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FACC-CEO Robert Machtlinger: „In der Luftfahrt sind Sicherheit und Vertrauen das Wichtigste“

Walter Horn, 30.08.2024 15:50

RIED. Die FACC AG wurde vor 35 Jahren gegründet. Der Luftfahrt-Zulieferer ging aus einer Division der Firma Fischer Sport hervor. Tips führte mit dem CEO des Unternehmens, Robert Machtlinger, ein Gespräch.

FACC-CEO Robert Machtlinger (Foto: FACC / Robert Maybach)
FACC-CEO Robert Machtlinger (Foto: FACC / Robert Maybach)

Tips: Herr Machtlinger, können Sie uns einen kurzen Überblick über die Gründungsgeschichte von FACC geben?

Robert Machtlinger: Die FACC wurde vor 35 Jahren in einer Krise der Sportartikelbranche gegründet. Die Firma Fischer Sport hatte eine große und gute Kunststoffentwicklungsabteilung. Josef Fischer und der damalige Entwicklungsleiter Walter Stephan nahmen sich vor, innerhalb eines Jahres für die Composite-Anwendungen aus der Sportartikelbranche andere Anwendungsgebiete zu finden, um das wertvolle Know-how im Unternehmen zu halten. Das ist nach ein paar Versuchen, unter anderem in der Automobilbranche und der Medizintechnik, in der Luftfahrt gelungen. Schon 1982 bekam man die ersten kleineren Aufträge, damals noch als Abteilung von Fischer. Die GmbH wurde 1989 gegründet.

Tips:Was waren die größten Herausforderungen für FACC?

Machtlinger: Die haben sich stark verschoben. Ganz zu Beginn ging es darum, mit einigen wenigen Leuten – wir waren damals nur 20 Personen in der Forschung und Fertigung – die Qualität und Zuverlässigkeit, die die Flugzeugbranche fordert, zu erfüllen und abzuliefern. Das ist uns sehr gut gelungen, dadurch haben wir Vertrauen aufgebaut. Bald folgte ein wesentlicher Meilenstein: 1989 waren wir ein Unternehmen mit drei bis vier Millionen US-Dollar Umsatz und 50 Leuten, als uns der US-amerikanische Flugzeughersteller McDonnell Douglas uns einen Auftrag über 100 Millionen Dollar gab. Den mussten wir bedienen. Dann ging es Schlag auf Schlag: Wachstum bewältigen, Mitarbeiter aufbauen, Standorte erweitern, und in der Luftfahrt investieren. In dieser Branche muss man stark investieren, immer im Vorfeld. Das hat das Unternehmen natürlich belastet. Daher kam es 1991 zu einer Beteiligung der Salinen AG unter Johannes Androsch, der bei der FACC eingestiegen ist und das Unternehmen internationalisiert hat. 2007 hatte die Salinen AG das Unternehmen zu 100 Prozent in Besitz und verkaufte die FACC 2009 zu 100 Prozent an die AVIC (Aviation Industry Corporation of China). Das ist in China ein Großkonzern mit 400.000 Beschäftigten und 70 Milliarden US-Dollar Umsatz. Dann waren wir im Besitz eines chinesischen Staatsbetriebes, was auch eine Herausforderung war. 2014 wurden wir aber an die Börse gebracht. Heute sind 45 Prozent des Unternehmens in Streubesitz und 55 Prozent im Eigentum der AVIC.

Tips:Was hat sich durch den Einstieg der AVIC im Unternehmen geändert?

Machtlinger: Bei jedem Eigentümerwechsel gibt es neue Herausforderungen und Wünsche des Eigentümers. Es war damals für die Menschen im Unternehmen und auch in der Region die große Frage: „Was macht der chinesische Eigentümer mit der FACC? Bleibt der Standort erhalten oder zieht man ab und geht nach China?“ Das Gegenteil war der Fall: Wir haben in den letzten 15 Jahren am Standort Österreich 700 Millionen Euro investiert. Wir haben das Unternehmen in der Größe vervierfacht, wir haben die Belegschaft vervierfacht. AVIC steht zum Standort in Europa, steht aber auch hinter der Globalisierung.

Tips:Worauf legen große Auftraggeber wie Airbus oder Boeing besonders Wert? Was sind die herausragenden Eigenschaften von FACC, die das Unternehmen seit Jahrzehnten als Partner für die „Großen“ attraktiv machen?

Machtlinger: In der Luftfahrt sind Sicherheit und Vertrauen das Wichtigste. Alle unsere Kunden, ob das Airbus, Boeing, Embraer, Bombardier, Rolls-Royce oder Pratt & Whitney sind, vertrauen uns als Lieferant. Wenn wir einen Auftrag bekommen, sind wir der einzige, der diese Komponente baut. Es gibt keinen zweiten Lieferanten für die gleiche Komponente. Wir investieren sehr viel Geld in die Entwicklung, die uns nicht bezahlt wird. Wir bekommen das erst bei der Lieferung zurückerstattet. Daher brauchen wir das Vertrauen, dass die Projekte, die unser Kunde in Auftrag gibt, auch in Ergebnisse umgewandelt werden. Auf der anderen Seite vertrauen unsere Kunden darauf, dass wir 100 Prozent Qualität zu 100 Prozent „on time“ liefern. Es baut sehr viel auf Vertrauen auf. Das haben wir vermittelt.

Tips:Wie kann man sich das vorstellen: Kommen Firmen wie Airbus und Boeing zu FACC und sagen: Wir brauchen z.B. eine Innenverkleidung mit diesen und jenen Anforderungen, lasst euch etwas einfallen, oder ist es auch manchmal anders herum, dass FACC eine Erfindung macht und diese dann den Firmen anbietet?

Machtlinger: Beides. Zum Einen wissen unsere Kunden, was sie bei uns bekommen – das bieten wir an und bauen es. Zum Zweiten machen wir auch einen hohen Grad an Eigenentwicklungen und Forschungen, mit denen wir als Idee zu den Kunden gehen. Jede Idee, die leichter ist, effizienter und leistbar, ist für den Endkunden positiv. So kommen wir zu unseren Aufträgen.

Tips:Sie selbst haben ja als Lehrling im Betrieb angefangen. Können Sie uns etwas über Ihre Karriere bei FACC erzählen?

Machtlinger: Ich habe 1982 eine Lehre als Konstrukteur und technischer Zeichner bei der Firma Fischer Ski & Tennis begonnen. Nach dem Abschluss und dem Bundesheer kam ich zurück und wurde als sehr junger Techniker in den Aufbau eines Werkes in der jetzigen Ukraine eingebunden. Im Team dort durcfte ich die Maschinenkonstruktion und den Aufbau des Werkes mitbetreiben. Als das Werk fertig war, wurde ich gefragt, ob ich in die Luftfahrttechnologie gehen möchte – das war damals noch eine Sparte von Fischer, kein eigenes Unternehmen. Nachdem ich schon Segelflieger war, hat mich das begeistert. Ich bin in diese Division eingetreten und habe als Entwicklungstechniker, Ingenieur und später als Produktmanager im Verkauf und im Vertragswesen das Unternehmen mit aufbauen dürfen. Ich mache das seit über 35 Jahren in vielen Bereichen. Es macht viel Spaß, fordert, und ist eine interessante Aufgabe.

Tips:Auf welche Erfolge während Ihrer Zeit bei FACC sind Sie besonders stolz?

Machtlinger: Da gibt es sehr viele. Dass wir es geschafft haben, von einem großen Kunden, den wir 1987 hatten – heute würde man sagen Klumpenrisiko – die Strategie umzusetzen, bei jedem Flugzeug, das es heute gibt, mit Technologie vertreten zu sein. Eine wesentliche Aufgabe war die Globalisierung in den 2000er-Jahren, als wir aus Österreich rausgegangen sind und Standorte in den Vereinigten Staaten, in Kanada, später in Indien und China hochgezogen haben. Und dass wir heute – und das letzte Jahr zeigt es – ein Unternehmen sind, das im Stande ist, innerhalb eines Jahres um 24 Prozent zu wachsen und 700 neue Mitarbeiter aufzubauen – und das durchwegs erfolgreich.

Tips:Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit bei FACC?

Machtlinger: Eine ganz wichtige. Leichtbau ist Nachhaltigkeit, weil Leichtbau in der Flugzeugindustrie einfach effizienter ist. Wir setzen Nachhaltigkeit auch in den Betriebsstätten um: Die FACC hat 2007 begonnen, Geothermiewärme einzusetzen. Bis dahin waren wir vom Gas abhängig. Das haben wir in den letzten Jahren in Geothermie und Photovoltaik transformiert. Die Gasabhängigkeit beträgt heute etwas mehr als 15 Prozent. Im Jahr 2040 wollen wir ein Industriebetrieb sein, der zu 100 Prozent nachhaltig wirtschaftet.

Tips:Wo sehen Sie FACC in den nächsten fünf bis zehn Jahren?

Machtlinger: Wir bleiben natürlich in unserem Kerngeschäft, der zivilen Luftfahrt. Aber ich sehe uns auch mehr und mehr in der urbanen Mobilität mit Drohnen, und etwas später – 2030 und danach – in der Raumfahrt. FACC ist heute weltweit eines der Top-100-Unternehmen. Wir wollen 2030 unter den Top-50-Anbietern weltweit sein.

Tips:Welche Ratschläge würden Sie jungen Fachkräften geben, die eine Karriere in der Luftfahrtindustrie anstreben?

Machtlinger: Ich kann jedem jungen Menschen nur raten, das zu machen, wo er seine Passion sieht, was ihn interessiert, und sich dort einzusetzen und weiterzubilden. Nur bei dem, was man gerne tut, ist man wirklich erfolgreich. Das zweite ist: ständiges Lernen, ständige Weiterentwicklung, neugierig bleiben und dranbleiben.


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