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Mobiles Hospiz: Zeit geben zum Abschied nehmen

Rosina Pixner, 16.09.2020 07:00

BEZIRK RIED. Für das Rote Kreuz spielt der Hospizgedanke eine wichtige Rolle. Zielsetzung der mobilen Hospizarbeit ist, den Betroffenen und Angehörigen ein Abschied nehmen in Würde zu ermöglichen.

Bezirkskoordinatorin Andrea Hartinger  Foto: Tips/Pixner
Bezirkskoordinatorin Andrea Hartinger Foto: Tips/Pixner

Andrea Hartinger, Bezirkskoordinatorin des Mobilen Hospiz Ried, erklärt, was das Mobile Hospiz ist und mit welchen Herausforderungen die Mitarbeiter in Zeiten von Corona zu kämpfen hatten.

Tips: Was genau ist das Mobile Hospiz?

Andrea Hartinger: Unsere Arbeit gliedert sich in drei Säulen: Lebens-, Sterbe- und Trauerbegleitung. Wir begleiten schwer kranke Menschen in der letzten Lebensphase bis zum Tod und schauen wie wir die Angehörigen, entlasten und unterstützen können. Je früher der Erstkontakt hergestellt wird, desto besser ist es für die Begleitung. In Pflegeheime kommen wir, wenn die Bewohner keine Angehörigen haben, sehr wenige Besucher kommen oder auch zur Sitzwache. In der terminalen Phase sind die Sterbenden oft unruhig, da ist es wichtig, dass jemand bei Ihnen ist.

Tips: Was ist der Unterschied zum Mobilen Palliativteam Innviertel?

Andrea Hartinger: Die Mobile Hospizbegleitung ist ehrenamtlich. Das Mobile Palliativteam ist medizinisch ausgerichtet. Dort arbeiten Krankenschwestern mit der Zusatzausbildung Palliativ. Wenn ein Patient austherapiert ist und aus dem Krankenhaus entlassen wird, wird eine Anfrage gemacht und das Mobile Palliativteam kommt als Support, um den Patienten so gut wie möglich schmerzfrei zu halten.

Tips: Begleiten Sie auch Hinterbliebene in ihrer Trauer?

Andrea Hartinger: Ja. Wir bieten den Angehörigen an, gemeinsam den Verstorbenen zu waschen und für den Bestatter vorzubereiten. Wir beten gemeinsam mit den Angehörigen, je nach Wunsch. Wichtig ist, individuell auf die Bedürfnisse einzugehen. Wenn gewünscht, kann die ehrenamtliche Hospizbegleiterin nach dem Tod die Hinterbliebenen noch bis zu sechs Mal besuchen, dann empfehlen wir die Trauergruppe oder übergeben an eine Trauerbegleiterin. Der Treffpunkt für Trauernde findet jeden ersten Mittwoch im Monat von 18 bis 20 Uhr im Riedbergzentrum der Pfarre statt. Jeder der möchte, kann ohne Voranmeldung kommen und sich austauschen. Es wird eine Kerze für die Verstorbenen angezündet und miteinander geredet. Die drei ehrenamtlich ausgebildeten Trauerbegleiterinnen Isolde Stelzer, Marianne Reinthaler und Christine Zweimüller, bieten gerne auch ein Einzelgespräch an. Der Erfahrungsaustausch ist sehr wichtig, gerade in der Krise. Es sind auch schon einige Freundschaften entstanden.

Tips: Wer kann sich an Sie wenden?

Andrea Hartinger: Jeder. Meistens wird der Kontakt über das Krankenhaus oder das Palliativteam hergestellt oder wir werden von Familienangehörigen kontaktiert.

Tips: Arbeiten Sie auch mit anderen Diensten zusammen?

Andrea Hartinger: Ja. Der Bezirk Ried hat fünf Organisationen was die Pflege betrifft: Rotes Kreuz, Rifa, Volkshilfe, Caritas, Hilfswerk. Aber natürlich arbeiten wir mit Ärzten und dem Krankenhaus auch zusammen.

Tips: Wie viele Mitarbeiter sind ehrenamtlich für das Mobile Hospiz in Ried tätig?

Andrea Hartinger: Derzeit haben wir 38 ehrenamtliche Mitarbeiter. In Oberösterreich sind wir die größte Gruppe. Der Bezirk Ried hat hier eine Vorreiterrolle eingenommen, da der Hospizverein, welcher 1995 gegründet wurde, sehr gute Vorarbeit geleistet hat. Der Verein ist 2005 zum Roten Kreuz eingegliedert worden. Wir hätten heuer das 25-jährige Jubiläum gefeiert. Corona bedingt mussten wir die Feier auf 2021 verschieben.

Tips: Wie hat sich ihre Arbeit durch Corona verändert? Durften Sie während des Lock-Downs ihre Arbeit machen?

Andrea Hartinger: Wir hatten eine 14-tägige Betreuungspause. Zumal wir Mitarbeiter haben, die zur Risikogruppe gehören. Danach wurde langsam mit der Begleitung in dringenden Fällen gestartet. Natürlich mit allen Schutz- und Hygienemaßnahmen. Wir waren alle in einer Ausnahmesituation. Gerade die Generation 70, 80 oder 90 Jahre plus konnte beim Abschied nehmen über Videotelefonie nichts anfangen. Es war eine herausfordernde Zeit und ist es noch. Der fehlende Körperkontakt beim Abschied nehmen fiel allen schwer, vor allem im Krankenhaus. Das hat vielen Probleme bereitet. Das Wahrnehmen über das Handy, dass nun jemand verstorben ist, ist nicht exakt realisierbar. Oft hätte man vielleicht noch etwas angesprochen oder sich ausgesprochen, aber aufgrund der Distanz und einer anwesenden dritten Person, war dies nicht möglich.

Tips: Wie ist die derzeitige Situation?

Andrea Hartinger: Bedingt mit allen Schutzmaßnahmen und allen Vorkehrungen dürfen wir wieder begleiten.

Tips: Seit wann arbeiten Sie für das Mobile Hospiz?

Andrea Hartinger: 2016 habe ich beim Mobilen Palliativteam angefangen. Seit 2019 bin ich beim Mobilen Hospiz.

Tips: Was hat Sie dazu bewogen, diese doch sehr herausfordernde Aufgabe zu machen?

Andrea Hartinger: Ich bin ausgebildete Krankenschwester mit der Zusatzausbildung Palliativ. Habe im Krankenhaus Ried gearbeitet und nach meiner Karenz gemerkt, dass ich eine andere Herausforderung brauche.

Tips: Es heißt immer der Tod gehört zum Leben. Doch wenn der Zeitpunkt zum Abschied nehmen gekommen ist, geht jeder Mensch anders mit der Trauer um. Was war das Bewegendste, das Sie bisher in ihrer Arbeit erlebt haben?

Andrea Hartinger: Das war während einer Begleitung ein Satz, den ich zu einer Gattin gesagt habe. Ihr Mann lag im Sterben und sie konnte ihn nicht gehen lassen. Ich habe zu ihr gesagt, das letzte Stück muss er alleine gehen. Daran denke ich oft zurück.

Ausbildung und Information

Wer Interesse an der Ausbildung zum Hospizbegleiter hat, der nächste Kurs startet im Frühjahr 2021. Wer sich vorab informieren möchte, kann sich per Mail mit andrea.hartinge@o.roteskreuz.at in Verbindung setzen.


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