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Reportage: Bald „Vakuum in der Großtierpraxis“

Katharina Vogl, 21.10.2018 19:00

BEZIRK ZWETTL. 17 Tierarztpraxen sind im Bezirk gemeldet, viel hat sich getan in der Branche, während die Nutztierärzte massiv zurückgehen und bereits von „einem Vakuum in der Großtierpraxis“ die Rede ist, ist die Kleintiermedizin im Wachsen begriffen. Und auch die Spezialisierungen nehmen zu, vom Herzultraschall über die Behandlung mit Alternativmedizin bis hin zur laparoskopischen Kastration wird vieles geboten. Tips hat sich umgehört.

Rüde Balduin beim Herzultraschall in der Tierarztpraxis Dourakas in Schweiggers
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Christian Rosenmayr betreibt seine Praxis in der Gerungserstraße in Zwettl bereits in dritter Generation, seine Familie verfügt damit über einen reichen Erfahrungsschatz, eröffnete doch sein Großvater bereits 1939 die Tierarztpraxis in Zwettl. Damals standen noch die Nutztiere im Vordergrund - Rinder, ein paar Schweine, das Arbeitspferd, Schafe und auch Ziegen zählten zu den Patienten. Die Nachkriegszeit war unter anderem gekennzeichnet durch die Ausmerzung verschiedener Tierseuchen, wie etwa die Rindertuberkulose, eine auch auf den Menschen übertragbare Krankheit, die in vielen Bauernhäusern vorkam. Ein Meilenstein war die Einführung der künstlichen Besamung bei Rindern. „Ab den 70ern kam dann langsam die Betreuung von Kleintieren auf“, weiß Christian Rosenmayr, der 1985 begann, in der Praxis seines Vaters mitzuarbeiten.

Allergien werden häufiger

Als einer, der unter anderem viel mit Hautkrankheiten konfrontiert wird, beobachtet er, das Allergien ebenso bei den Tieren zunehmen, Rosenmayr führt das nicht zuletzt auf Fertignahrung und auf sich ändernde Umweltbedingungen zurück. Er gilt heute als Allrounder unter den Tierärzten. „Wir betreuen auch noch viele Nutztierbetriebe und zählen damit wahrscheinlich zur aussterbenden Tierarztgattung“, meint er mit einem Augenzwinkern.

Trend in Richtung Kleintiermedizin

Den Trend in Richtung Kleintiermedizin bestätigt auch Bezirkstierärztevertreter Josef Perner, er gibt zu bedenken: „Auch wenn im Bezirk aktuell noch eine gute Versorgung von Nutztieren gewährleistet ist, erreicht in den nächsten Jahren eine bedeutende Anzahl von Kollegen das Pensionsalter.“

Stefan Leisser, Leiter der Tierklinik Zwettl, hat sich seit 18 Jahren den Kleintieren verschrieben und spricht von einem „entstehenden Vakuum in der Großtierpraxis“: „Die landwirtschaftlichen Betriebe werden deutlich weniger und die bestehenden größer. Und auch die Arbeitsbedingungen sind weniger attraktiv.“

Operation mittels Minikamera

Stefan Leisser setzt seit Anfang des Jahres auf die laparoskopische Kastration und ist damit waldviertelweit noch federführend. Der Vorteil bei der Operation mittels Minikamera liegt bei einem kleineren Bauchschnitt und einer schmerzfreien Technik, „der Vierbeiner ist nach ein paar Stunden wieder fit“, meint Leisser, der auf dem Gebiet der laparoskopischen Operation noch viel Potential sieht. Diese Technik setzt neben einer Spezialausbildung auch chirurgische Erfahrung voraus. Die bringt Leisser mit: „Ich bin der einzige im Bezirk, der größere orthopädische Operationen macht, vom Kreuzbandriss über die Knochenfraktur bis hin zu komplexen Weichteil-Eingriffen.“

Zu 90 Prozent kommen Katzen oder Hunde zu ihm auf den Behandlungstisch, gefolgt von Nagern und Exoten. Aber auch Fischotter, Axolotl oder ein afrikanischer Weißbauchigel mit einem Bandscheibenvorfall ist ihm nicht fremd. „Das macht den Beruf abwechslungsreich, spannend und bunt“, lacht Leisser.

Globuli für Rüde Balduin

Heute ist Hund Balduin auf Kontrollbesuch bei Matthias und Stamatios Dourakas in Schweiggers. Dem Vierbeiner machte ein Kreuzotterbiss vor einem Jahr schwer zu schaffen. „Sein Leben stand mehrfach auf der Kippe, schlussendlich musste seine Milz entfernt werden, da diese zu reißen drohte“, erzählt Besitzerin und Hundetrainerin Manuela Nemeth. Massive Hautprobleme, die einen offenen Bauch mit sich brachten, ein dünnes, schütteres Haarkleid und fehlende Agilität waren die Folge.

„Durch die Entnahme der Milz wird das Tier extrem geschwächt, schulmedizinisch gesehen, haben Hunde danach nicht mehr lange zu leben“, weiß Stamatios Dourakas. Er beschäftigt sich seit über 30 Jahren auch mit Formen der alternativen Behandlung. Wie bereits sein Vater wendet er neben der Schulmedizin Homöopathie als auch Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) komplementär an. Hier kommen ganz andere Werkzeuge zum Einsatz. „In der Schulmedizin betreibt man weniger Ursachenforschung, bei den alternativen Behandlungsformen widmen wir uns vertieft dem Patienten, eine genaue Anamnese ist äußerst wichtig“, erklärt Dourakas.

Je mehr Details bekannt sind, desto leichter ist die Mittelfindung, angesichts der 400 homöopathischen Einzelmitteln in seiner Apotheke nicht verwunderlich. Das 3000 Jahre alte Wissen der TCM eignet sich wiederum hervorragend, um organische Probleme anzupacken und um die Balance im Körper, die Lebensenergie - das Qi - wieder herzustellen, erläutert Dourakas.

Nach einem dreiviertel Jahr in Behandlung hat sich Balduin nun stabilisiert. „Ich arbeite seit 36 Jahren mit Hunden und es hat sich gezeigt, das sie wahnsinnig gut darauf ansprechen, weil sie vollkommen wertfrei darauf zugehen“, meint Frauchen und Tiertrainerin Manuela Nemeth.

Turnierhund Balduin hat dem Tod scheinbar ein Schnippchen geschlagen und nimmt nach wie vor erfolgreich an österreichischen Meisterschaften teil.

Moderner Herzultraschall

Hochmodern geht es eine Tür weiter zu, hier wird Balduins Herz genau unter die Lupe genommen, mittels Ultraschall (und EKG). Diese moderne Methode ist mit der Schweigginger Tierarztpraxis ebenfalls im Waldviertel angekommen. Juniorchef Matthias Dourakas hat dafür eine spezielle Ausbildung in Deutschland absolviert. „Ich habe relativ viele Patienten mit Herzmedikamenten erlebt, allerdings möchte ich Medikamente nur gezielt und nicht flutartig einsetzen“, befürwortet Matthias einen präventiven Zugang.

Hundebesitzerin Manuela Nemeth, die dafür zuvor immer zum Kardiologen nach Wien fahren musste, freut sich jedenfalls über das neue Angebot im Waldviertel


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