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Zur Erfüllung des Generationenvertrags braucht es ein ganzes Dorf

Martina Gahleitner, 12.10.2015 09:00

PFARRKIRCHEN. Mit dem Elisabeth Preis zeichnete der Sozialsprengel Oberes Mühlviertel gestern Abend Franz Gabriel aus Sarleinsbach aus – als Vorbild und Beispiel für die großartigen Leistungen der Pflegenden Angehörigen. Aber so wie jetzt, wo 80 Prozent der Pflege im familiären Umfeld passieren, wird es aufgrund des demografischen Wandels nicht bleiben. Johannes Brandl von der SPES Zukunftsakademie zeigte deshalb in seiner Festrede Lösungen auf, bei denen es vor allem auf die Ehrenamtlichen ankommt.
 

  1 / 4   Franz Gabriel erhielt den Elisabeth Preis 2015 überreicht. Er leistet als Pflegender Angehöriger wertvolle Arbeit und verzichtet auf vieles. Foto: Gahleitner

Pflegende Angehörige brauchen viel Zeit, Geduld, Kraft, pflegerisches Grundwissen; sie tragen eine große Verantwortung und haben keinen freien Tag. Um dieser großen Gruppe Respekt zu zollen, erhielt heuer ein Pflegender Angehöriger den Elisabeth Preis überreicht: Franz Gabriel kümmert sich seit zwölf Jahren um seine Ehefrau Berta, gemeinsam mit Sohn Max und Schwiegertochter Heidi. Er habe es seiner Berta versprochen – in guten, wie in schlechten Tagen, meinte der Ausgezeichnete auf die Frage nach seiner Motivation. Und die Kraft für die alltägliche Herausforderung „kommt vom Herrgott“.

So wie Franz Gabriel sind viele pflegende Angehörige gefordert. „Mit steigender Lebenserwartung steigt die Pflegebedürftigkeit, gleichzeitig bleibt der Wunsch nach einem eigenständigen Leben im gewohnten Umfeld. Das fordert Familie, Nachbarn und Ehrenamtliche“, beschreibt Sozialsprengel-Obmann Max Wiederseder. Im Sozialsprengel Oberes Mühlviertel sind 1600 Menschen in 16 Gemeinden ehrenamtlich tätig, sie leisten jährlich etwa 20.000 Stunden für ihre Mitmenschen.

Sorgende Gemeinschaft entwickeln

Ein Konzept, das die Zukunft der Pflege sein könnte, wie Johannes Brandl bestätigt. „Ältere erwarten nicht mehr, dass sie von ihren Kindern betreut und gepflegt werden. Grund dafür ist die steigende Mobilität: Kinder ziehen oft weg und sind gar nicht mehr da, um den Generationenvertrag zu erfüllen“, sagt der Leiter der SPES Zukunftsakademie in Schlierbach. Deshalb steht die Sorge um die Pflege bei den 65-Jährigen und älteren auch schon an dritter Stelle. Brandl sieht einen möglichen Lösungsansatz in kleineren Strukturen – so wie es auch der Sozialsprengel vorzeigt. „Wir müssen eine sorgende Gemeinschaft entwickeln, in der alle zusammenhelfen. Nur wenn diese überfordert sind, wird das nächstgrößere System in Anspruch genommen“, setzt er auf Subsidiarität. „Aber wir sind durch sozialstaatliche Maßnahmen verwöhnt und haben für alles Einrichtungen und Zuständigkeiten geschaffen. Jetzt müssen wir neue Modelle entwickeln, um das Miteinander abzusichern – nur so kann Menschlichkeit passieren.“

Wen der Sozialsprengel also die Frage stellt „Wen kümmern die Alten“ (so das Thema des Abends), dann kann für Brandl die Antwort nur lauten: das ganze Dorf. „Die gesamte Gemeinde übernimmt den Generationenvertrag und baut Systeme auf, um Ältere aktiv zu unterstützen.“ Als Beispiele nennt er Zeitbanken, Wohngemeinschaften von älteren Menschen oder Green Care-Projekte, bei denen Soziales und Landwirtschaft zusammenwachsen. Fest steht für Brandl auf jeden Fall: „Das Sozialkapital wird in Zukunft unser wertvollstes Kapital sein.“


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