Kaineder zu Atomkraft-Vorhaben in Tschechien: „Wehren uns gegen ein Versuchslabor an der oö. Grenze“
OÖ/TSCHECHIEN. „Unberechenbare Konsequenzen“ befürchten Umwelt- und Klima-Landesrat Stefan Kaineder (Grüne) und der Anti-Atom-Beauftragte des Landes OÖ Dalibor Strasky angesichts eines geplanten Pilotprojektes eines Small Modular Reacors (SMR) in unmittelbarer Nähe zum Standort des AKW Temelin in Tschechien – und damit in unmittelbarer Nähe zu Oberösterreich.

Kaineder spricht am Mittwoch in Linz vor Presse von einem „Märchen der Atomlobby“, das verkauft werde: „Es gibt keine Reaktoren, die regional und günstig versorgen könnten. Fakt ist: Das funktioniert nur in der Theorie. Ein solcher Pilot ist sehr gefährlich, es gibt keine Erfahrungen damit. Und die tschechische Regierung treibt dieses Märchen voran“, kritisiert er stark.
Zum Hintergrund: Der tschechische Energiekonzern ČEZ hat im Dezember 2024 das UVP-Verfahren für den Bau eines Small Modular Reactors mit einer geplanten Leistung von 498 Megawatt elektrisch am bestehenden Atomstandort Temelin eingeleitet. Dort sind übrigens auch zwei weitere große Reaktoren geplant.
Ein SMR ist ein fabrikgefertigter Kernreaktor, der modular zusammengesetzt werden kann. Er soll etwa ein Drittel der Leistung eines typischen Großreaktors bringen. Befürworter sehen als Vorteile flexible Einsetzbarkeit, niedrigere Baukosten und kürzere Genehmigungsverfahren. Projektwerber ČEZ argumentiert auch mit Energiesouveränität und Versorgungssicherheit.
Stellungnahme: Sicherheitsanalysen nicht abgeschlossen
Am UVP-Scoping zum „Neubau SMR Temelin“ nimmt Österreich gemäß Übereinkommen am Verfahren Teil. Im Rahmen des Verfahrens (Scoping) wird erörtert, welche Inhalte die ČEZ als Projektwerber im Umweltbericht – dem eigentlichen UVP-Verfahren – darzustellen hat und in welchem Umfang sie behandelt werden müssen.
In der Fachstellungnahme wird unter anderem festgehalten, dass alle vier in Betracht gezogenen SMR-Modelle noch in der Entwicklung sind, Sicherheitsanalysen noch nicht abgeschlossen seien. Dadurch würde bei der UVP selbst eine Bewertung nicht realistisch sein können, auch Auswirkungen auf Umwelt und Bevölkerung könnten nicht bestimmt werden.
„Es ist unklar, welche Technologie angedacht ist, es ist keine Prüfung möglich. Das kritisieren wir scharf“, so Kaineder. Auch müsse die UVP die Auswirkungen radioaktiver Abfälle und abgebrannter Brennelemente samt Lagerung erörtern, wird in der Stellungnahme empfohlen.
Oberösterreichs Anti-Atom-Beauftragter Dalibor Strasky sieht die Eröffnung des UVP-Verfahrens für die SMR-Anlage als verfrüht an. „So konnte kein konkretes Projekt behandelt werden. Es gibt keine Erfahrungen mit der Technologie“, unterstreiche auch er. „Welche Experten sollen prüfen, ob alles passt? Die gibt es nicht.“
Die Kritik aus Oberösterreich
Die SMR-Technologie sei nicht ausgereift, weltweit gebe es bisher nur in Russland auf Schiffen betriebene Versuchsreaktoren; die Kostenvorteile seien umstritten – mehrere Projekte wegen massiver Kostensteigerungen gestoppt worden, kritisiert Kaineder. Zudem gibt es große Sicherheitsbedenken, da die Kompaktheit solcher Reaktoren neue technische Risiken bergen würden.
Für den Landesrat ist jedenfalls ist klar: „Wir werden uns wehren gegen ein Versuchslabor an der oberösterreichischen Grenze – und wir wehren uns gegen eine Atommüll-Deponie an unserer Grenze.“
„Milliarden besser in Erneuerbare investieren“
Atomkraft sei im Vergleich zu Erneuerbarer Energie auch viel teurer, langsamer in der Umsetzung und sehr viel gefährlicher, fordert Kaineder von Tschechien, das Projekt zu stoppen und den Pro-Atomkurs zu überdenken, dafür Erneuerbaren Energien Vorrang zu geben. Auch mit den beiden „Atom-Baustellen“ Frankreich und England ist für Kaineder klar: „Das kann nicht die Zukunft der Energieversorgung in Europa sein.“ Die Milliarden Euro an Investitionen wären viel besser in Erneuerbare investiert.
Aktuell prüft das Land die rechtlichen Aspekte des Vorhabens. Im Herbst findet in Linz auch die Nuclear Energy Converence statt, wo man sich detailliert mit den SMR-Plänen Tschechiens auseinandersetzen werde, kündigt Kaineder an.
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