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Sabrina Leitner spricht über ihre bipolare Störung und den Weg zurück ins Arbeitsleben

Susanne Winter, MA, 09.12.2021 12:08

KREMSMÜNSTER. „Ich war so euphorisch, wollte die ganze Welt niederreißen, habe sogar geglaubt, ich sei eine Heilerin“, erzählt Sabrina Leitner. Vor rund einem Monat war das für die Kremsmünsterin die Realität. „Ich habe gespürt, dass etwas nicht mit mir stimmte, aber ich wollte es nicht wahrhaben“, spricht die 34-Jährige nur vier Wochen nach der Diagnose ganz offen über ihre bipolare Störung. Die starke, junge Frau, hat noch viel in ihrem Leben vor.

Nur vier Wochen nach der Diagnose spricht Sabrina Leitner über ihre Erkrankung. (Foto: www-markus-schneeberger.at)
Nur vier Wochen nach der Diagnose spricht Sabrina Leitner über ihre Erkrankung. (Foto: www-markus-schneeberger.at)

„Das Anerkennen der Krankheit und Hilfe anzunehmen, ist das Schwierigste, damit hadere ich immer noch“, gibt Sabrina Leitner zu, doch sie erhält viel Unterstützung. „Mein Partner ist immer an meiner Seite. Er hat auch gleich zu Beginn extrem gut reagiert, weil er sich darauf eingelassen hat. Auch meine und seine Familie waren da für mich, haben mir zugehört und mich immer unterstützt. Gleichzeitig sind mehrere Gespräche in meiner Manie eskaliert. Es war für meine Familie fordernd, mich in diesem Zustand zu sehen“, blickt die 34-Jährige nachdenklich auf die vergangene Zeit zurück und erzählt von dem Moment, als sie sich nach tagelangen manischen und depressiven Phasen helfen lassen konnte: „Es war mein Schwiegervater in spe, der bei einem heftigen Streit zu mir sagte: ,Du kommst nicht mehr heim, bevor du dir nicht helfen hast lassen.‘ Für mich war es so, als wollte er mich rausschmeißen.“

Man muss selbst begreifen, dass etwas nicht stimmt

Im Nachhinein betrachtet ist die junge Frau dankbar, denn das habe sie dazu veranlasst, das Gespräch mit ihrer Mutter zu suchen. „Ich habe zwar mit ihr gestritten, aber sie ist vertraut mit den Symptomen, da in meiner Familie die Erkrankung bereits vorkam. Sie hat mir geholfen, zu erkennen, dass etwas mit mir nicht stimmt. Ich war ein anderer Mensch. Nachdem es so stark ausgeufert ist, dass ich mich selbst nicht mehr erkannt habe, war ich bereit, mich im Krankenhaus Steyr untersuchen zu lassen.“

Achterbahn der Gefühle

Die Diagnose: eine bipolare Störung, eine chronische körperliche Erkrankung, die sich in extremen Stimmungsschwankungen äußert. „Ich war im einen Moment himmelhoch jauchzend und dann wieder zu Tode betrübt. Diese Gefühlsachterbahn innerhalb kurzer Zeit war auch körperlich sehr anstrengend“, erzählt die junge Frau. In der manischen Phase haben Patienten ein vermindertes Schlafbedürfnis, rasende Gedanken, neigen zu Selbstüberschätzung und Hemmungslosigkeit, sind leicht reizbar, verspüren einen Rededrang, haben gesteigerte Leistungsfähigkeit und Lebensfreude. In der depressiven Phase sind sie niedergeschlagen, antriebslos, haben Ängste und Selbstzweifel. Mangelnde Einschätzung der Realität ist ein weiteres Anzeichen. Sabrina Leitner hatte Glück, dass sie so schnell realisiert hat, dass etwas nicht stimmt, denn eine bipolare Störung kann auch lebensgefährlich werden.

Ursache oft unbekannt

Auslöser können eine Depression, ein negatives Erlebnis oder auch ein positives Ereignis sein, die Störung kann aber auch ohne bekannte Ursache auftreten. „Jeder kann an einer bipolaren Störung erkranken“, sagt Sabrina Leitner, die nach einer Woche stationär im Krankenhaus seit Mitte November in der Tagesklinik betreut wird. „Von Montag bis Freitag erhalte ich tagsüber bei Musiktherapie, Kunsttherapie, kognitivem Training und Gesprächen mit Ärzten und Psychologen viel Unterstützung. Man lernt, auf sich selber bewusst zu achten und das, was man braucht, auch offen zu äußern“, erzählt die Kremsmünsterin, die sehr selbstreflektiert ist, was ihr bei der Genesung hilft: „Es ist wichtig, sich selbst gut kennenzulernen, um die Symptome eines Rückfalls bald genug zu erkennen und in keine weitere Krankheitsepisode zu fallen.“ Das ist auch ihre größte Angst. „Wichtig ist, dass man mit seinen Sorgen nicht alleine ist, von anderen ernst genommen wird und dass man sich selbst annimmt, so wie man ist. Die Krankheit ist ein Teil von mir, ich kann es nicht ändern, ich kann nur lernen, damit umzugehen.“

Weg zurück in den Job

Sabrina Leitner versucht nun den Weg zurück ins Arbeitsleben zu finden. Die Grafikerin führt seit 2012 das Unternehmen „LeiSa Siebdruck-Werkstatt„, und seit 2019 auch hauptberuflich. Die Corona-Krise und die Lockdowns haben es ihr nicht leichtgemacht und der krankheitsbedingte Ausfall seit Anfang November ist eine finanzielle Belastung. Um vor Weihnachten noch Einnahmen zu haben, hat die Kremsmünsterin einen Web­shop mit „Click und Collect“ aufgebaut. Ihr Verkauf ist im Geschäft Stil­sicher von Joanna Kuttner in Kirchdorf zu finden. Im Online-Shop bietet sie rund 140 fertig produzierte T-Shirts, viele davon sind Einzelstücke. Zudem startet sie einen Vorverkauf bis Weihnachten für Hoodies und T-Shirts mit ihrem berühmtesten Motiv, dem Grillparz, mit Baum und Bankerl, die im Jänner produziert werden.

Siebdruck-Workshops sind ihre große Leidenschaft

Sabrina Leitner hat „LeiSa“ ursprünglich gegründet, um den Menschen das Handwerk Siebdruck in Workshops näher zu bringen. „Ich arbeite sehr gerne mit Menschen zusammen und es gefällt mir, mein Wissen weiterzugeben. Obwohl mir das am meisten am Herzen liegt, ist das bisher zu kurz gekommen, da mein Fokus auf den Druck-Produkten lag, die das meiste Geld eingebracht haben.“ In Zukunft möchte sie ein Siebdruck-Starterset entwickeln und in Kombination mit Workshops anbieten. Zudem soll ihre Erfahrung mit der bipolaren Störung in ihre Arbeit einfließen. „Ich möchte Kreativ-Vorträge und -Workshops für Betroffene und Angehörige anbieten, um Aufklärungsarbeit zu leisten. Die bipolare Störung ist ein Teil von mir und es hilft mir, darüber zu reden. Zudem ermutige ich Betroffene dazu, der eigenen Kreativität Raum zu geben, um diese auszuleben. Ich möchte mit meiner Selbständigkeit für andere Menschen da sein und etwas Positives bewegen.“


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