Weitere Angebote

Sociale Medien

Kontakt

Aufregung um Helnwein-Kunstwerke an Gmundner Gebäuden

Daniela Toth, 02.02.2024 10:22

GMUNDEN. Drei großformatige Bilder des Künstlers Gottfried Helnwein lassen in Gmunden die Wogen hochgehen. In der Bevölkerung und auch in der Politik scheiden sich die Meinungen. Der Entschluss zur Einladung des bekannten Malers erfolgte im Kulturausschuss mit Zustimmung aller im Gemeinderat vertretenen Parteien.

Gottfried Helnwein-Bild auf dem Gebäude des Gmundner Stadttheaters (Foto: Tóth)
Gottfried Helnwein-Bild auf dem Gebäude des Gmundner Stadttheaters (Foto: Tóth)

Am Montag, 29. Jänner, wurden in der Gmundner Innenstadt drei großformatige Werke von Gottfried Helnwein montiert (zum Tips-Bericht). Ein Bild auf dem Rathaus zeigt zwei einander küssende Kinder. Auf dem Stadttheater wurden zwei Bilder angebracht: Auf einem ist ein Kind in einer augenscheinlichen SS-Uniform zu sehen, während das andere ein seltsam lächelndes Gesicht mit Blutflecken zeigt. Die Bilder stammen vom bekannten Künstler Gottfried Helnwein, die Aktion wurde von den Salzkammergut Festwochen gemeinsam mit der Stadtgemeinde Gmunden initiiert.

Aufrüttelnde Bilder, vielfältige Meinungen

Gottfried Helnwein, dessen Werke in Galerien in der ganzen Welt zu sehen sind, ist bekannt für seine polarisierenden, fotorealistischen Werke. 2022 setzte er mit einem Plakat am Südturm des Stephansdoms ein Zeichen gegen Gewalt an Frauen. Die Bilder für Gmunden habe er intuitiv ausgewählt, so der Künstler: „Meine Kunst fragt nicht, sie erklärt auch nicht. Meine Kunst ist ein Dialog.“

Die öffentliche Diskussion setzte auch fast unmittelbar nach dem Aufhängen der Bilder ein – und sie verläuft kontroversiell: In Facebook-Kommentaren auf der Seite der Stadtgemeinde ist Kritik an einer „Verschandelung Gmundens“ ebenso zu lesen, wie Verdächtigungen der Pädophilie. Andere sehen in den Bildern „die Chance, unsere eingefahrenen Meinungen und Blickwinkel zu hinterfragen“.

Bürgermeister Stefan Krapf: „Viele Reaktionen, positiv und negativ“

Er habe auf allen Kanälen viele Reaktionen erhalten, positive wie negative, erzählt Bürgermeister Stefan Krapf (ÖVP) auf Nachfrage. Es sei bekannt, dass Helnwein mit seinem intensiven, aufwühlenden Werk polarisiere: „Er spricht in seinen Bildern Themen an, die man gern negiert, die man vielleicht auch nicht wahrhaben will“, dennoch sei es wichtig, genau über solche Themen zu sprechen, betont Krapf. „Viele sagen, wir leben hier in einer Idylle, die durch solche Bilder nicht gestört werden soll“, aber hinter der Oberfläche sehe es oft anders aus. Insgesamt merke er, dass Extremismus und Intoleranz in der Gesellschaft zunehmen, die Wertschätzung werde hingegen weniger. Er erlebe aber auch viele positive Statements zu den Bildern: „Viele bedanken sich für den Mut, derartige Themen aufzugreifen“, so Krapf.

Auf überfraktionelle Zustimmung zur Helnwein-Einladung folgt nun eine politische Diskussion

Die Einladung Gottfried Helnweins wurde im Kulturausschusses von allen im Gemeinderat vertretenen Fraktionen gemeinsam beschlossen. Nach der Aufhängung der Werke meldete sich jedoch die FPÖ mit Kritik zu Wort: Über Kunst könne man streiten, die Argumentation, „dass die Werke zur Diskussion über Extremismus, Intoleranz und Gewalt an Kindern anregen sollen, geht ins Leere, da niemand über diese Themen, sondern jeder nur über die Darstellungen und den Künstler diskutieren“, so die FPÖ, die von einer „öffentlichen Zwangsbeglückung der Bevölkerung – finanziert mit Steuergeld“, spricht.

Von Seiten der Grünen wird betont: Aufgabe der Kunst ist es, aufzurütteln und den Finger in die Wunden der Zeit zu legen. Gottfried Helnwein gelingt dies seit Jahrzehnten mit seinen Werken: Sie gehen im wahrsten Sinne des Wortes unter die Haut, weil er unter anderem die dunklen Seiten des Mensch-Seins sichtbar macht.“ Sie betonen, dass im Kulturausschuss alle Fraktionen dem Projekt zugestimmt hätten. Nun gelte es, „die Aufregung als Anlass zu nutzen, miteinander über das Tabuthema der Gewalt in allen Bereichen unserer Gesellschaft zu diskutieren, gerade auch mit Kindern und Jugendlichen. Ihr Recht auf Unversehrtheit wird allzu oft missachtet.“ Die Kulturhauptstadt habe schon in den ersten Wochen viel Gesprächsstoff geliefert: „Da kommt 2024 im Salzkammergut also einiges in Bewegung – und das ist gut so, damit verdrängte Themen endlich aufgearbeitet und gelöst werden.“

Für die SPÖ wirft Stadtrat Dominik Gessert die Frage auf, wie weit Kunst gehen darf, und ob man sie anderen „aufzwingen darf“. Er sei in dieser Frage unentschlossen, so Gessert: „Auf der einen Seite ist es, wie erwähnt, wichtig, dass wir uns mit den Themen auseinandersetzen, zu denen uns der Künstler hinsehen lassen möchte. Auf der anderen Seite sollten Kinder nicht mit solchen Bildern konfrontiert werden, da ich befürchte, dass sie Angst haben könnten.“ Er selbst würde jederzeit eine Galerie besuchen, da er den Künstler genial finde. Die von Helnwein angesprochenen Themen seien wichtig: „In meinen Sprechtagen für die Wohnungsvergabe treffe ich vermehrt auf Frauen, die mit ihren Kindern von Gewalt betroffen sind. Leider nimmt diese abscheuliche Realität in unserer Gesellschaft nachweislich zu, und davor dürfen wir nicht die Augen verschließen.“ Der Schutz der Kinder gehe immer vor, so Gessert. Er schlägt vor, dass „jemand aus dem Bereich Kunst und Kultur Kindern und Jugendlichen die Kunst vor Ort erklärt und auf den Sinn hinweist“ oder ein Kunstprojekt umzusetzen, bei dem Menschen auf die Bilder reagieren. Grundsätzlich seien leistbares Wohnen und Kunst, die für alle zugänglich ist, wichtige Bestandteile einer gerechten Gesellschaft. Man dürfe die Themen aber nicht gegen einander ausspielen, denn Gmunden solle für alle lebenswert sein, so Dominik Gessert.

Neos-Stadtrat Philipp Wiatschka kritisiert, dass der Kulturausschuss die ausgewählten Bilder nicht vorab zu Gesicht bekommen habe. „Wenn im öffentlichen Raum etwas präsentiert wird, sollte man es dem Stadtrat oder dem Kulturausschuss zur Zustimmung vorlegen“, findet Wiatschka. Insgesamt solle „die Kulturhauptstadt sollte etwas Verbindendes sein“, er finde es nicht richtig, über die Provokation hier Medieninteresse zu schaffen, betont der Neos-Stadtrat.


Kommentare sind nur für eingeloggte User verfügbar.

Jetzt anmelden