Interview: Kika/Leiner-CEO will bei Kunden das "Will-Haben-Gefühl" auslösen
ANSFELDEN. Am 8. Oktober 2018 hat der Norddeutsche Reinhold Gütebier die Geschäftsführung des Kika/Leiner-Konzerns übernommen. Tips hat den Möbel-Experten in der Kika-Filiale Ansfelden zum Gespräch getroffen und mit ihm über seine Pläne für den Konzern gesprochen.
Tips: Sie wollten eigentlich den Ruhestand antreten. Wie kam es dazu, dass Sie jetzt CEO von Kika/Leiner sind?
Reinhold Gütebier: Ich bin mit der Familie Segmüller ganz eng verbunden. 2016/17 haben wir noch eine Filiale in Köln (Filiale Pulheim bei Köln, Anm.) eröffnet. Ich hatte der Familie versprochen, das Haus an das Netz zu bringen und mich so lange massiv um das Haus zu kümmern, bis es da ist, wo es hin soll. Und dass ich dann bis zu 31. Dezember 2019 es langsam ausklingen lasse und meinen Nachfolger weiter einbinde. Über einen gemeinsamen Bekannten in München bin ich mit René Benko ins Gespräch gekommen.
Tips: Wie hat Sie René Benko überzeugt?
Gütebier: Er hat mich in seinen Bann gezogen und mich davon überzeugt, dass die Sanierung etwas Krönendes am Ende meines Berufslebens sei. Benko sagte, er könne sich eine Insolvenz von Kika/Leiner als Österreicher nicht erlauben. Er hat mir die Dimension vor Augen geführt: 5.000 Arbeitsplätze in Österreich sind so wie 40.000 Arbeitsplätze in Deutschland. René Benko liegt wirklich etwas an der Sanierung, der kniet sich da rein. Ich habe einmal pro Woche Kontakt mit ihm - damit habe ich nicht gerechnet.
Tips: Privat muss der Umzug nach Österreich eine große Veränderung gewesen sein.
Gütebier: Meine Frau hat gemeint: „Ich, zu Hause, das geht gar nicht.“ (lacht) Die Stelle heiß für mich extremes Durchstarten, auch privat. Meine Frau und ich fühlen uns in St. Pölten sehr wohl. Wir lieben die Wachau, Wien ist mit dem Zug nur 25 Minuten entfernt. Nach einem Vierteljahr kann ich sagen, es war die richtige Entscheidung.
Tips: Wie ist die Stimmung bei den Mitarbeitern im Konzern?
Gütebier: Ich besuche derzeit alle Filialen und Logistikzentren und stelle mich bei den Mitarbeitern vor. Wichtig ist, ihnen klarzumachen, dass da jemand ist, der Sicherheit gibt und der das Handwerk kennt. Ich habe am 1. August 1968 in der Möbelbranche eine kaufmännische Ausbildung begonnen. Ich arbeite also seit 50 Jahren nur in der Möbelbranche und ich weiß, wie es auf der Fläche abläuft, was es heißt, die Unterschrift eines Kunden zu bekommen.
Tips: Sind die Kunden im Handel schwieriger geworden?
Gütebier: Sie sind nicht schwieriger, sondern viel aufgeklärter und informiert. Durch das Internet können sich Kunden mit den Produkten auseinandersetzen.
Tips: Werden weitere Mitarbeiter entlassen?
Gütebier: Nein, im Gegenteil. Im Bereich Küche werden in ganz Österreich 50 neue Mitarbeiter eingestellt. Im zweiten Halbjahr 2019 wollen wir wieder Mitarbeiter in allen Bereichen einstellen. Vor allem im E-Commerce wird aufgestockt. Den Onlinehandel hat die Möbelbranche mehr oder weniger verschlafen. Die Kundenfrequenzen auf der Fläche werden nicht steigen. Der E-Commerce muss die fehlenden Frequenzen kompensieren.
Tips: Wie schwierig ist die Suche nach neuen Mitarbeitern?
Gütebier: Die Suche nach Mitarbeitern ist nicht nur in Österreich schwierig, sondern auch in Deutschland. Im Bereich Handwerk ist es aber ausgesprochen schwierig. Der Arbeitnehmer entscheidet jetzt, ob man zu arbeiten beginnt, nicht der Arbeitgeber. Es geht darum, die Mitarbeiter zu pflegen.
Tips: Wie wollen Sie den Kika/Leiner-Konzern umbauen?
Gütebier: Wir müssen im Marketing ansetzen. Die Mediaplanung muss überdacht werden. Bei der Werbung wird es Veränderungen geben. Das muss eine Tal- und Bergfahrt zwischen „preisaggressivem“ und wertigem Werben sein. Beim Marketing spielen auch Events eine Rolle. Ich komme von Unternehmen, wo der Bereich eine monatliche Bedeutung hatte, etwa Konzerte mit Pur, Christina Stürmer oder den Toten Hosen. Die meisten Besucher hat Otto Walkes angezogen. Das Thema Events werden wir 2019 peu à peu angreifen.
Tips: Was ist noch geplant?
Gütebier: Ich habe auch eine Vorstellung davon, wie die Ware in den Häusern stimmungsvoller präsentiert und inszeniert wird, um das „Will-Haben-Gefühl“ zu wecken. Der Effekt ist das Optimum. Am Schluss muss es heißen: „Vati, wir kaufen die ganze Koje, mit den Accessoires.“
Wir sind heute gefordert, dass ein Einrichtungsberater optimal aufgestellt ist, fachlich und im Sinne von „bedienen“. Dienen heißt auch, aktiv auf die KUnden zuzugehen. Der Kunde sucht nicht den Berater, sondern er soll aktiv beraten werden. Wir wollen durch Schulungskonzepte nachrüsten. Schulungen heißen ja nicht, dass ein Mitarbeiter etwas nicht kann. Ein Facharzt etwa muss sich auch ständig weiterbilden.
Tips: Bleiben Kika und Leiner eigenständige Häuser?
Gütebier: Es soll eine ganz klare Positionierung geben. Wir arbeiten noch am Feintuning. Kika wird das modisch jüngere, dynamische Haus in der guten Konsumecke sein. Leiner wird das wertigere Möbelhaus sein mit einem absoluten Premiumsegment, das aber den Preiseinstieg nicht vernachlässigt. Diese Unterscheidung wollen wir bis Anfang März abschließen.
Tips: Wie beurteilen Sie die Kika-Filiale in Ansfelden?
Gütebier: Der Standort Ansfelden ist ganz bedeutend für uns. Hier gibt es Potenzial, die Verkehrsanbindung ist optimal und das Haus hat eine gute Ausstrahlung. Ansfelden kommt meiner Idealvorstellung eines Möbelhauses schon sehr nahe.
Tips: Wie lief das Weihnachtsgeschäft?
Gütebier: Fulminant. Im November hatten wir erstmals ein Umsatzplus von mehreren Prozent seit 15 Monaten. Meine Assistentin hat das so schön gesagt: „Ist das nicht ein schönes Lebenszeichen?“ Der Dezember war Rekord. Wir haben an einzelnen Tagen den höchsten Umsatz der ganzen Geschichte von Kika/Leiner schreiben dürfen und das ging so weiter bis 7. Januar. In der Möbelbranche sind die Tage zwischen Weihnachten und Dreikönige die wichtigsten Tage. Unsere Werbung hat hier richtig gegriffen, wir hatten gigantische Frequenzen. Das ist ganz wichtig für alle Mitarbeiter, denn sie sehen: Es geht voran, wir sind wieder da. Die rieisigen Frequenzen sind der Lohn der Arbeit und das beflügelt.
Tips: Waren auch die Kunden verunsichert?
Gütebier: Die Verunsicherung war so groß, dass die Investitionsgüter haben gefehlt haben. Den einzelnen Stuhl kaufe ich schon, aber Küche oder Schlafzimmer nicht. Das hat sich eigentlich schon im Herbst leicht, im November spürbar und jetzt ganz deutlich verändert.
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