Afghanistan - ein Stück Weltgeschichte mit Fritz Orter
PREGARTEN. An die 150 Gäste sind der Einladung in das Pfarrzentrum St. Anna zur Lesung und zum Gespräch mit Kriegsberichterstatter Dr. Fritz Orter gefolgt. Der Afghanistan-Kenner und ehemalige ORF-Auslandskorrespondent erzählte bei der Lesung seines aktuellen Buches „Der Vogelhändler von Kabul“ über ein Afghanistan abseits des Krieges, aber auch über ein Afghanistan voller Massaker, Unrecht an der Zivilbevölkerung und furchtbarer Geschehnisse, die er als Journalist in den Krisengebieten erlebt hat.
Der preisgekrönte Journalist und Buchautor Friedrich Orter sprach über das Leben, die Politik und den Krieg in Afghanistan. Er schilderte die Gefahren und kritischen Situationen in den Krisenregionen, denen er ausgesetzt war. Und trotzdem sind seine Erzählungen voll menschlicher Anteilnahme und Sachlichkeit.
Seit Jahrzehnten herrscht Krieg in Afghanistan. Die Bevölkerung ist verarmt, wird verfolgt, es gibt Korruption und Gefahren an allen Ecken. Taliban, Islamischer Staat, Al Quaida kämpfen gegeneinander oder miteinander, je nachdem. Das Land in Richtung Frieden lenken oder überhaupt demokratische Strukturen einrichten zu können, ist schwer möglich. Die Taliban verweigern eine konstruktive Regierungsteilnahme, solange fremde Mächte ihre Truppen ins Land schicken und besetzt halten.
Afghanistan - der Kriegsschauplatz der Supermächte
Orters Sicht auf die Gegenwart und die Zukunft ist düster. Die Krisenregionen sind ein Spielball der Großmächte, bei dem es um Macht, Geld und Bodenschätze geht. Afghanistan sei ein Sandwich-Staat zwischen Russland, Indien und Pakistan, sagt Orter. Im Falle eines Krieges zwischen den Supermächten Pakistan und Indien, hat Pakistan angekündigt, den Krieg auf afghanischem Boden zu führen und nicht auf seinem eigenen - ein geopolitischer Krieg sozusagen. Bereits währenddessen kauft das nach Bodenschätzen hungrige China einzelne Regionen Afghanistans auf. Ein bevorstehender Krieg, den wir uns nicht vorstellen wollen und der hoffentlich nie ausbrechen wird!
Flüchtlinge
Daher ist es mehr als verständlich, dass vor allem junge Afghanen auf der Flucht sind und bis nach Europa gelangen. Der Prozentsatz an Afghanen, die hierher kommen, ist aber nur gering, wenn man sich die Zahl von etwa 300.000 Binnenflüchtlingen gegenüberstellt, die 2018 wegen Kämpfen und Gefechten von ihren Dörfern und Städten vertrieben wurden und heimatlos im eigenen Land sind.
Unsere Rückkehrtaktik stärkt Taliban
Mit Sorge blickt Orter auch auf die politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen in Österreich und Europa. Wir in Europa spielen den radikalislamischen Taliban, Al Quaida und auch der Terrormiliz Islamischer Staat in die Hände. Afghanische Flüchtlinge, die von uns zurückgeschickt werden, gelten in ihren Familien als Versager und sind nicht mehr willkommen. Um am Leben zu bleiben werden viele von ihnen von den Taliban beispielweise rekrutiert und sich nun gegen uns wenden und das christliche Abendland belächeln.
Kriegsreporter mit Leidenschaft
Von den derzeit 46 Kriegen auf der ganzen Welt hat Friedrich Orter 14 erlebt und 25 Jahre lang im ORF darüber berichtet, u. a. aus Jugoslawien, Irak und Syrien. Für seine hervorragende Arbeit wurde er mit zahlreichen Journalistenpreisen ausgezeichnet. Premiere vom Ende: Die Lesung in Pregarten soll seine letzte gewesen sein. Derzeit dreht er einen Film über Kärnten mit historischen Aspekten.
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