Pensionierter Stockerwirt aus Vorderstoder legt faszinierende Sammlung lokaler Mythen vor
VORDERSTODER. Gottfried Ramsebner führte jahrzehntelang den Stockerwirt in Vorderstoder – heute begeistert er mit sagenhaften Geschichten. Für sein neues Buch „Sagen und Märchen aus der Pyhrn-Priel-Region“ hat er unzählige Texte gesammelt – und noch viel mehr zum Erzählen.
„Meine erste Märchenstunde hielt ich vor meiner Frau – sozusagen als Generalprobe. Und ganz ehrlich: Es war ziemlich peinlich“, erinnert sich Gottfried Ramsebner lachend. Jahrzehntelang führte der 72-Jährige das Landhotel Stockerwirt in Vorderstoder, war Tourismusobmann, engagiert im Vorstand des Vereins Pyhrn-Eisenwurzen – und ist heute vor allem eines: Märchenerzähler.
„Ich bin nicht als Märchenerzähler auf die Welt gekommen“, sagt er, „aber als Wirt bist eben nicht auf den Mund gefallen.“ Die Idee zum Erzählen kam durch die Arbeit im Tourismus: „Wir haben hin und wieder einen Sagenerzähler engagiert – das war auf Dauer aber nicht leistbar.“ Dabei, so Ramsebner, „haben wir die Geschichten ja selbst in der Gegend.“ Und so begann er zu graben – in Archiven, alten Schulchroniken, Zeitungen und Reiseberichten.
Faszination alter Geschichten
Einen Glücksfund machte er dabei in der Volksschule Vorderstoder: Dort wurde ein handgeschriebenes Manuskript von 1887 entdeckt, verfasst in Kurrentschrift, in dem ein Lehrer stichwortartig alte Sagen gesammelt hatte. Nach der Übersetzung hielt er plötzlich einen wahren Schatz in Händen. „Absatz für Absatz habe ich die Geschichten schließlich zusammengestellt, viele Nachmittage dran gesessen“, erzählt er. Dabei flossen auch Überlieferungen aus der Steiermark, dem Salzkammergut und der Stadt Steyr mit ein.
Wenn der Teufel keine schwarze Seele findet
Besonders ans Herz gewachsen ist ihm die Sage rund um die Kreidenlucke, eine Höhle oberhalb von Hinterstoder: „Der Teufel wollte das Tal überfluten, weil er keine schwarze Seele gefunden hat – und ist dann am Kleinen Priel verrückt geworden. Wenn man das in der Höhle erzählt, ist die Kulisse einfach perfekt.“ Diese Höhlen-Sage ist heute das Herzstück seines Repertoires, das inzwischen rund 70 Geschichten umfasst – von Teufeln über Bergmandl bis zum „Wilden Sepp“.
Das Schöne an seinen Erzählstunden? „Da wird kein Handy gezückt“, sagt Ramsebner, „da braucht es nur die Fantasie.“ Seit mehr als 25 Jahren erzählt Ramsebner nun Sagen, die Nachfrage bleibt ungebrochen. „Normal schleifen sich Veranstaltungen irgendwann ab – aber die Märchenstunde, die hält sich“, sagt er.
„Eine Sage ist kein Märchen“
Das Interesse an den Geschichten wurde so groß, dass bald die Frage nach einem Buch aufkam. Also wagte Ramsebner den Schritt zum Eigenverlag. Zuerst erschien „Sagen und Märchen aus dem Stodertal“, bald vergriffen. Dann folgten zusätzliche Geschichten aus Windischgarsten und Spital. Nun gibt es endlich eine neue Ausgabe mit noch mehr Stoff aus der Pyhrn-Priel Region, publiziert im Ennsthaler Verlag. „Eine Sage ist kein Märchen“, betont Ramsebner, „da ist mehr Leben drin, mehr Überlieferung.“ Es sei ein Stück Identität, das erzählt und weitergegeben werden müsse. Und wer ihn einmal live erlebt hat, versteht, warum – hier wird Geschichte lebendig.
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