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Landwirtschaftskammer-Funktionäre stellten sich Fragen der Bauern

Gertrude Paltinger, BSc, 02.03.2023 13:51

WELS. Um über aktuelle agrarpolitische Themen und Herausforderungen und die Schwerpunkte in der Kammerarbeit zu informieren und auch die Meinungen der Bauern zu hören - das war Grund für eine Einladung unter dem Titel „Kammerführung im Dialog“. 

Bezirksbauernkammerobmann Leopold Keferböck, Landwirtschaftskammer-Präsident Franz Waldenberger, die Vorsitzende des Bezirksbäuerinnenbeirates Margit Ziegelbäck, Landwirtschaftskammer-Direktor Karl Dietachmair und der Leiter der Bezirksbauernkammer Eferding Grieskirchen Wels Thomas Jungreuthmayer (v.l.) (Foto: GePaltinger)

Landwirtschaftskammer-Präsident Franz Waldenberger und Landwirtschaftskammer-Direktor Karl Dietachmair informierten nicht nur in Vorträgen, sie stellten sich auch der Diskussion. Rund 30 Landwirte folgten der Einladung in die Bezirksbauernkammer in Wels um mit der Kammerführung in den Dialog zu kommen.

Landwirtschaftskammer-Direktor Karl Dietachmair sprach zu Beginn Beschlüsse und Maßnahmen der letzten Zeit an, ein Jahr in dem die Landwirtschaft von multiplen Krisen (bei Betriebsmittelpreisen und bei den Absatzmärkten) konfrontiert war.

Mehrere Entlastungsmaßnahmen für die Bauern

Dietachmair informierte über die verschiedenen Hilfsmaßnahmen, die die Landwirtschaftskammer für die Bauern ausverhandeln konnte. 120 Millionen Euro gibt es zum Beispiel für den Stromkostenzuschuss. Hier gibt es ein zweistufiges Modell, die Auszahlungen werden im zweiten und vierten Quartal 2023 erfolgen. Weiters kann auch die private Strompreisbremse für bäuerliche Haushalte angewandt werden.

Insgesamt gibt es fünf agrarische Entlastungsmaßnahmen die schrittweise wirksam werden, so wie das schon ausbezahlte Versorgungssicherungspaket oder die befristete Mineralölsteuer-Rückvergütung die im April kommen soll. All diese und weitere Maßnahmen haben ein Gesamtvolumen von 300 Millionen Euro.

Weiters ging der Direktor auf die neuen Pauschalierungsgrenzen ein. Die aktuelle Einheitswerkt-Hauptfeststellung bringe eine breitflächige Entlastung für die Landwirte, erklärte er, da reduzierte Einheitswerte und somit reduzierte Abgaben zu erwarten sind. So werden mit dem Temperatur- und Niederschlagsindex erstmals klimatische Veränderungen berücksichtigt.

Angespannte Lage durch Krieg

Natürlich waren auch der Krieg in der Ukraine und damit die massiven Einflüsse auf die Agrarwirtschaft ein Thema. Auch wenn die weltweite Versorgungslage mit landwirtschaftlichen Produkten und Energie weiterhin angespannt ist und es massive Irritationen gibt, die heimische Wirtschaft habe sich als anpassungsfähig erwiesen.

Dietachmair betont aber auch, dass bäuerliche Familienbetriebe krisenresistenter und der Garant für die Versorgungssicherheit im Land seien. Was sich auch gezeigt habe ist, dass die regionale Lebensmittelversorgung wieder stärker in den Fokus des Interesses gelangt ist.

Sich mit dem Markt auseinandersetzen

Bäuerliche Familienbetriebe haben generell mit ihrem hohen Eigenfuttermittelanteil, dem effizienten Einsatz von Wirtschaftsdünger, den regionalen Wertschöpfungsketten und den starken Erzeugergemeinschaften einen guten Background um in Krisensituationen die Versorgung sicherzustellen. Wichtig sei aber weiterhin, in die Produktionstechnik, den Betriebsmitteleinkauf und die Vermarktung der Produkte zu optimieren.

„Es ist für Bauern auch wichtig, sich mit dem Markt auseinanderzusetzen, wichtige Marktberichte zu verfolgen“, schloss der Direktor seinen Vortrag, denn es gäbe oft erhebliche Preisschwankungen bei den Betriebsmitteln. Zum Abschluss wies er nochmal auf die Bildungs- und Beratungsangebote der Landwirtschaftskammer hin.

Megatrends der Zukunft

Landwirtschaftskammer-Präsident Franz Waldenberger, ein Pennewanger der das Amt seit gut einem Jahr inne hat, ging im zweiten Teil des Abends auf die Herausforderungen der Zukunft ein.

Er sprach die sogenannten Megatrends an, die Treiber des Wandels die Experten ausgeforscht haben. Sie werden noch in den nächsten Jahren auf uns wirken. Einige davon betreffen auch die Landwirte und die Lebensmittelproduktion.

Landwirtschaft ist hauptbetroffen bei Klimaveränderungen

Einer dieser Megatrends ist die Neo-Ökologisierung, also der Umweltbereich und der Klimawandel. Dass die Landwirtschaft nicht Hauptverursacher sondern Hauptbetroffener der Klimaveränderungen stellte er anhand von Zahlen klar. Die Klimaschäden betrugen 2022 in Österreich 170 Millionen Euro. 10,8 Prozent der Treibhausgase stammen von der Landwirtschaft. Der Anteil vom Verkehr liege hingegen bei 28,2 Prozent.

Auch darauf, dass die Tierhaltung immer wieder in Misskredit kommt, ging der Präsident ein. Fakt ist, dass Nutztiere die für die menschliche Ernährung nicht nutzbare Biomasse verwerten. „In der Landwirtschaft wird es immer einen CO2-Ausstoß geben, das ist aber auch der einzige Sektor, der CO2 bindet“, fügte Waldenberger hinzu.

Zum Thema Ammoniak erklärte er, dass es Anreize für Maßnahmen zur bodennahen Ausbringung von Gülle geben soll. Die verpflichtende nachträgliche Abdeckung von offenen Güllegruben bis 2028 sieht er aber mehr als kritisch und werde von der Landwirtschaftskammer auch bekämpft. „Das trägt wenig zur Reduktion der Ammoniak-Emissionen bei, bedeutet aber extreme Kosten für den Landwirt“, fügt er hinzu.

Mit einzelnen Maßnahmen zum Green Deal nicht einverstanden

Weiters kam auch der Green Deal, die EU-Klimaneutralität bis 2050, zur Sprache. Das Ziel an sich begrüßt die Landwirtschaftskammer, einzelne Maßnahmen daraus aber nicht, so wie die strenge Unter-Schutz-Stellung von landwirtschaftlichen Flächen.

Potential sieht Waldenberger in der Stromerzeugung mittels Photovoltaik (es müssen aber zuerst vorbelastete Flächen genutzt werden) und in der Biogasproduktion (es brauche aber Rechtssicherheit für die Landwirte).

Auch fordert die Landwirtschaftskammer, dass Klimazölle auf Agrarprodukte aus Drittstaaten ausgeweitet werden sollen, um die heimische Landwirtschaft zu schützen.

Mehr Herkunftskennzeichnung

Auch die Megatrends Globalisierung und Sicherheit betreffen die Landwirtschaft. Auch die Herkunftskennzeichnung für Fleisch, Milch und Eier sei weiterhin ein großes Thema, das noch in weiteren Bereichen umgesetzt werden müsse. Die Herkunftsbezeichnung wird auf EU-Ebene aufgrund des Prinzips des freien Warenhandels sehr kritisch gesehen. Gefordert würde diese Kennzeichnung etwa noch bei verarbeiteten Lebensmitteln, (derzeit Verhandlungen in der EU), sowie in der Gastronomie.

Weiters griff Waldenberger das Thema Weiterentwicklung des AMA-Gütesiegels um den Tierwohl-Aspekt auf.

„Bäuerinnen und Bauern sind DIE authentischen Botschafter für Lebensmittel“, beschloss Waldenberger seinen Vortragsteil bezugnehmend auf den Megatrend Gesundheit und Ernährung. „Kaum jemand muss mehr großen Hunger leiden, deshalb hat sich er Stellenwert der Ernährung verändert und es sind auch die Tierhaltung und Umwelthemen mehr im Interesse der Menschen“. So werde auch die Lebensmittelqualität neu definiert. Deshalb sei es wichtig, noch mehr ein Bewusstsein zu schaffen, was Landwirtschaft braucht und auch was sie leistet.

Sehr sachliche Diskussion

Zum Abschluss der Veranstaltung waren die Bauern im Publikum selbst am Wort. So machte ein Landwirt etwa die „derzeitige herrschende ideologiegesteuerte Politik“ und das Agieren und die Finanzierung von gewissen NGOs zum Thema und forderte ein wehementeres Auftreten dagegen. Die Aufgabe der Landwirtschaft sei es, mit ihren positiven Themen zu punkten, meinte dazu der Präsident.

Die Forderungen nach fairen Spielregeln mit dem Handel und einem fairen Preis für erhöhten Produktionsaufwand war ebenfalls ein Diskussionspunkt.

Das kontroversielle Thema Vollspaltenböden wurde natürlich auch angesprochen. Der Präsident stellte klar: konkret ist es ein Verbot der unstrukturierten Vollspaltenbucht und es stimme nicht, dass damit nur mehr eine Haltung auf Stroh erlaubt sei.

Die Bürokratisierung und die so wichtige positive Vorbildwirkung für die Jugend in der Landwirtschaft gab ebenfalls Anlass für mehrere Wortmeldungen.

Gegenseitige Wertschätzung und Zusammenhalt

Das der hohe Stellenwert der Landwirtschaft für die Gesellschaft und für die Ernährung auch immer wieder medial kommuniziert werden müssen, war eine klare Aufforderung der Kammerführung. Hier gelte es die Vielfalt der Medien zu nutzen und authentisch zu sein. Wichtig sei auch die gegenseitige Anerkennung der Bauern, der Zusammenhalt untereinander.

Neben der Diskussion gab es auch wertschätzende Worte für das Engagement der Kammerführung und die Bereitschaft sich der kritischen Diskussion zu stellen. Entschieden trat Dietachmair für die landwirtschaftlichen Funktionäre ein, die sich ehrenamtlich und mit Engagement für die Bauernschaft einsetzen. Ein „heruntermachen von Funktionären“ sei nicht in Ordnung.


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