Ried hat kein Budget: „Das ist nicht mehr das Ried das wir kennen“
RIED. Es kam nicht völlig überraschend, ist aber dennoch ein Paukenschlag: Der ohnehin schon verspätete Budgetvoranschlag der Stadt Ried für das Jahr 2024 wurde in der Sondergemeinderatssitzung am 29. Februar abgelehnt. Die Folge: Die Stadt hat nur noch ein Budgetprovisorium.
Nach einer mehr als dreistündigen, teilweise emotionalen, aber immer sachlichen Diskussion kam es zu einer geheimen Abstimmung, die 20:16 gegen den Voranschlag ausging.
Ausgehend von den Wortmeldungen vor der Abstimmung ist es wahrscheinlich, dass die ÖVP plus Neos und MFG dafür stimmten, SPÖ, FPÖ und die Grünen dagegen.
Vor der Abstimmung hatte Finanzstadträtin Elisabeth Poringer den überparteilich ausgearbeiteten Budgetentwurf präsentiert, dessen einzelne Maßnahmen mit wenigen Ausnahmen von allen Parteien mitgetragen werden. Sie meinte: „Die Konsequenzen, wenn wir das Budget nicht beschließen, möchte ich nicht tragen. Der Stadt würde jeder Gestaltungsspielraum abhanden kommen.“
Druck ausüben
Die Vizebürgermeister Peter Stummer (SPÖ) und Thomas Dim (FPÖ) wollen mit der Ablehnung des Budgets, an dem sie selbst mitgearbeitet haben, auf das Land Druck ausüben. Stummer: „Die Stadt Ried hat kein Einnahmenproblem, sondern ein Ausgabenproblem. Aber nicht, weil wir nicht mit Geld umgehen können, sondern weil wir viele Aufgaben übernehmen müssen, die gar nicht Sache der Kommunen sind.“ Man müsse dem Land zeigen: „So geht's nicht!“
„Mit Budget nachverhandeln“
In der Analyse stimmte ihnen Stadtrat Michael Großbötzl (ÖVP) zu, aber nicht in der Schlussfolgerung: „Wir werden im Stich gelassen. In vielen Bereichen nimmt das Land seine Verantwortung nicht wahr. Die Probleme wurden uns aufoktroyiert, aber der Leidensdruck wird nicht wahrgenommen. Der Bund hat vergessen, dass es Gemeinden mit Zentralfunktionen gibt. Trotzdem sollten wir das Budget beschließen, um handlungsfähig zu bleiben, und dann mit dem Land nachverhandeln.“
Stummer und Dim argumentierten, dass die Annahme des Voranschlags trotz aller Einsparungen letztlich nur einen Zeitgewinn von einem Jahr bringen würde. Dann hätte die Stadt das gleiche Problem wieder, nur mit einem noch größeren Abgang, der dann nicht mehr durch eine Gewinnentnahme der Energie Ried ausgeglichen werden könnte.
„Der Finanzausgleich stimmt nicht“
Thomas Dim: „Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht, aber es geht sich trotzdem nicht aus. Das ist kein Rieder Problem, sondern eines vieler Gemeinden. Das Problem ist: Der Finanzausgleich stimmt nicht.“
Peter Stummer: „Hier wird eine jahrzehntelang erarbeitete Förderungslandschaft zunichte gemacht. Ried ist nach dieser Nacht nicht mehr wie vorher. Aber es ist ein absolutes Muss, damit wir keine Härteausgleichsgemeinde werden.“
Der Neos-Gemeinderat Günter Kitzmüller warnte: „Wenn wir das Budget nicht beschließen, wird als Konsequenz das Land irgendwann sagen 'es reicht'.“
Vizebürgermeisterin Claudia Schoßleitner machte einen vergeblichen Rettungsversuch für die Kulturförderungen: „Kulturvereine müssen lange vorausplanen. Wir müssen ihnen Planungssicherheit ermöglichen. Da haben wir eine moralische Verpflichtung.“
„Wir schießen uns selbst ins Knie.“
Bürgermeister Bernhard Zwielehner (ÖVP) versuchte noch, den Voranschlag zu retten: „Wir haben gravierende Sparmaßnahmen beschlossen - zum großen Teil einstimmig. Da wäre es vernünftig, auch das Budget zu beschließen. Ohne Budget machen wir uns selbst das Leben schwer. Dem Land ist es relativ egal, ob wir ein Budget beschließen. Unser Leben wird schwerer, nicht das vom Land oder Bund. Wir schießen uns selbst ins Knie.“
Verantwortung bei Bund und Land
Einig waren sich alle, dass die Verantwortung für die gestiegenen Ausgaben bei Bund und Land liegt, die für den Finanzausgleich und die Landesumlage (Oberösterreich hat die höchste) verantwortlich sind.
Provisorisch
Budgetprovisorium bedeutet, dass die Stadt im Grunde nur noch Geld für die Gehälter ihrer Angestellten und für dringende Notfälle ausgeben darf. Alles andere, vor allem die „freien Leistungen“, ist gestoppt.
Diese freien Leistungen sind im Prinzip alles, was über die Minimalanforderungen einer Stadt wie Verwaltung und Erhaltung der Infrastruktur hinausgeht: jene nicht vorgeschriebenen, aber sinnvollen Leistungen, die das Leben in einer Stadt lebenswert machen und mit denen eine Stadt selbst gestalten und Akzente setzen kann – sei es bei Vereinsförderungen, sozialen Maßnahmen oder dem Betrieb verschiedener Einrichtungen wie Bädern oder Serviceeinrichtungen.
Kürzungen und Streichungen
Zu den einschneidensten Maßnahmen zählen die Streichung der Weihnachtsbeihilfe, die Streichung fast aller finanzieller Förderungen für Kultur- und Sportvereine, die Reduzierung der Stadtwache auf acht Personen und die Kürzung der Ausgaben für das Stadtmarketing um mindestens 95.000 Euro (knapp ein Drittel).
Die Streichung der Weihnachtsbeihilfe, die der SPÖ besonders weh tut (Peter Stummer: „Hier greifen wir bei den Ärmsten ein“), bringt etwa 80.000 Euro.
Durch die Reduzierung der Stadtwache wird es außer am Wochenende keine Nachtdienste mehr geben. Dies sei aber möglich, so der Bürgermeister, ohne dass sich die Sicherheitslage in der Stadt wesentlich ändern würde. Die Personalreduzierung soll erfolgen, indem Abgänge nicht nachbesetzt werden.
Im Sport werden Förderungen für Bundesligabetrieb gestrichen und Kleinförderungen um die Hälfte gekürzt.
In der Kultur soll es keine monetären Förderungen mehr geben. Vereine mit überregionaler Bedeutung wie LMS, Jeunesse und KiK will die Stadt bei Verhandlungen mit dem Land unterstützen. Thomas Dim, der auch Kulturstadtrat ist: „Ich werde wie ein Löwe für die Kultursubventionen kämpfen – aber in Linz!“
Vereine mit kirchlichen Trägern der Liegenschaften (Franziskusheim und Musica Sacra) erhalten keine Förderungen mehr.
Auch das 20gerHaus muss künftig ohne Geld von der Stadt auskommen.
Die Kulturabteilung der Stadt soll nach der Pensionierung der Leiterin neu strukturiert werden, da sie nicht mehr in der bestehenden Form aufrechterhalten werden kann.
Das Kultursommer-Open-Air fällt aus.
Betroffen sind aber auch das Internat, das Freibad, die Bücherei, die Kulturabteilung der Stadt, die Skatehalle, die RIFA, die Gesunde Gemeinde, die Pensionistenvereine, die Krisenwohnungen der Caritas, sämtliche Instandhaltungsbudgets, Schulassistenzen und das Bürgerservice.
Die Eishalle wird im nächsten Winter nicht mehr geöffnet.
Das Freibad wird nicht mehr beheizt und bleibt bei Schlechtwetter um 14 Uhr für den Rest des Tages geschlossen.
Das Internat soll 2026 geschlossen werden. Bis dahin werden die Tarife um 50 Euro pro Platz und Monat erhöht.
Die Skatehalle wird Ende 2024 gesperrt. Die Einrichtung wird entweder veräußert oder einem Skate-Verein zur Verfügung gestellt.
Die Gebühren der Bücherei werden verdoppelt (von 80 Cent für ein Buch auf 1,60 Euro) und nach der Einführung eines Computerprogramms wird eine Stelle bei der nächsten Möglichkeit nicht mehr nachbesetzt. Eventuell wird die Öffnungszeit reduziert.
Die Kosten des Kindertreffs Volkshilfe sollen vom Sozialhilfeverband (SHV) übernommen werden.
Im Hort wird es keine Essenssubventionen mehr geben, auch Transportkosten werden zur Gänze verrechnet.
Die Fraktionen streichen sich selbst sämtliche Schulungsgelder.
Bei der Feuerwehr werden die Tarife erhöht.
Der Verkauf von Liegenschaften an der Schillerstraße wurde nicht beschlossen, auch weil ein Verkauf zur Budgetsanierung laut Gemeindeordnung nicht erlaubt sei.
Elisabeth Poringer wies darauf hin, dass die Einsparungen nicht nur die Bezirksstadt beträfen: „In Zukunft wird es nicht mehr möglich sein, manche Angebote zur Verfügung zu stellen, ohne dass die Umlandgemeinden oder das Land einen Ausgleich zahlen.“
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06.03.2024 22:40
Ried hat kein Budget: „Das ist nicht mehr das Ried das wir k
Unter dem SPÖ Bürgermeister Dr. Franz Fruhstorfer wurde aus der kleinen Bezirksstadt Ried i. I. , eine tolle Schul- und Einkaufsstadt geschaffen um die uns viele andere Städte beneideten. Ja man lebte gerne in Ried. Es gab noch in Frieden, Sicherheit, Arbeit und vor allem ein geselliges Zusammenhalten. Doch seit die Stadt Ried überwiegend von der ÖVP regiert wurde ging es laufend bergab. Jetzt haben wir den Crash.