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Gemeindefusionen: Landesrechnungshof sieht großen Aufholbedarf

Tips Logo Karin Seyringer, 14.01.2025 15:33

OÖ/LINZ. Der Landesrechnungshof (LRH) hat sich in einer Initiativprüfung die Umsetzung offener Empfehlungen im Gemeindebereich angesehen, darunter auch das Thema Gemeindekooperationen und Gemeindefusionen. Letztere würden „nach wie vor nicht ernsthaft angegangen“, kritisiert LRH-Direktor Rudolf Hoscher. Seit 2019 haben in OÖ keine Gemeinden mehr fusioniert.

 (Foto: Volker Weihbold)
(Foto: Volker Weihbold)

Positiv gesehen wird, dass für Kooperationen zwischen Gemeinden mittlerweile ein vom Land OÖ geschaffener Regionalisierungsfonds als positives Anreizmodell wirke. Dieser sieht für Kooperationen erhöhte Förderzuschläge durch Bedarfszuweisungsmittel und Landeszuschüsse von bis zu 20 Prozent vor. „In 173 Gemeinden wurden 48 Projekte mit einem Fördervolumen von 17,1 Millionen Euro umgesetzt“, so LRH-Direktor Rudolf Hoscher

„Gemeindefusionen nach wie vor nicht ernsthaft angegangen“

Aber: „Leider haben wir auch in dieser Prüfung festgestellt, dass die von uns mehrfach empfohlenen Gemeindefusionen nach wie vor nicht ernsthaft angegangen werden“, so Hoscher. Geht es nach dem LRH, brächten Fusionen neben wesentlichen Einsparungspotenzialen auch Vorteile bei der Leistungsqualität und eine tatsächliche Strukturreform.

„Das Land OÖ hat eine intensivere Beschäftigung mit dem Thema aber mehrfach abgelehnt. Obwohl ein Teil des Regionalisierungsfonds auch finanzielle Anreize für Gemeindefusionen bietet, haben seit 2019 in OÖ keine Gemeinden mehr fusioniert und es sind auch keine konkreten Fusionsbestrebungen bekannt.“

Das aktuelle Anreizsystem für Fusionen ist aus Sicht des LRH gescheitert. Zwar hätten die Gemeinden finanziellen Druck, Maßnahmen wie diverse Gemeindepakete und für Härteausgleichsgemeinden würden diesen Druck aber reduzieren.

„Um Fusionen ernsthaft voranzutreiben, müsste die Landespolitik ein politisches Grundbekenntnis dafür, dass Fusionen gegenüber Kooperationen zu bevorzugen sind, abgeben und somit den Boden für strukturelle Reformen aufbereiten“, ist Hoscher überzeugt. „Will man die engen finanziellen Spielräume und die Eigenverantwortung der Gemeinden nachhaltig erhöhen, kommt man auch um Gemeindefusionen nicht herum.“

ÖVP: „Keine Zwangsfusionen“

Bei der OÖVP reagiert man mit einer „klaren Absage an Zwangsfusionen“ auf den Prüfbericht. Margit Angerlehner, OÖVP-Klubobfrau und Bürgermeisterin der Gemeinde Oftering: „Die Gemeindeautonomie ist klar in unserer Verfassung verankert und damit ein zentraler Pfeiler unserer Demokratie. Für uns ist klar: Wir werden keiner Gemeinde eine Fusion aufzwingen. Wenn sich Gemeinden jedoch freiwillig zu einer Fusion entschließen, unterstützt das Land OÖ diesen Schritt selbstverständlich.“ Angerlehner unterstreicht auch den Fokus auf Verwaltungskooperationen und dem Nutzen von Synergien. „Unser Ziel ist es, die Verwaltung auf Gemeindeebene effizienter zu gestalten, ohne die Gemeinden ihrer Identität zu berauben.“

FPÖ: „Kooperationen als auch Fusionen attraktivieren“

„Die finanzielle Situation unserer Gemeinden ist eine große Herausforderung. Die stetig sinkenden Ertragsanteile zeigen klar, dass eine Weiterentwicklung der Gemeindefinanzierung eine stetige Aufgabe bleibt“, betont FPÖ-Klubobmann Herwig Mahr. Für ihn müssten Kooperationen und Fusionen attraktiviert werden. „Wir brauchen ein Modell, das die finanzielle Eigenständigkeit unserer Gemeinden sichert und ihnen den notwendigen Spielraum für eine nachhaltige Entwicklung gibt.“

SPÖ: „Gemeinden brauchen Finanzkraft“

SPÖ-Gemeindesprecher Tobias Höglinger bekräftigt angesichts der Initiativprüfung die SPÖ-Forderung, die Landesumlage abzuschaffen und die Zahlungsströme zwischen Land und Gemeinden zu entflechten. „Gemeinden brauchen ein bestimmtes Maß an Finanzkraft, um ihre Aufgaben qualitativ zu erfüllen. Genau diese finanziellen Spielräume fehlen aber von Jahr zu Jahr mehr. Wie der Landesrechnungshof heute darlegt, gibt es noch ein großes Potenzial an Gemeindekooperationen, das noch gehoben werden kann. Ohne entsprechende finanzielle Grundausstattung geht aber auch das nicht.“

Grüne: „Diskussion muss geführt werden“

Die Grünen sehen einen „weit sichtbaren Fingerzeig“, wie die Gemeinden zukunftsfit zu machen seien. Die Diskussion zu Gemeindefusionen sei zu führen. „Nicht von oben herab verordnet, sondern in jedem konkreten Fall gemeinsam mit der Bevölkerung erarbeitet. Mit voller Unterstützung und klarer Strategie seitens der Landesregierung“, so der Grüne Klubobmann Severin Mayr. Um Gemeinden zukunftsfähig zu machen, seien strukturelle Reformen notwendig. Deutlichen Nachbesserungsbedarf sieht die Grüne Gemeindesprecherin Dagmar Engl bei der Gemeindefinanzierung NEU. „Diese ist nun zwar transparenter, jedoch setzt man bei der Finanzierung von Härteausgleichsgemeinden und durch das gerne genutzte Gießkannenprinzip eher auf die Fortführung bestehender Strukturen statt auf die Zukunftsfähigkeit der Gemeinden“.

MFG sieht „zögerliches Reformtempo“

Als erste reagierten MFG Oberösterreich auf die LRH-Initiativprüfung: Die Landtagspartei kritisiert „das zögerliche Reformtempo“ des Landes OÖ und fordert eine klare Strategie für Gemeindefusionen. Essenziell sei dabei die Wahrung der Freiwilligkeit. Ein erster Schritt könnten große Verwaltungseinheiten für Gemeinden unter 5.000 Einwohner sein, die die Identität der Gemeindebürger respektiere, dennoch Synergien ermögliche, schlagen Klubobmann Manuel Krautgartner und Bundesparteiobmann Joachim Aigner vor. Das Land müsse den Gemeinden zudem mehr Mut machen und die langfristigen Vorteile von Gemeindefusionen aufzeigen.

NEOS sehen fehlendes „Leadership“

Für NEOS-Landessprecher Felix Eypeltauer zeigt der LRH-Bericht deutlich ungenutzte Potenziale auf. „Zahlreiche Gemeinden in Oberösterreich können mit den vorhandenen Geldern zentrale Aufgaben zusehends nicht mehr erfüllen. Insbesondere Gemeindekooperationen und mögliche Fusionen könnten die Daseinsvorsorge verbessern und langfristig sichern. Um diese wichtigen Reformen anzugehen und die richtigen Anreize zu setzen, fehlt es an Leadership der Landesregierung.“

IV OÖ: Vorhandene Einsparungspotenziale nützen

Auch bei der Industriellenvereinigung OÖ sieht man verstärkte Überlegungen als nötig an: „Gerade angesichts des massiven Einsparungsdrucks auf allen Verwaltungsebenen müssen wieder verstärkt Überlegungen zur effizienteren Organisation öffentlicher Verwaltungsaufgaben angestellt werden“, so IV OÖ-Geschäftsführer Joachim Haindl-Grutsch. „Von Zwangsfusionen auf dem Reißbrett ist keine Rede. Ebenso wenig von der Aufgabe lokaler Kultur oder Identität. Lokale Identität hat aber nichts mit kommunalen Aufgabenfeldern wie Straßenbau, Müllabfuhr, Schneeräumung, dem Betrieb von Hallenbädern oder anderen Serviceleistungen von Gemeinden zu tun.“ Angesichts des komplexen finanziellen Umfeldes wäre es nicht nachvollziehbar, vorhandene Einsparungspotentiale in der Verwaltung nicht zu nutzen.


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