AK-Intervention brachte eine Pflegegelderhöhung um 876 Euro pro Monat
BEZIRK VÖCKLABRUCK. Im vergangenen Jahr wandten sich 6.953 AK-Mitglieder mit arbeits- und sozialrechtlichen Fragen an die Arbeiterkammer Vöcklabruck. 4.070 Ratsuchende nahmen eine telefonische Beratung in Anspruch. 2.358 kamen persönlich in die Arbeiterkammer, um sich Hilfe und Unterstützung zu holen. Weitere 525 Mitglieder wollten Auskünfte per E-Mail.
In Sozialrechtsangelegenheiten erstritt die AK Vöcklabruck im Vorjahr 6.474.562 Euro. Das entspricht einem Plus von rund 39 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dabei ging es hauptsächlich um Pensions- und Rentenansprüche sowie um Pflegegeld. Zusätzlich wurden 2021 für 41 Arbeitnehmer aus neun insolventen Betrieben im Bezirk 239.534 Euro durchgesetzt.
Bei vielen Arbeitsrechtsproblemen reicht eine Beratung nicht aus. Die AK muss bei den Arbeitgebern intervenieren und, wenn das nichts bewirkt, vor Gericht gehen, um den Arbeitnehmern zu ihrem Recht zu verhelfen. Durch außergerichtliche Interventionen in 195 Fällen wurden 998.333 Euro an vorenthaltenem Entgelt hereingebracht. Durch Rechtsvertretung vor dem Arbeitsgericht mussten in 67 Fällen 329.337 Euro erkämpft werden. Alles in allem wurden somit 262 Fälle gerichtlich oder außergerichtlich abgeschlossen.
Von 22,21 bis zu 136.950 Euro eingefordert
Hauptsächliche Gründe für Rechtshilfen und -vertretungen waren Differenzen bei der Endabrechnung von beendeten Arbeitsverhältnissen (100), Beanstandungen von fristwidrigen Kündigungen oder unbegründeten Entlassungen (58) sowie vorenthaltene Entgelte (46). In ihrem Engagement für ihre Mitglieder machen die AK-Rechtsexperten keinen Unterschied, ob es sich um große oder kleine Beiträge handelt. Die eingeforderten Beträge reichen von 22,21 bis zu 136.950 Euro. Von den 262 Fällen stammen 222 aus Betrieben ohne Betriebsrat. In Summe hat die AK Vöcklabruck im Vorjahr an arbeits- und sozialrechtlichen Ansprüchen sowie an Forderungen nach Insolvenzen für ihre Mitglieder Zahlungen von insgesamt 8.041.766 Euro erreicht.
Pflegegelderhöhung um 876 Euro pro Monat
Ein Mann im Bezirk Vöcklabruck leidet von Geburt an unter massiven gesundheitlichen Einschränkungen. Das Krankheitsbild ist umfassend: Symptomatische Epilepsie mit zeitweiligen Aufmerksamkeits- und Mitwirkungsdefiziten, geistige Entwicklungsstörung, Asthma, Lähmung des rechten Arms mit hochgradigem Funktionsausfall der Hand und ein verkürztes rechtes Bein. Da sich im Frühjahr 2021 die epileptischen Anfälle häuften, musste der Mann rund um die Uhr beaufsichtigt und betreut werden. Seine Mutter stellte daher einen Antrag auf Erhöhung des Pflegegeldes über die Stufe 3 hinaus. Die von der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) bestellte Gutachterin kam zu dem Ergebnis, dass ein monatlicher Pflegebedarf von 168 Stunden bestehe und daher Pflegegeld der Stufe 4 zustehe. Dieses Gutachten wurde jedoch vom Chefärztlichen Dienst der PVA auf einen Pflegebedarf von 155,5 Stunden pro Monat reduziert, sodass wiederum nur Pflegegeld der Stufe 3 zugestanden wäre. Das Argument: Der Betroffene könne das WC selbständig aufsuchen und seine Mahlzeiten ohne Unterstützung einnehmen. Die verzweifelte Familie wandte sich an die AK, die für sie vor Gericht ging. Das Landesgericht Wels bestellte einen gerichtlich beeideten Sachverständigen. Dieser kam zum Schluss, dass ein Pflegebedarf von 193 Stunden vorliegt und aufgrund von Eigen- oder Fremdgefährdung die dauernde Anwesenheit einer Pflegeperson bei Tag und Nacht erforderlich ist. Das Gericht sprach dem Mann Pflegegeld der Stufe 6 zu. Das bedeutet für die Familie monatlich 1.351,80 Euro anstatt 475,20 Euro und somit eine enorme finanzielle Entlastung.
Mutter dreier minderjähriger Kinder gekündigt – 4.745 Euro Entschädigung
Eine Frau aus dem Bezirk Vöcklabruck trat im September 2020 ihren Job als Softwareentwicklerin bei einer Metalltechnik-Firma an. Bei der Arbeitsaufnahme gab sie an, dass sie aufgrund der Betreuungspflicht für drei minderjährige Kinder nur Teilzeit arbeiten könne. Sollten es die Umstände zulassen, stünde sie aber auch einer Erhöhung der Arbeit positiv gegenüber. Trotzdem kündigte der Arbeitgeber nach zehn Monaten die Arbeitnehmerin mit dem Hinweis, dass man in der IT-Abteilung keine Teilzeitbeschäftigte mehr brauche. Die verzweifelte Frau wandte sich zunächst an die Gleichbehandlungs-Anwaltschaft, die sie an die AK Vöcklabruck verwies. Nach Prüfung der Sach- und Rechtslage brachte diese aufgrund von Sozialwidrigkeit bzw. eines Verstoßes gegen das Gleichbehandlungsgesetz am Landesgericht Wels eine Kündigungsanfechtungsklage ein. Es bestünde eine mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. Letztendlich kam es zu einem Vergleich und der Frau wurde eine Abgangsentschädigung in Höhe von 4.745,70 Euro zugesprochen.
Fünf Millionen Euro für eine oberösterreichische Ausbildungsoffensive
Jährlich fallen in Oberösterreich rund 3.153 Jugendliche vorzeitig aus dem formellen Bildungssystem heraus. Mehr als 40 Prozent davon (1.296) sind junge Schulaussteiger, die nach der 9. Schulstufe oder schon zuvor die Schule verlassen. Weit über 40 Prozent (1.362) brechen eine Lehre ab bzw. beenden sie ohne Abschlusserfolg. Der „Rest“ (495) bricht eine weiterführende Schule nach der 10. Schulstufe ab. Der frühe Ausbildungsabbruch umfasst ca. 14 Prozent (rund 12.000 junge Erwachsene) der 20- bis 24- jährigen Oberösterreicher. Im Jahr 2021 waren in Oberösterreich 5.388 Jugendliche im Alter von 15 bis 24 Jahren beim AMS gemeldet, die auf Lehrstellen- oder Jobsuche waren und maximal über einen Pflichtschulabschluss verfügten. Im Bezirk Vöcklabruck waren es 395: 51 Lehrstellensuchende ohne Einstellungszusage, 152 arbeitslose Jugendliche und 192 Jugendliche in Schulungen, jeweils ohne abgeschlossene Berufsausbildung. Eine große Ausbildungsoffensive ist daher ein besonderes Anliegen des neuen AK-Präsidenten Andreas Stangl. Die AK Oberösterreich stellt dafür 2022 fünf Millionen Euro zur Verfügung.
Langzeitarbeitslose
Neben jungen Menschen brauchen auch Langzeit-Beschäftigungslose deutlich mehr Unterstützung. Waren im Oktober 2008 noch 1.100 Menschen in Oberösterreich langzeit-beschäftigungslos, sind es jetzt fast 10.000. Dabei zeigt gerade die Corona-Krise, dass es in Oberösterreich in vielen gesellschaftlichen Bereichen enormen Personalbedarf gibt. Bereits jetzt hilft die Arbeiterkammer vielen Menschen in Oberösterreich mit individueller Beratung und Ausbildungsunterstützungen, ihren Bildungsweg erfolgreich zu gestalten. Insgesamt hat die AK Oberösterreich im Jahr 2021 im ganzen Bundesland 1.498 persönliche Bildungsberatungen durchgeführt, 984 davon fanden in der Linzer Zentrale statt. 52 Beratungen führten die AK-Experten in der Bezirksstelle Vöcklabruck durch, um den Ratsuchenden lange Fahrtwege zu ersparen.
Sofortige Entlastung der Beschäftigten in Gesundheit und Pflege
Die Corona-Krise hat überdeutlich gemacht, dass alle Beschäftigten in Pflege- und Gesundheitsberufen dringend entlastet werden müssen. Beim Corona-Bonus fordert der AK-Präsident eine sofortige Korrektur. Er wurde viel zu wenigen Beschäftigten zuerkannt (zum Beispiel ging der Rettungsdienst völlig leer aus) und selbst von diesen haben ihn nicht alle erhalten – z.B. bei einem Arbeitgeberwechsel. Die Covid-Prämie muss daher sofort auf alle Beschäftigten ausgeweitet werden. Der AK-Präsident fordert, dass sowohl in den Krankenhäusern als auch in der institutionellen und mobilen Pflege das Personal so rasch wie möglich um 20 Prozent aufgestockt wird, verteilt über alle Berufsgruppen. Alleine bis 2025 fehlen in den Mobilen Diensten und Heimen mit vorsichtiger Schätzung 1.600 Vollzeitstellen: Mehraufgaben und neue Anforderungen sind dabei noch gar nicht berücksichtigt.
Sozial gerechter Klimaschutz
Für den neuen AK-Präsidenten ist, insbesondere in Oberösterreich, eine sozial gerechte Klimapolitik ein Gebot der Stunde. CO2-Steuern auf Konsum seien sozial ungerecht, sie belasten die ärmeren Bevölkerungsschichten am stärksten. Besonders belastet werden auch die Pendler. Nur 19,1 Prozent der Arbeitnehmer aus dem Bezirk Vöcklabruck haben ihren Arbeitsplatz am Wohnort. 49,6 Prozent pendeln im Bezirk und 31,3 Prozent müssen aus dem Bezirk auspendeln. 31,6 Prozent der Vöcklabrucker Pendler müssen dafür hin und retour mindestens 40 Kilometer, 21,9 Prozent mehr als 60 Kilometer und 13,1 Prozent sogar mindestens 100 Kilometer zurücklegen. Solange es für viele Pendler vor allem in ländlichen Regionen für die Fahrt zur Arbeit keine öffentliche Alternative zum Privat-Pkw gibt, müssen ihnen die Mehrkosten durch die CO2- Steuern für das Pendeln ausgeglichen werden. Der Pendlerbonus aus der jüngsten Steuerreform reicht nicht aus, um die Mehrkosten abzudecken. Daher sollte die Pendlerpauschale in einen kilometerabhängigen Absetzbetrag umgewandelt werden, der einkommensunabhängig wirkt und damit sozial gerechter ist.
Digitalisierung der Arbeitswelt
Im Jänner 2019 hat die AK mit 30 Millionen Euro für fünf Jahre einen Zukunftsfonds dotiert, um Digitalisierungsprozesse in oberösterreichischen Betrieben so zu begleiten, dass sie unter aktiver Einbindung von Betriebsräten und Belegschaften arbeitnehmerfreundlich gestaltet werden. 145 Projekte, von denen 70.000 Arbeitnehmer profitieren, wurden schon gestartet. 49 wurden bereits erfolgreich abgeschlossen. Im Bezirk Vöcklabruck wurde zum Beispiel die Firma Aqotec GmbH mit Sitz in Weißenkirchen im Attergau unterstützt. Mit 35 von insgesamt 95 Beschäftigten wurde das Projekt „Home-Office auch nach der Corona-Krise“ umgesetzt. So werden die gesundheitlichen Risiken deutlich verringert und die Arbeitszeit kann im Interesse der Mitarbeiter besser eingeteilt werden. Zudem können sich viele im Home-Office deutlich besser konzentrieren. Dank Einzelvereinbarung wurde auch rechtlich alles korrekt geregelt. „Ich durfte aus gesundheitlichen Gründen am Höhepunkt der Pandemie ins Home-Office wechseln und konnte dort meine Arbeit in einem sicheren Umfeld erledigen. Besonders wichtig war mir, dass der Kontakt zu den Kollegen aufrecht blieb und eine gute Zusammenarbeit möglich war und ist. Nicht ausgeschlossen zu sein und auch weiterhin arbeiten zu können, das hat enorm viel zur psychischen Gesundheit beigetragen“, sagt eine Mitarbeiterin.
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