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Tips-Sommergespräch mit Gesundheits- und Soziallandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ)

Michaela Aichinger, 18.08.2020 12:03

BEZIRK. Tips bat Gesundheits- und Soziallandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) zum Gespräch über die Corona-Pandemie, die Indexierung von Beihilfen und über den politischen Umbruch in Amstetten.

Landesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig im Tips-Interview Foto: weinfranz.at
Landesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig im Tips-Interview Foto: weinfranz.at

Tips: Frau Landesrätin, wir sind nach einem herausforderndem Frühjahr mitten im Sommer angelangt. Wie hat Niederösterreich Ihrer Ansicht nach die Covid-19-Herausforderungen bisher gemeistert?

Ulrike Königsberger-Ludwig: Aus meiner Sicht haben wir in Niederösterreich bisher hervorragende Arbeit geleistet und gemeinsam große Herausforderungen gemeistert: zu Beginn waren wir mit der prekären Situation der fehlenden Schutzausrüstung bei einer sehr angespannten Weltmarktlage konfrontiert und mit der Notwendigkeit, rasch die nötigen Strukturen zur Testung und zur Kontaktpersonennachverfolgung zu erstellen. Zudem mussten wir viele weitere Maßnahmen wie etwa Besuchsregelungen setzen. Bei einer enormen Anzahl an Testungen (über 180.000, Stand 17. August) in dieser kurzen Zeit gab es natürlich auch vereinzelt Verbesserungspotential, das es zu nutzen gilt. Man kann aber sehr zufrieden sein, wie wir unter Mithilfe der Niederösterreicher bisher die Pandemie durchgestanden haben.

Tips: Wie ist die aktuelle Lage?

Königsberger-Ludwig: Wie alle Bundesländer verzeichnet auch Niederösterreich steigende Zahlen, und wir können ohne Impfstoff oder Medikament nicht verhindern, dass sich das Virus weiterhin ausbreitet. Allerdings wird durch ein konsequentes, rasches und möglichst lückenloses Nachverfolgen der Ansteckungsquellen und ein rasches Reagieren in Form von Absonderungen, wenn es nötig ist, die unkontrollierte Ausbreitung verhindert.

Tips: Wie zufrieden sind Sie mit der Zahl der Testungen?

Königsberger-Ludwig: Die Zahl der Testungen alleine sagt wenig über Erfolg oder Misserfolg im Umgang mit der Pandemie aus. Viel wichtiger ist, dass dort rasch getestet wird, wo ein Verdachtsfall vorliegt und die Umgebung mitgetestet wird, wenn die Gefahr einer Ausbreitung besteht. Außerdem muss die Maßnahme „Testen“ mit den weiteren wichtigen Eckpunkten Kontaktpersonennachverfolgung und Absonderung gemeinsam betrachtet werden. Ich bin mit dem derzeitigen Ablauf sehr zufrieden und auch überzeugt, dass wir die notwendigen Kapazitäten gesichert haben, wenn die Testzahlen im Herbst wieder steigen sollten.

Tips: Der Herbst steht vor der Tür und mit ihm soll die Corona-Ampel kommen. Wie bewerten Sie dieses Instrument und wie läuft hier die Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium?

Königsberger-Ludwig: Das System der Corona-Ampel ist eine nachvollziehbare Idee, um einen transparenten und abgestuften Umgang mit lokalen Ausbrüchen zu ermöglichen, ohne einen erneuten flächendeckenden „Shutdown“ zu riskieren. Um eine abschließende Bewertung abzugeben ist es noch zu früh, da auch die konkreten gesetzlichen Grundlagen aktuell noch nicht beschlossen sind und der Praxistest aussteht. Da die Kommission unter anderem auch mit Vertretern der Bundesländer besetzt ist, besteht hier ein direkter Draht und auch der laufende Austausch mit dem Bundesministerium kann derzeit positiv bewertet werden.

Tips: Es wird berichtet, dass die Covid-19-Pandemie auch zuvor gesunde Menschen auf längere Sicht psychisch aus der Bahn werfen kann. Wie sehen Sie diese Problematik?

Königsberger-Ludwig: Ich kenne die Berichterstattung zu diesem Thema und kann mir gut vorstellen, dass Menschen mit den veränderten Rahmenbedingungen Probleme haben können. Für eine wirkliche Langzeitbetrachtung scheint es mir noch etwas verfrüht, aber nichts desto trotz bin ich überzeugt davon, dass wir unser gutes Netzwerk an Beratungs- und Unterstützungsangeboten absichern müssen, um flexibel auf die Vielfalt der Herausforderungen reagieren zu können. Ich denke es geht primär nicht um ein eigenes „Corona-Angebot“ sondern die Sicherheit, bei Bedarf eine Anlaufstelle vorzufinden.

Tips: Auch Kinder und Jugendliche durchleben coronabedingt schwierige Zeiten. Sie stehen als Landesrätin ja auch dem Bereich Kinder- und Jugendhilfe (ehemals Jugendwohlfahrt) vor. Gab es hier vermehrt Handlungsbedarf?

Königsberger-Ludwig: Es ist oft schwer festzumachen, was die Ursache und der letztendliche Auslöser für eine Kindeswohlgefährdung ist, daher ist eine „coronabedingte“-Zunahme nicht so einfach zu beziffern. Einzelne Expertenstimmen haben aber sehr wohl davor gewarnt, dass ein Gefühl des „Eingesperrtseins“ zu einem erhöhten Aggressionspotential führen kann. Die Kinder- und Jugendhilfe war daher angehalten, hier besonders genau hinzuschauen und hat auch in der schwierigen Zeit des Lockdown die Stellung gehalten. Dafür möchte ich mich bei allen Akteuren bedanken, und bin auch stolz auf die Arbeit die hier geleistet wurde. So wurde auch im präventiven, niederschwelligen Bereich (wie etwa Schulsozialarbeit) auf Online-Beratungen umgestellt, bzw. zum Teil Chatrooms eröffnet um die fehlende Möglichkeit des direkten Kontakts auszugleichen. Die Anbieter waren hier sehr kreativ und haben flexibel auf die neuen Rahmenbedingungen reagiert.

Tips: Gerade die Covid-19-Situation hat gezeigt, wie enorm wichtig Pflegekräfte aus Osteuropa für Österreich sind. Dennoch werden sowohl Familienbeihilfe als auch jetzt der Kinderbonus indexiert. Was kritisieren Sie hier besonders?

Königsberger-Ludwig: Die Kritik bleibt die gleiche, wie ich sie als Nationalrätin und Familiensprecherin des SPÖ-Parlamentsklubs geäußert habe. Ich bin der Meinung, dass jedes Kind gleich viel Wert sein muss und gerade der Bereich der 24 Stunden-Betreuung mehr Wertschätzung erfahren sollte. In Österreich haben wir alle Hebel in Bewegung gesetzt, um den Transport und die Einreise für die Betreuungskräfte zu organisieren, was zeigt, welche Bedeutung diese Personengruppe für die Versorgung der Bevölkerung hat, symbolisieren aber mit der Indexierung der Familienbeihilfe das Gegenteil. Abgesehen von der Unionsrechstwidrigkeit bin ich davon überzeugt, dass Einsparungen an anderer Stelle passieren sollten.

Tips: Zum Thema Frauengesundheit: Sie plädieren ja für Frauengesundheitszentren in Niederösterreich. Ziel sei ein Zentrum in jeder NÖ Gesundheitsregion. Warum sind solche Frauengesundheitszentren Ihrer Ansicht nach so wichtig und wie sieht es hier aktuell aus?

Königsberger-Ludwig: Wir wissen, dass Frauen andere Gesundheitsrisiken haben als Männer und auch die Symptome und die Häufigkeiten von einzelnen Erkrankungen sind oft unterschiedlich. Ein weiterer Aspekt ist die andere Lebenssituation (Stichwort Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die häufig auch die Pflege von Angehörigen beinhaltet) und dadurch die Notwendigkeit einer auf Frauen abgestimmten Präventionsarbeit im Gesundheitswesen. Wir haben eines der besten Gesundheitssysteme weltweit, aber es gibt immer auch Potential für stetige Verbesserungen. Ich bin überzeugt, dass ein spezielles Angebot für Frauen ein wichtiger Schritt ist, den uns andere Bundesländer bereits vorgemacht haben. Daher sind wir derzeit unterwegs, um über die Notwendigkeit zu informieren und Unterstützer für diese Sache zu finden.

Tips: Themenwechsel Richtung Amstetten: Sie waren ja lange Jahre politisch sehr aktiv in Amstetten tätig – zuletzt als Kulturstadträtin. Wie sehen Sie den politischen Umbruch, der Anfang des Jahres stattgefunden hat?

Königsberger-Ludwig: Natürlich tut mir der Umbruch im Herzen weh. Vor allem dass das, was die Sozialdemokratie in Amstetten geschafft hat – geringe Verschuldung, tolle Naherholungsgebiete, großes Kulturangebot, tolles Sport- und Schulangebot – nicht die Rolle im Gemeinderatswahlkampf gespielt hat, die es spielen hätte sollen. Wobei der Wähler immer recht hat und das auch so zu akzeptieren ist. Ich beobachte aber, dass die Menschen zunehmend auf Persönlichkeiten achten und es immer weniger Rolle spielt, was gemacht wurde. Dieser Paradigmenwechsel findet aktuell überall in der Politik statt und das mag dazu beigetragen haben, dass „das Neue“ so verlockend gewesen sein könnte. Kurz zusammengefasst: Der Wähler hat immer recht, aber als Sozialdemokratin tut mir das natürlich im Herzen weh.

Tips: Zum Schluss noch eine Frage an Sie als Gesundheitslandesrätin: Wie halten Sie sich persönlich fit? Welchen sportlichen Ausgleich finden Sie zum Arbeitsalltag?

Königsberger-Ludwig: Ich achte auf meine Ernährung und betreibe regelmäßig Sport. Ich brauche den Sport sowohl zum körperlichen als auch zum geistigen Ausgleich in meinem Alltag. Ich walke, laufe oder schwimme in unserem Pool. Dabei komme ich zur Ruhe und kann die Eindrücke des vergangenen Tages ordnen. Wenn ich am Morgen Sport betreibe, gehe ich schon aufgewärmt und wach in den Tag. Ich liebe diesen Ausgleich, der mich in Balance hält.


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