahl an gesunden Lebensjahren im Alter zu ermöglichen, um in Würde altern und leben zu können.“

Zehn Forderungen

Aus den Ergebnissen stellt der PVOÖ zehn Forderungen auf, darunter die

  • rasche Nachbesetzung der offenen Arztstellen im niedergelassenen Bereich
  • den schnelleren Ausbau der Primärversorgungszentren
  • verstärktes Angebot von Case Management, um passgenau zu versorgen
  • weitere Maßnahmen zur Erhöhung der Gesundheitskompetenz der Bevölkerung
  • Erhöhung der Ausbildungsplätze im medizinischen/Pflegebereich
  • patientenorientierte Gestaltung der Gesundheitskommunikation

Haberlander: „Funktionierende Patientenlenkung nötig“

Auch für Gesundheitslandesrätin LH-Stellvertreterin Christine Haberlander (ÖVP) ist die Situation nicht zufriedenstellend. „Der Finanzausgleich ist eine große Chance für den Gesundheitsminister den nächsten Schritt zu setzen und endlich für tatsächliche Reformschritte zur sorgen, die bereits in den letzten Wochen und Monaten angekündigt worden sind. Es braucht endlich eine funktionierende Patientenlenkung, das bedeutet eine Aufwertung der Rolle des Hausarztes sowie eine Aufwertung der Gesundheitshotline 1450.“

Laut Haberlander fehlen in Oberösterreich aktuell 70 Mediziner im niedergelassenen Bereich. „Das bedeutet, dass circa 140.000 Menschen kein ausreichendes Angebot haben und das spüren wir natürlich in den Spitälern. Diese Situation ist nicht zufriedenstellend und die zuständige Gesundheitskasse muss für eine Besetzung dieser offenen Stellen im niedergelassenen Bereich sorgen.“

Eine nicht gut funktionierende Patientenlenkung überlaste die Krankenhäuser und verhindere, dass sich die Mitarbeiter in den Krankenhäusern auf ihre Kernaufgaben konzentrieren könnten. „Spitäler sind und dürfen nicht das Auffangbecken für alle medizinische Versorgungen sein. Alle Experten sind sich einig, dass man ohne intelligente Patientenlenkung das Gesundheitssystem nicht verändern wird können.“

OÖ Gesundheitsholding und Ordensklinikum Linz verweisen auf

Aus der OÖ Gesundheitsholding heißt es im Hinblick auf die Kritik und Forderungen des Pensionistenverbandes OÖ: „Die Versorgung von Nofall- und Akutfällen ist in den Kliniken der OÖ Gesundheitsholding zu jedem Zeitpunkt gewährleistet – unabhängig vom Alter der Patienten. Auch bei Wartezeiten wird ausschließlich auf die Dringlichkeit abgestellt. Die unbesetzten Kassenarztstellen im niedergelassenen Bereich wirken sich natürlich negativ auf die Spitäler aus, weil Patienten daher vermehrt hilfesuchend unsere Kliniken aufsuchen.“

Die derzeit größten Herausforderungen für das Ordensklinikum Linz seien, wie für die meisten Gesundheitseinrichtungen, „zum einen der Mangel an Pflegekräften und zum anderen ein Mangel an Ärzten im niedergelassenen medizinischen Bereich. Deshalb kommen Patienten, die an sich im niedergelassenen Bereich behandelt werden könnten, als ins Krankenhaus. Aufgrund dessen werden die Notfallambulanzen überfrequentiert und in Folge kommt es bei planbaren Patienten zu Verzögerungen und Verschiebungen.“


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