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65 Anzeigen nach nicht angemeldeter Corona-Demo in Gmunden

Daniela Toth, 12.01.2021 10:12

GMUNDEN/BAD ISCHL. Für gestern Abend, 11. Jänner, wurde in Gmunden und Bad Ischl erneut in sozialen Medien zu Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen aufgerufen. Vor allem in Gmunden hatte man, aufgrund angekündigter in der Szene bekannter Redner, mit vielen Teilnehmern gerechnet. Laut Zählungen der Polizei waren rund 500 Personen in Gmunden, es kam zu 65 Anzeigen wegen Covid-Übertretungen. In Bad Ischl demonstrierten etwa 30 Personen.

Demonstranten auf dem Rathausplatz       Foto: Wolfgang Spitzbart
Demonstranten auf dem Rathausplatz Foto: Wolfgang Spitzbart

Österreichweit sorgten zuletzt mehrere als „Spaziergänge“ bezeichnete Demonstrationen für Aufregung. Auch Gmunden und Bad Ischl waren in den letzten Tagen Schauplätze derartiger nicht angemeldeter und über soziale Medien organisierter Veranstaltungen.

Die Demonstrationen richteten sich gegen die Corona-Maßnahmen und gegen die Bundesregierung. Im Bezirk fanden bislang fünf Demos statt. Während die erste am Montagabend der vergangenen Woche rund 1.000 Demonstranten anzog (Teilnehmer sprachen auf Videos von mehreren Tausend), die – ohne Mund-Nasenschutz oder erkennnbare Sicherheitsabstände – laut skandierend durch Gmunden zogen (4. Jänner -> zum Tips-Bericht), waren die folgenden Demos in Bad Ischl (8. Jänner) und Gmunden (10. Jänner -> zum Tips-Bericht) eher ruhig. 

65 Anzeigen, keine Ausschreitungen

Für den Abend des 11. Jänner waren in Bad Ischl und Gmunden weitere Demonstrationen angekündigt. Da für Gmunden die beiden szenebekannten Redner Dr. Konstantina Rösch und Dr. Roman Schiessler angekündigt waren, rechnete die Polizei hier mit mehr Andrang. Um die Einhaltung der Corona-Regelungen sicherstellen zu können, setzte man hier auf einen verstärkten Einsatz. Laut Polizei-Pressesprecher David Furtner waren in Gmunden 500 Demonstranten unterwegs. „Es kam zu 65 Anzeigen wegen Überschreitungen der Corona-Maßnahmen. Ansonsten verlief die Demonstration ruhig“, so Furtner. In Bad Ischl wurden 30 Demonstranten gezählt.

Polizeisprecher: „Es gilt das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit“

Nach der ersten Demo (4. Jänner) war von vielen Bürgern Kritik an der „Untätigkeit“ der Polizei zu hören. Wegen nicht eingehaltener Sicherheitsbestimmungen seien solche Veranstaltungen potenzielle „Superspreader-Events“. Bei anderen kamen Ängste und Erinnerungen an dunkle Zeiten auf: Dies sei „keine Begegnung, sondern ein Marsch“ gewesen, meinte etwa ein Tips-Leser in einem Brief. Dass die Polizei die unangemeldete Demonstration nicht verhinderte, sondern nur begleitete, nahmen auch einige Demonstranten – laut Facebook-Postings – als Unterstützung wahr.

Die Polizei sei jedoch nicht untätig geblieben: Man habe die Veranstaltung beobachtet und dokumentiert, die Veranstalter sollen ausfindig gemacht werden, hieß es auf Nachfrage. Es seien auch mehrere Anzeigen erfolgt. Ein aktives Einschreiten gegen eine – auch nicht angemeldete – Demonstration sei nur bei strafrechtlichen Handlungen möglich, erklärte Polizeisprecher David Furtner als Reaktion auf die Kritik. Es gelte das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit.

Polizei kontrolliert die Einhaltung der Covid-Bestimmungen

Im Lauf der vergangenen Woche legte das Innenministerium – aufgrund ähnlicher Demos auch in anderen Städten – Richtlinien vor. Im Zentrum steht die verstärkte Beachtung der Corona-Maßnahmen.

Bei der zweiten Demo in Gmunden am Sonntag-Nachmittag (10. Jänner) waren daher verstärkende Polizei-Einheiten vor Ort. Zudem wurde auf Flugblättern auf Abstand und Mund-Nasenschutz sowie auf mögliche Strafsanktionen hingewiesen. Die rund 250 Teilnehmer hielten die Regeln ein und verhielten sich „ruhig und besonnen“, so Furtner. Es kam, im Gegensatz zur gestrigen dritten Demo (11. Jänner), zu keinen Anzeigen. 

In Bad Ischl wurde - inklusive gestern Abend - bislang zweimal zu Demonstrationen aufgerufen. Beide Male verliefen diese jedoch ruhig und ohne Anzeigen.

ÖVP, SPÖ, Grüne und BIG: Verständnis für Wut, Kritik an Art der Demo

Bereits zuvor hatten Vertreter von vier im Gmundner Stadtparlament vertretenen Parteien, ÖVP, SPÖ, Grüne und BIG, gemeinsam dazu aufgerufen, nicht an derartigen Veranstaltungen teilzunehmen. Sie betonten einhellig die hohe Bedeutung von Meinungs- und Redefreiheit sowie dem Demonstrationsrecht. Neben der Gefahr durch Ansteckungen während der Demos kritisierten sie, dass Slogans wie „Kurz muss weg“ auch demokratiepolitisch bedenklich seien.

„Es geht uns nicht um Positionen: Jeder darf seine Meinung haben und auch vertreten“, stellte Bürgermeister Stefan Krapf (VP) zu Beginn der Pressekonferenz klar. Wenn man sich für den Rechtsstaat einsetze, müsse man aber auch betonen, dass die Veranstaltung - wie auch jene die für die kommenden Tage angekündigt werden - nicht bei der Bezirkshauptmannschaft angekündigt und daher illegal seien. Zudem sei bei der Demonstration nur von wenigen ein Mund-Nasen-Schutz getragen worden, auch das Abstandsgebot wurde nicht eingehalten.  

Andreas Hecht, Fraktionsobmann der BIG, strich ebenfalls die Bedeutung von Meinungsfreiheit und Demonstrationsrecht hervor. Derartige nicht angemeldete Demonstrationen - damit auch ohne Verantwortlichen - seien höchst bedenklich. Dass bei der Demonstration auch Rufe wie „Schluss mit der Diktatur“ zu hören gewesen seien, sei aus demokratiepolitischer Sicht bedenklich. Es sei schade, dass gerade die Vizebürgermeisterin und Sicherheitsstadträtin (Anm.: Beate Enzmann, FPÖ), sich entschlossen habe, sich nicht an diesem Schulterschluss zu beteiligen.

Auguste Thallinger, Fraktionsobfrau der ÖVP, betonte, dass der Lockdown für alle eine schwierige Lage bringe. Derartige Demonstrationen, zu denen auch Leute von anderen Orten anreisen, würden in der Stadt zu Angst führen: „Die Leute haben Angst vor Eskalation“, so Thallinger, „Radikale Bewegungen hängen sich an derartige Demonstrationen an.“

Auch Uli Feichtinger, seit Jahreswechsel Fraktionsobfrau der Gmundner Grünen, sprach von Organisatoren, „die die Ängste der Bevölkerung ausnutzen“. Das Gewaltpotenzial sei vorhanden, denn „auf Worte folgen Taten“.  Solidarität sei von zentraler Bedeutung - gerade in dieser für alle schwierigen Situation der Pandemie.

Für die SP Gmunden äußerte sich Gemeinderat Markus Medl. Der Frust vieler Menschen sei nachvollziehbar: Arbeitslosigkeit, wirtschaftliche Probleme, wenig Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung und vieles mehr machen die Situation schwierig. „Auch manche Gesetze und Verordnungen haben hier ihren Teil beigetragen“, so Medl. Es sei daher wichtig und legitim, seine Kritik zu äußern - die Frage sei aber: Wie. „Die Bilder vom Montag haben hier viele verstört mit Slogans wie Kurz muss weg. Auch, wenn ich selbst nicht für ihn gestimmt habe: Unsere Regierung ist gewählt - so funktioniert Demokratie“, so Medl eindringlich. Ein gewisser Teil der Demonstranten sei auf Radau aus. Er setze aber darauf, dass man mit vielen ins Gespräch kommen könne und appellierte: „Lasst euch das noch einmal durch den Kopf gehen. Es gibt auch andere Formen des Protestes. Reden wir auf Augenhöhe!“

Bürgermeister Stefan Krapf machte noch auf einen weiteren Aspekt aufmerksam. Er habe selbst vor Weihnachten einen Blick in die Intensivstation des LKH Gmunden werfen können. „Die Möglichkeiten waren hier zu großen Teilen ausgelastet. Jeder will rasch Hilfe  - wenn er zum Beispiel einen Herzinfarkt hat. Aber wenn wir hier nicht aufpassen, könnte es eng werden“, so Krapf weiter. Epidemiologisch stelle das Zusammenkommen von vielen Menschen auf einem Platz - wie bei den Demonstrationen - nahezu eine Sabotage der Bemühungen zur Covid-Bekämpfung dar.

Die Probleme und Sorgen der Bevölkerung seien real, betonten Krapf, Thallinger, Medl, Feichtinger und Hecht. Ein Teil der Demonstranten wolle diese jedoch für seine Zwecke ausnutzen, so die Warnung (-> zum Tips-Bericht).

Stellungnahme der FPÖ

FP-Vizebürgermeisterin Beate Enzmann schloss sich dem Aufruf der anderen Parteien nicht an. Ihre Stellungnahme: „Die FPÖ-Gmunden und ich als FPÖ-Obfrau und Sicherheitsstadträtin trete für Demokratie und freien Rechtsstaat ein. Deshalb trete ich auch für Meinungsfreiheit und das Recht, diese kundzutun ein. Natürlich müssen Verordnungen wie das Tragen von MNS das Einhalten eines Sicherheitsabstands eingehalten werden. Die Kritik am Krisenmanagement der Regierung ist berechtigt und ich teile sie. Die Bundespolizei wurde von der zuständigen Bezirkshauptmannschaft angehalten zu beobachten und deeskalierend zu wirken. Sollten sich jedoch gewaltbereite Gruppen unter die Demonstranten mischen, muss meiner Meinung nach gegen diese hart durchgegriffen werden.“


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