Fünf nach zwölf bei Femiziden: Flashmob am Linzer Hauptplatz
LINZ. Mit einer Aktion am Linzer Hauptplatz will „StoP – Stadtteile ohne Partnergewalt“ aufrütteln: im Schnitt wurde dieses Jahr alle zwei Wochen eine Frau aufgrund ihres Geschlechts ermordet. Der öffentliche Aufschrei bleibt aus, die vom Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF) geforderte nationale Gewaltschutz-Gesamtstrategie lässt auf sich warten.
Fünf nach zwölf Uhr am Linzer Hauptplatz: 23 Frauen legen sich auf den Boden, bedeckt mit Bannern, dazwischen schreiben Frauen eifrig mit Kreide auf den Asphalt. Ein älterer Herr geht vorbei und fragt: „Ruhen die sich aus?“ Sie ruhen sich nicht aus – wer stehenbleibt und liest, was mit Kreide auf den Platz zwischen Dreifaltigkeitssäule und dem Markt geschrieben steht, versteht: die Frauen wollen auf das Thema Femizide aufmerksam machen.
Drei Femizide in drei Tagen
23 Femizide, also vorsätzliche Tötungen von Frauen weil sie Frauen sind, gab es dieses Jahr bereits in Österreich. Hinzu kommen 38 Mordversuche an Frauen. Der heutige Flashmob soll die Aufmerksamkeit darauf lenken. Organisiert hat ihn „StoP - Stadtteile ohne Partnergewalt Linz“. Elisa Lummerstorfer von StoP Linz sagt: „Das Traurige ist, unser Dachverband Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF) hat gestern eine Presseaussendung mit der Bitte um Verteilung ausgeschickt. Ich musste zurückschreiben, dass die Zahl der Femizide mittlerweile nicht mehr stimmt, es ist leider am Montag schon der 23. Femizid dieses Jahr in Österreich verübt worden. Das ist bezeichnend - drei Femizide innerhalb von drei Tagen.“
„Bevölkerung soll aufgerüttelt werden“
StoP Linz habe nun vereinbart, dass künftig jedes Mal, wenn in Oberösterreich ein Femizid verübt wird, dieser sichtbar gemacht wird. Die Bevölkerung soll aufgerüttelt werden, erst in der Betroffenheit würden die Bürger handeln. Positiv überrascht habe Lummerstorfer, dass auch Vertreter der Politik auf Landes- und Kommunalebene zum Hauptplatz gekommen sind. „Es braucht aber beides - die Politik und die Zivilbevölkerung“, betont sie.
StoP Linz sucht engagierte Personen: „Jeder und jede kann etwas tun“
Ziel von StoP ist, die Bürger zum Handeln zu bewegen. Das hieße konkret Zivilcourage zeigen, sich informieren über Partnergewalt und bei Verdacht auf häusliche Gewalt die Frau ansprechen, Hilfe und Unterstützung anbieten. „Jeder und jede kann etwas tun, wir alle können Femizide verhindern und dazu beitragen dass Partnergewalt und Gewalt gegen Frauen und Mädchen weniger wird“, so Lummerstorfer.
Wer sich bei StoP Linz engagieren will kann bei den monatlichen Frauen- oder Nachbarschaftstischen teilnehmen, bei den Zivilcourage-Workshops oder Multiplikatorinnen-Schulungen, oder mit Fragen, Anregungen und Ideen Kontakt mit StoP aufnehmen. „Wir brauchen engagierte Bürger und Bürgerinnen von Alt bis Jung, egal welcher Herkunft und Religion.“
Fünf nach Zwölf
Mit der Aktion soll gezeigt werden, dass es bereits fünf nach zwölf ist, wenn es um Maßnahmen gegen Gewalt an Frauen und Femiziden geht. Nach fünf Minuten sind die 23 Frauen wieder aufgestanden und wortlos auseinandergegangen. „Das ist leider, was in Österreich passiert: es geschieht ein Femizid, vielleicht liest man darüber in der Zeitung und dann geht der Alltag einfach weiter. Es folgen dann auch keine großartigen Schritte“, sagt Lummerstorfer.
Forderungen an die Politik
Dabei liegen die Forderungen von Opfer- und Täterberatungsstellen und Frauenhäusern seit Jahren auf dem Tisch. Eine wichtige Maßnahme wäre laut Lummerstorfer etwa die langfristige Finanzierung für Frauenhäuser, Frauenberatungsstellen, verpflichtende Schulungen für Mitarbeiter der Polizei und Justiz, aber auch im Bildungs- und Gesundheitsbereich.
StoP Linz hat erst im Mai diesen Jahres erfahren, dass die Finanzierung für das Projekt auch weiterhin gesichert ist – für ein Jahr. Finanziert wird das Gewaltpräventionsprojekt der AÖF, dass im Frauenhaus Linz angesiedelt ist, von Mitteln aus dem Sozialministerium und der Stadt Linz. Vier Teilzeitkräfte arbeiten derzeit für das Projekt. Der Wunsch wäre eine langfristige Finanzierung auf mindestens drei Jahre.
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