ENNS. Die Stadt hat sich in den vergangenen sechs Jahrzehnten stark verändert. Der Ennser Ferdinand Pay ist vielen Ennser als profunder Kenner der Stadtgeschichte bekannt und hat für Tips seine Erinnerungen an frühere Zeiten verfasst. Pay genoss eine unbeschwerte Kindheit ohne Internet und Handy, dafür mit Freiräumen, die für heutige Jugendliche unvorstellbar sind.
Früher wohnten in jedem Stadthaus Familien mit vielen Kindern und diese trafen sich im Sommer nachmittags in Klothhose am Schotterplatz des Pfarrhofs zum Kicken mit dem Bazooka-Ball.
Die Filme im Kino waren entweder jugendfrei oder erst ab sechzehn oder achtzehn Jahren zugänglich. „Der Schatz im Silbersee“ im Kinosaal der Familie Watzik in der Mauthausener Straße war ein besonderes Ereignis.
Süßes in der Linzer Straße
Dort betrieb Frau Danninger eine Milchbar und es gab köstliche Cremeringe. Bei Frau Händl gab’s leckeres Eis und bei den Dorn- Schwestern das beste Kracherl. Für 40 Groschen konnte man in der Kirchengasse ein Mohnweckerl für die Schuljause vom Weikl-Bäck kaufen oder Olympiaden-Pickerl zum Sammeln erwerben. Nach dem Fußballtraining ging es zum „Kirschen stehlen“ oder um ein Stanitzel Pommes frittes zu Frau Bräuer in den Grillpavillon. Gekegelt wurde auf einer Ladenbahn und wir Buben haben beim Gaiseder, Gasthaus Zum Goldenen Hirschen, für das Aufstellen der Kegel zehn Groschen pro gefallenem Kegel bekommen. Da kaum jemand einen Fernseher hatte, wurde im Extrazimmer des Wirtshauses Fußball in Schwarz-weiß geschaut.
Markt am Hauptplatz
Am Hauptplatz waren Frau Neidl und Frau Niedersüß täglich als Standlerfrauen aktiv. Das nicht verkaufte Gemüse wurde als Hasenfutter kostenlos weitergegeben. Die Molkerei Enns hatte ein Geschäft am Hauptplatz am Standort der heutigen Volksbank und ein zweites an der Ecke Pfarrgasse-Kirchengasse. Transportiert und heimgetragen wurde die Milch in der „Milchbitsch’n“. Im Zentrum konnte man beim Gintenstorfer, Leutgäb, Ammer, Hemetsberger, Folkes, Rezucha, Huemer und Geiblinger Dinge für den täglichen Gebrauch erstehen. Knöpfe aller Art, Stoffe, Vorhänge als Meterware gab’s beim Posch und beim Aichinger. Herbert Häusler vom Kaufhaus GÖC sorgte für die passende Bekleidung. Bis zum Herbst 2022 betrieb er sein kleines Textilgeschäft in der Linzer Straße ohne Telefonanschluss. Wolle und Strickzubehör konnte man bei Frau Czermak kaufen. Bei den Fleischhauern Reisinger, Zittmayr, Schiefner und Stockinger wurde die Leberkässemmel noch in Zeitungspapier eingepackt. Lebensmittel gab’s dekaweise und als Stückware. Von der Schichtseife zum Waschen bis zum Petroleum konnte alles erworben werden. An der Kassa wurde dann gefragt: „Zahlen oder aufschreiben lassen?“ Wurde ins Büch‘l aufgeschrieben, musste man am Ersten des Folgemonats seine Schulden begleichen.
Handwerker in der Stadt
Die Fußballschuhe wurden beim Hubauer Schuster in der Fürstengasse gedoppelt. Manchmal musste man den Schuster an der „Außenstelle Gasthaus Pilz“ um die Ausfolgung der Schuhe ersuchen. Die Tornetze des Ennser SK flickte der Sailer Danner, und dieser hatte trotz dicker Brille jederzeit einen guten Überblick über das Warenlager. Die Firmen Eisen-Lenz und Glaserei Panholzer betrieben am Hauptplatz noch Verkaufsgeschäfte und die Fahrräder wurden beim Magerl und Knoll repariert.
Gericht und Schule
In den oberen Stockwerken des Sparkassengebäudes war die Hauptschule untergebracht und im Erdgeschoß, Ecke Linzer Straße, wurde den Herren und Damen im Friseursalon Wimberger die Haare gemacht. Unterm „Armen Sünder Glockerl“ am Hauptplatz 19 sorgte am Bezirksgericht Dr. Kreindl für Recht und Ordnung. Das Museum war im ersten Stock untergebracht und Dr. Kneifel senior war Kustos. Im Erdgeschoss des selben Gebäudes konnten wir Kinder das Rote Kreuz und die Feuerwehr bestaunen.
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