
BEZIRK LINZ-LAND. Laut der am 4. Jänner in Kraft getretenen REACH-Verordnung der Europäischen Union wurden tausende Chemikalien, die in Tätowierfarben und Permanent Make-up enthalten sind, verboten. Tips hörte sich um, welche Auswirkungen die neue Verordnung auf die Branchen hat.
Mit der REACH-Verordnung sollen Tätowierfarben und Permanent Make-up, deren Inhaltsstoffe angeblich krebserregend oder allergieauslösend sein können, sicherer gemacht werden. Für Stephan Ruprechtsberger, Inhaber des Tattoostudios „Vagabund Tattoo“ in Enns, kommt die neue Verordnung nicht überraschend. „Dass das Verbot kommt, ist schon seit Jahren bekannt. Ein Problem ist, dass die meisten Farbhersteller nicht bzw. zu zögerlich darauf reagiert haben“, sagt er.
Weg in die Illegalität
Die REACH-Verordnung führt dazu, dass bestimmte Farb-, Schwarz- und Grautöne nicht nur nicht mehr verwendet, sondern in den Tattoostudios auch nicht mehr gelagert werden dürfen. Stephan Ruprechtsberger befürchtet, dass die Kunden nun verstärkt in nicht EU-Länder ausweichen oder sich ihre Tätowierungen auf illegalem Weg beschaffen werden. Da gegenwärtig nur wenige Farbhersteller in der Lage sind, REACH-konform zu produzieren, werde es aufgrund der hohen Nachfrage in der durch Corona ohnehin krisengebeutelten Branche auch zu Lieferengpässen und verstärkter Konkurrenz kommen. „Einmal mehr zeichnet sich eine realitätsferne EU-Kommission durch das kurzsichtige Durchpeitschen einer unternehmerfeindlichen Verordnung aus. Während gleichzeitig einer Forcierung der Atomenergie angedacht wird, wird einer gesamten Branche aufgrund purer Vermutung das Werkzeug entzogen, denn noch nie ist auch nur ein Mensch nachweislich als Folge einer Tätowierung beispielsweise an Krebs erkrankt oder an Inhaltsstoffen diverser Tattoofarben ernsthaft gesundheitlich erkrankt“, kritisiert er.
Kunden sind verärgert
Die REACH-Verordnung bedeutet auch eine große Erschwernis für die Stylistin und Visagistin Karolina Lindinger aus Enns. Da die Farbpaletten nun stark eingeschränkt sind, sinkt nicht nur die Auswahlmöglichkeit für die Kunden, es kommt auch zu Lieferengpässen. „Nachbehandlungen sind jetzt schwieriger umzusetzen, weil ich andere Farbtöne nehmen muss, was ein anderes Ergebnis bringt und manche Kunden verärgert“, sagt sie. Bereits gekaufte Farbfläschchen, die nun nicht mehr verwendet werden dürfen, muss sie auf eigene Kosten entsorgen. Lindinger hätte daher auf eine längere Übergangszeit und auf mehr finanzielle Unterstützung gehofft. Zusätzlich steigt der Aufwand für die Bürokratie, da alles dokumentiert werden muss und die Kunden Einverständniserklärungen unterschreiben müssen.
Petition beim EU-Parlament eingebracht
Wie Ruprechtsberger kennt sie keine Fälle, wo allergische Reaktionen bei den Kunden aufgetreten wären. „Die Produkte sind sehr gut und enthalten keine Schwermetalle oder andere Schadstoffe. Ich hatte in meinem Studio schwerste Allergiker, aber bei den Allergietests haben meine Kunden noch nie eine Reaktion auf die Farben gezeigt“, sagt sie. Da es für die Pigmente „Blau 15:3” und „Grün7” derzeit keine adäquate Alternativen gibt, gilt für diese beiden Farben ein längerer Übergangszeitraum bis 4. Jänner 2023. Bundesberufsgruppensprecher Erich Mähnert hat zum Erhalt der beiden Pigmente eine Petition beim Europäischen Parlament eingebracht. Diese hat mittlerweile 176.698 Unterstützungsunterschriften.