Blick auf die Insolvenz-Statistik
BEZIRK. Der Gläubigerschutzverband Creditreform hat die endgültigen Zahlen der aktuellen Insolvenzentwicklung in Österreich 2021 erhoben: Insgesamt gab es in Österreich 10.733 Firmen- und Privatinsolvenzen.
Konkret schlitterten österreichweit 2021 3.076 Unternehmen in die Pleite (-3,1 Prozent im Vergleich zu 2020). In Niederösterreich gab es 2021 615 Unternehmensinsolvenzen (+11 Prozent im Vergleich zu 2020). Niederösterreich verzeichnet somit nach Wien (1.201) die meisten Unternehmensinsolvenzen und weist bundesweit die größte prozentuelle Steigerung an Unternehmensinsolvenzen vor. Auf Platz drei befindet sich die Steiermark mit 360 Unternehmensinsolvenzen. Schlusslicht ist Vorarlberg (51).
Unternehmensinsolvenzen im Bezirk
Im Bezirk Amstetten gab es 2021 40 Unternehmensinsolvenzen (+33,3 Prozent im Vergleich zu 2020). Den größter Anstieg gab es im Bezirk Neunkirchen mit +180 Prozent. Den größten Rückgang an Unternehmensinsolvenzen gab es im Bezirk Hollabrunn (-66,7 Prozent). Gleich geblieben ist die Anzahl der Unternehmensinsolvenzen in Waidhofen an der Ybbs (Stadt): sowohl 2020 als auch 2021 schlitterten drei Unternehmen in die Pleite. In absoluten Zahlen gab es 2021 in Wiener Neustadt (Stadt) mit 88 Firmenpleiten die meisten Unternehmensinsolvenzen in Niederösterreich.
Insolvenz Seisenbacher GmbH
Zu den Top 10-Insolvenzen 2021 (nach Verbindlichkeiten) zählt auch die Seisenbacher GmbH (Spezialist für Schienenfahrzeug-Interieur) aus Ybbsitz mit 23,1 Millionen Euro an Verbindlichkeiten (Platz 8). Betroffen von der Insolvenz sind 83 Arbeitnehmer.
Eröffnete Firmeninsolvenzen steigen erstmals seit zwei Jahren wieder
Der Gläubigerschutzverband Creditreform hat die endgültigen Zahlen bei den Firmeninsolvenzen für das Jahr 2021 in Österreich analysiert. Die Gesamtzahl an Firmeninsolvenzen ist nach dem starken Einbruch seit Beginn der Corona-Pandemie nur mehr 1,0% zurückgegangen. Ein Blick in die Details zeigt, dass dieser Trend der letzten eineinhalb Jahre nun zu Ende geht. Die Zahl der eröffneten Verfahren ist erstmals seit sechs Quartalen um 12,3% auf über 2.000 gestiegen. Betrachtet man allein das 4. Quartal 2021, so zeigt sich, dass die Zahl der eröffneten Verfahren um 174% angestiegen ist.
„Normalisierung“ des Insolvenzgeschehens
Als Grund für die „Normalisierung“ des Insolvenzgeschehens sieht Gerhard M. Weinhofer, Geschäftsführer des Gläubigerschutzverbandes Österreichischer Verband Creditreform das Auslaufen der Stundungen durch GKK und Finanzämter und die vermehrte Antragsstellung auf Insolvenzeröffnung durch diese Institutionen. Dazu kommt, dass viele Unternehmer durch die volatile, stark verunsichernde Pandemiesituation, in der eine betriebswirtschaftliche Planbarkeit erschwert wird, die Reißleine gezogen haben.
Management-Fehler & Co
Die Insolvenzursachen liegen generell in Managementfehlern, im Wettbewerb (Preiskampf, sinkende Margen) sowie im Mangel an Kapital und damit konkret in Problemen bei der Rückzahlung der gestundeten Abgaben und Steuern. Da es nur wenige Großinsolvenzen gab, sind sowohl die Insolvenzpassiva (ca. 1,1 Mrd. Euro) als auch die betroffenen Arbeitsplätze (ca. 8.800) stark rückläufig.
Privatinsolvenzen
Österreichweit wurden 2021 7.657 Privatinsolvenzen (-4 Prozent im Vergleich zu 2020) verzeichnet. In Niederösterreich gab es 1.076 Privatinsolvenzen (-15,1 Prozent im Vergleich zu 2020). Damit liegt Niederösterreich auf Platz zwei hinter Wien mit 2.794 Privatinsolvenzen. Dennoch ist Niederösterreich nach Salzburg (-24,6 Prozent) jenes Bundesland mit dem größten prozentuellen Rückgang an Privatinsolvenzen. Den größten prozentuellen Anstieg an Privatinsolvenzen gab es in Tirol (13,8 Prozent).
Privatinsolvenzen im Bezirk Amstetten
Der Bezirk Amstetten verzeichnete 2021 34 Privatinsolvenzen. 2020 waren es noch 55. Das bedeutet einen Rückgang von 38,2 Prozent und niederösterreichweit den größten Rückgang an Privatinsolvenzen gleich nach dem Bezirk Wien Umgebung (-43,6 Prozent). Den prozentuell größten Anstieg an Privatinsolvenzen verzeichnet Waidhofen an der Ybbs Stadt mit +200 Prozent: drei Private waren 2021 von einer Insolvenz betroffen. 2020 war es eine Person. In absoluten Zahlen gab es 2021 im Bezirk Baden mit 127 Betroffenen die meisten Privatinsolvenzen Niederösterreichs.
Privatinsolvenzen gehen weniger stark zurück
Der Gläubigerschutzverband Creditreform hat die endgültigen Zahlen bei den Privatinsolvenzen für das Jahr 2021 in Österreich analysiert. Die Gesamtzahl der Privatinsolvenzen ist um 4,0% auf 7.657 Verfahren weiter, wenn auch nicht mehr so stark, zurückgegangen. Die Zahl der eröffneten Schuldenregulierungsverfahren stagniert dabei bei rund 7.200. Die mangels Vermögen abgewiesenen Insolvenzen sanken um 30% auf 448 Verfahren. Damit wurde ein neuer Tiefstandrekord erreicht.
Reform des Insolvenzrechts
Zu den Gründen meint Gerhard M. Weinhofer, Geschäftsführer des Gläubigerschutzverbandes Österreichischer Verband Creditreform: „Die staatlichen Hilfen und die schnelle Erholung der Wirtschaft ließen die Arbeitslosigkeit und damit die Insolvenzen weiter zurückgehen. Doch seit Herbst gibt es eine Trendumkehr, ausgelöst durch die Reform des Insolvenzrechts und der damit einhergehenden schnelleren Entschuldungsmöglichkeit.“
Jobverlust & Co
Allgemein liegen die Insolvenzursachen bei Privatpersonen im Jobverlust, in der gescheiterten Selbständigkeit sowie generell im sorglosen Umgang mit Geld. Auslöser sind dann oftmals zusätzliche Faktoren im höchstpersönlichen Bereich wie Krankheit und Scheidung.
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